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Kurkuma - Die heilende Kraft der Zauberknolle

Klaus Oberbeil

 

Verlag Heyne, 2012

ISBN 9783641073329 , 192 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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7,99 EUR


 

Die heilige Pflanze Kurkuma

In alten Kulturen Indiens, Chinas oder Amerikas waren die Menschen auf enge Weise mit der Natur verbunden. Eine Orchidee war nicht – wie heutzutage bei uns – nur eine schöne Blume, die man im Gartencenter kauft und daheim als dekorative Bereicherung in der Vase auf den Tisch stellt. Jeder Baum, jeder Strauch, jeder Grashalm hatte spirituelle Bedeutung. Mehr sogar: Selbst der Wind, der in den raschelnden Blättern einer Eiche sang, sprach von verborgenen, mysteriösen Dingen, war märchenhafter Sendbote einer geheimnisvollen Welt. Die Kurkuma wurde in früheren Jahrhunderten und Jahrtausenden verehrt, weil ihre Wurzeln den Menschen Leben und Heilung versprachen und schenkten, während ihre leuchtenden Blüten und ihr hübscher Wuchs die Schönheit der Natur verkörperten. Die Kurkuma ist Symbol für ganzheitliches Heilen mit den Mitteln der Natur. Häufig gilt sie auch als Symbol der Sonne. Ein echtes »Body & Mind-Therapeutikum«, dessen Anblick auch noch Glückshormone stimuliert.

Duftende Kräuter und andere Pflanzen waren seit jeher symbolträchtige Beigabe und Schmuck bei feierlichen Anlässen. Der Efeu war heilige Pflanze griechischer Götter, hatte auch im alten Ägypten und bei den Römern mythologische Bedeutung. Die stachelige Distel fand als Sinnbild der Unverwundbarkeit ihren Platz im Wappen schottischer Könige. In der Antike wurden die Träger besonderer Leistungen mit Lorbeerkränzen geehrt. Der Ysop wurde im alten Griechenland als heiliges Kraut für die Reinigung von Gräbern und Kultstätten verwendet.

Star auf thailändischen Blumenmessen

In den subtropischen Feuchtgebieten Südostasiens finden traditionell Blumenfeste und Blütenmessen statt, zu denen sich Zehntausende Menschen zusammenfinden, so etwa in der Region Salavan in Laos, in Kyaikto in Burma, in der fruchtbaren Delta-Landschaft des Roten Flusses in Vietnam sowie fast überall in Indien, Pakistan und in vielen Gegenden Chinas. Vielerorts ist die Kurkuma Star solch farbenprächtiger Ausstellungen, schon allein deshalb, weil diese Pflanze eine beträchtliche volkswirtschaftliche Bedeutung gewonnen hat und deshalb besonders gerne gezüchtet und angebaut wird.

In Thailand wird dieses Gewächs aus der Familie der Ingwerpflanzen erst seit rund 30 Jahren gewerbsmäßig kultiviert, inzwischen konkurrieren in verschiedenen Regionen des Landes mehr als 40 verschiedene Kurkuma-Züchtungen um die Gunst der Kunden. Weil die Kurkuma außer Wasser und Wärme keine großen Ansprüche stellt, wächst und gedeiht sie schnell. Inzwischen ist die thailändische Provinz Chaiyaphum einer der bedeutendsten Anbieter und wegen der Farbenpracht seiner Blumen und dem betörenden Duft seiner Blütenfelder auch eine echte Sehenswürdigkeit.

Exportschlager Kurkuma

In Thailand wird die Kurkuma Kra Chiao genannt, pro Jahr werden dort mehr als drei Millionen dieser Blumen für Exportzwecke produziert. Geerntet wird im Sommer, die Blumen gehen per Luftfracht nach Japan, Hongkong, in die USA und nach Europa, ein erheblicher Teil davon zu den traditionellen Blumenhändlern der Niederlande.

In Südostasien wird die Kurkuma auch als Heilige Tulpe, Heilige Ambrosia oder Siam-Tulpe bezeichnet. Sie beherrscht große Volksfeste, so etwa die Kra Chiao-Blumenmesse, wo sie unzählige Menschen bezaubert.

Zentrum der euphorischen Feierlichkeiten rund um die Kurkuma ist der Nationalpark Pa Hin Ngam, der Name bedeutet etwa so viel wie »Schöner Steinwald«. Der Park ist mit seiner Blütenpracht eine der eindrucksvollsten natürlichen Blumenschauen, er liegt an der Grenze der Phetchabun-Berge und dem Khorat-Plateau.

Die Kurkuma liefert nicht nur die wertvollen Wurzel-Rhizome, sondern auch die robusten, langlebigen Blumen, die in Töpfe gepflanzt, als Dekogestecke, in offener Form oder auch als Trockenblumen gehandelt werden. Gegenstände handwerklicher Kunst tragen oft das Kurkuma-Blütenmotiv, auf Seidenmalerei, Tapeten, Baumwollstoffen, Bildern oder Modeartikeln.

Die alten Bücher von Weisheit und Gesundheit

In uralten, heiligen Schriften Indiens, den Veden, wurde die Kurkuma schon immer erwähnt. Sie hieß damals allerdings nicht Kurkuma oder Turmeric (so die in englischsprachigen Ländern gebräuchliche Bezeichnung), sondern Nisha. In späteren Ayurveda-Büchern wurde sie als Mangalyaa bezeichnet. Schon früh galt die Pflanze als heilig im religiös-meditativen Sinne. Sie wurde von den Menschen verehrt, niemals achtlos niedergetreten. Frauen und Männer beteten in ihrem blühenden Umfeld, erhofften sich Beistand von ihr. Im Glauben und in der Hoffnung, dass nur die Natur Hilfe bringt, trugen sie die Blume behutsam heim, richteten ihr in ihrem bescheidenen Heim einen besonderen Platz ein. Wie einen kleinen Altar, der das Haus beseelt und Krankheiten fernhält.

Vor Hunderten oder Tausenden Jahren begegneten Menschen Krankheiten nicht dadurch, dass man einen Arzt anrief oder eine Arztpraxis aufsuchte. Die kleinen bunten Pillen aus der Apotheke waren unbekannt, man begriff auch gar nicht, auf welche Weise Schmerzen, schwere Verdauungsstörungen, Sehschwäche, Rheuma oder Blasenprobleme entstanden. Krankheiten waren oft Folge göttlicher Fügungen. So vertraute man Ratschlägen der Schamanen, die in oft beschwörerischen Formeln überliefertes Wissensgut einsetzten, um Linderung zu verschaffen und zu heilen. Ihre Therapeutika entnahmen sie der Pflanzenwelt: Blütenblätter und -staub, getrocknete, zermahlene Stängel, in Kräutersäften getränkte Blätter oder Wurzeln bzw. deren Bestandteile. Einen erheblichen Einfluss auf die Heilkraft hatte das Vertrauen, das Bewusstsein, dass Hilfe von draußen kommt, aus der göttlichen Natur.

Veden und Ayurveda

Im Sanskrit bedeutet das Wort »Veda« so viel wie »Wissen«. Sogenannte Rishis, viel verehrte indische Weise, vermittelten ihr Wissen in den Texten der Shruti. Diese wurden mündlich in exakt formulierten Überlieferungen weitergegeben. Ausschließlich ausgewählte Schüler oder die Djivas, die »zweimal geborenen Menschen«, durften die Veden weitertragen.

Wann die Kurkuma erstmals in solchen Überlieferungen auftauchte, ist unbekannt. Veden-Forscher gehen aber davon aus, dass dies bereits weit vor unserer Zeitrechnung geschah. Etwa im 4. Jahrhundert n. Chr. wurden Veden auch schriftlich aufgezeichnet, galten seinerzeit allerdings als brahmanisches Geheimwissen.

Mit den hinduistischen Strömungen wurden die Veden in das Ayurveda weitervermittelt, die Lehre von Wissen und Lebensweisheit und Grundlage asiatischer Heilkünste. Diese spirituelle Symbiose aus Philosophie und Gesundheitslehre gewinnt in unserer heutigen Zeit auch bei uns viele neue Anhänger.

Nahrung oder Naturmedizin wird im Ayurveda in Qas umgewandelt, eine Art Strahlungs- oder Bewusstseinskraft, die durch positiv-kognitive oder emotionelle Erfahrungen verstärkt wird. In früheren Jahrhunderten stellten Ayurveda-Medizinmänner Kurkuma und andere Blumen ans Krankenbett, damit der Anblick fröhlich leuchtender Blütenfarben Heilkräfte stimulierte.

Liebesblume Kurkuma

In Indien, dem Land des Ayurveda, gilt die Nisha, also die Kurkuma-Blume, als Königin der Nacht. Nicht unbedingt deshalb, weil sie unter dem Sternenhimmel besonders prachtvoll blüht, sondern als Mittel der Verführung, mit dem indische Frauen ihren Ehemann zur Liebe animieren. Selbst in modernen Sexshops wird Kurkuma-Pulver als mildes Aphrodisiakum angeboten und -gepriesen.

Traditionsbewusste Herbalisten in Indien verkaufen die Blume jedoch niemals nach Sonnenuntergang. Der Überlieferung nach verbreitet eine nach Sonnenuntergang gebrochene Kurkuma nämlich geheime Kräfte, die als »heilige Engel« über Keuschheit und Reinheit in ehelichen Beziehungen wachen. Als sogenannte Maangalaya schützt die Kurkuma symbolisch die bemitleidenswerten Sumangali, Töchter aus bitterarmen Familien, die in Indien seit vielen Jahrhunderten quasi für ein Butterbrot als Ehesklavinnen oder Billigarbeiterinnen verkauft werden, oft schon im Alter von 13 oder 14 Jahren und nicht selten zu einem Preis von umgerechnet gerade mal 80 oder 100 Euro.

Die indische Tradition sagt, dass die Sumangali das Gelübde der Pathivrataa, der absoluten Reinheit, abgeben soll und dann von der Nisha, also der Kurkuma, geschützt wird. Dieser Schutz vollzieht sich durch die bloße Berührung mit der Blüte. Im Ayurveda werden solche eigentlich unerklärlichen, aber dennoch oft erfolgreichen Therapien als Prabhaava bezeichnet, als die Wiederherstellung des inneren Gleichgewichts und der Harmonie körpereigener Vibrationen.

Ältestes Heilmittel

Medizinmänner und Schamanen gibt es, seit Menschen auf der Erde leben. Seit Tausenden von Jahren behandeln sie Krankheiten durch rituelle Beschwörungsformeln, mit Weihrauch, Rinden, Kräutern oder Pflanzensäften. Die indische Ayurveda-Medizin zählt zu den ältesten systematischen Behandlungsformen überhaupt. Einer ihrer Begründer war um 350 n. Chr. der indische Arzt Charaka, der als Vater der indischen Medizin gilt. Charaka war seiner Zeit weit voraus, er war bereits in der Lage, das Geschlecht eines heranwachsenden Babys genetisch zu bestimmen. Die menschliche Anatomie war ihm gut vertraut, in seinen Aufzeichnungen finden sich bereits Anzahl und Anordnung der menschlichen Knochen oder Zähne.

Charaka beschrieb die...