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Zauberkrieg - Die Legenden des Raben Bd. 4

James Barclay

 

Verlag Heyne, 2012

ISBN 9783641087067 , 336 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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6,99 EUR


 

Erstes Kapitel


Myx wurde langsamer, damit der Rabe und die TaiGethen zu ihm aufschließen konnten. Wie Hirad sofort bemerkte, veränderte sich vor ihnen die Natur des Tunnels oder zumindest dessen Ausgestaltung. Er drehte sich um und vergewisserte sich, dass alle noch da waren.

»Wo ist Auum?«, fragte er verwundert.

»Er hilft uns«, erklärte Rebraal. »Er wird später zu uns zurückkehren.«

»Auf welche Weise hilft er uns?«

»Er jagt die Jäger«, sagte Rebraal. »Das ist besser für ihn selbst und für uns.«

»Hoffentlich hast du recht damit.«

Sie hatten an einer Stelle angehalten, wo sich das Erscheinungsbild der Wände unvermittelt änderte. Von hier an gab es keine Pastellfarben mehr, sondern nur noch eine dunkle, fleckige Holzvertäfelung, die das Licht dämpfte und dem Tunnel eine düstere Ausstrahlung verlieh.

»Was hat das zu bedeuten?«

»Der nächste Verteiler«, sagte Myx. »Oder vielmehr seine Grenze. Sie sind nicht alle gleich.« Er gestattete sich ein Lächeln. »Manche unserer früheren Herren besaßen mehr Stilgefühl als andere.«

Er führte sie zum Ende des Ganges. Trotz der magischen Verstärkung waren auf dem Holz stellenweise Moos und Schimmel gewachsen. Hirad fuhr mit dem Finger darüber und spürte die Feuchtigkeit, dann zog er den Handschuh wieder an. Vor einer dunkelblau gestrichenen Tür drehte Myx sich zu ihnen um.

»Dort drinnen könnten wir auf Schwierigkeiten stoßen«, warnte er die Gefährten.

»Wessen Kammer ist es?«, fragte der Unbekannte.

»Sie gehört Laryon. Oder besser: gehörte ihm«, berichtete Myx. »Später wurde sie dann Dystrans Bereich zugeschlagen.«

»Tja, es wird mir ein Vergnügen sein, den ganzen Müll auszuräumen«, sagte der Unbekannte.

Er zog sein Schwert. Laryon. Ein Name, den der Rabe nie vergessen würde. Der Meistermagier Laryon hatte sein Leben geopfert, um den Unbekannten zu befreien, damit dieser die Protektorenmaske ablegen konnte. Er hatte sich stets für die Befreiung der Protektoren ausgesprochen und war deshalb von den Protektoren, ganz im Gegensatz zu den meisten anderen xeteskianischen Magiern, wirklich geachtet hatten. Er war schon sechs Jahre tot, doch sein Geist lebte weiter.

Myx wollte die Tür öffnen.

»Halt mal«, unterbrach Denser ihn. »Bist du sicher, dass da nichts passiert?«

»Die Tür ist mit Explosionssprüchen und Sperren gesichert, die aber nicht auf mich ansprechen. Sobald sie geöffnet ist, sind die magischen Sicherungen unwirksam.« Er wandte sich an den Unbekannten. »Halte dich bereit, Bruder.«

»Der Rabe, Vorsicht jetzt!«, warnte der Unbekannte. »Da drin wartet nichts Gutes auf uns. Thraun, du bleibst draußen, bis wir aufgeräumt haben.«

Myx öffnete die Tür, Laternenlicht fiel in den Gang heraus. Fluchend knallte er die Tür sofort wieder zu. Das Brüllen eines Spruchs ließ die Balken beben, und die Luft draußen kühlte sich merklich ab.

»Drei Ziele«, sagte er. »Los.«

Dieses Mal stemmte er einen Fuß gegen die Tür und warf sie ganz auf, rannte hinein und riss seine Waffen vom Rücken. Hirad und der Unbekannte folgten ihm sofort.

»Myx, nein!«, rief der Unbekannte, als er den ehemaligen Protektor zögern sah. »Mach Platz!«

Vor ihnen standen zwei Magier und ein Mann, der weder Magier noch Soldat war. Die Rabenkrieger schlitterten über das Eis, das sich nach dem Spruch auf dem Boden gebildet hatte. Der Unbekannte nahm sich zuerst die Magier vor, die jeden Versuch aufgaben, noch einmal Sprüche zu wirken, und sich zur Flucht wandten. Für eine besonders elegante Kampfweise blieb keine Zeit, er stach dem ersten Magier einfach seine Klinge in die Seite, ehe dieser auch nur einen Schritt getan hatte. Hirad war neben ihm und erwischte das Bein des zweiten. Seine Klinge schnitt durch das Fleisch bis auf den Knochen, der Magier ging mit einem Schmerzensschrei zu Boden. Bevor sie sich dem dritten Mann zuwenden konnten, hatte ihn ein Elfenpfeil erledigt.

Der Unbekannte machte dem verstümmelten Magier den Garaus und sah sich um.

»Der Raum ist sauber. Thraun, du kannst jetzt hereinkommen. Der Letzte schließt die Tür.« Mit hochgezogenen Augenbrauen sah er sich um. »Was, zum Teufel, soll das hier?«

So seltsam der Anblick auch war, sie befanden sich allem Anschein nach in einem Hausflur. Wie der Gang draußen war auch der Flur mit Holz vertäfelt und mit Wandbehängen geschmückt. An den Wänden standen Tische mit verschiedenen Utensilien, ein Teil des Mobiliars war allerdings beim Kampf zu Bruch gegangen. Drei Türen gingen vom Flur ab, am hinteren Ende führte eine Treppe nach oben.

»Laryon war schon immer anders als die anderen.«

»Sol, es tut mir leid«, sagte Myx.

»Nein, entschuldige dich nicht. Du kannst nicht in ein paar Augenblicken deine ganze Ausbildung abschütteln. Leite uns an, und wir kämpfen, wo immer es nötig ist.«

»Wir müssen hier durch«, erklärte Myx. »Dystran hat hier unten eine große Forschungsgruppe und eine ständige Wache eingesetzt. Hier geht etwas Wichtiges vor.«

Wie um seine Worte zu bekräftigen, waren weiter oben auf der Treppe Bewegungen zu hören.

»Gibt es weitere Ausgänge?«, fragte der Unbekannte.

»Es gibt drei«, antwortete Myx. »Wir müssen jedoch in jedem Fall die Treppe hoch.«

»Da hinauf?«, staunte Hirad.

»Vergiss nicht, dass wir immer noch unter der Erde sind. Es mag wie das Innere eines Hauses aussehen, aber es gibt keine Fenster und keine Gärten.« Myx wandte sich wieder an den Unbekannten. »Wir sollten uns zuerst um die Räume in diesem Stockwerk kümmern.«

»Darrick, hast du Vorschläge?«

»Häuserkampf war kein Teil meiner Ausbildung, Unbekannter«, erklärte Darrick. »Aber ich würde zunächst die Türen und die Treppe sichern.«

»Einverstanden. Rebraal, könntest du das weitergeben? Thraun, Denser, bleibt vorerst bei den Elfen. Wir brauchen einen Magier, der einen Schild wirken kann. Los jetzt. Sie werden oben bald etwas unternehmen.«

Myx deutete auf die einzelne Tür auf der linken Seite. »Forschung.«

Der Unbekannte nickte und führte Hirad und Darrick weiter. Hinter ihnen folgte Sian’erei, die schon einen Spruch wirkte.

»Schild steht.«

»Lass ihn stehen und bleib hinter uns«, sagte Hirad. »Wir wollen dich nicht verlieren.«

»Ihr braucht einen Bogenschützen«, wandte Rebraal ein. »Widersprich mir nicht.«

»Wollte ich auch nicht.«

Der Unbekannte versetzte der Türklinke einen Tritt, dass die Balken krachten. Der Riegel brach, und die Tür flog mit einem Knall auf. Er und Hirad gingen in die Hocke, Rebraal zielte auf den Bereich, den er überblicken konnte. Der Raum war verlassen, in der Mitte stand ein langer Tisch, auf dem sie Papiere und ein kompliziertes hölzernes Modell sahen.

»Umkehren«, befahl der Unbekannte. Sie wichen zurück und drehten sich um. »Thraun, geh hinein, Denser, du gibst Deckung. Myx?«

»Die beiden anderen Türen führen in einen Salon.«

»Rebraal, geh nach links in eine gute Schussposition, wir ziehen auf der anderen Seite das gegnerische Feuer auf uns.«

An den wartenden TaiGethen vorbei führte sie der Unbekannte den Gang hinunter. Die Gesichter der Elfen blieben ausdruckslos, während sie mit gespannten Bogen die Treppe bewachten. Die Magier hatten bereits Schilde gewirkt.

»Alles bereit?«

Hirad nickte und beschloss, dieses Mal die Tür vorsichtig zu öffnen. Ein Armbrustbolzen schlug in die gegenüberliegende Wand.

»Schräg links, ein Ziel, roter Stuhl!«, meldete Hirad und stürmte als Erster hinein.

Die Rabenkrieger kämpften nun in einem eleganten Salon, in dem es Teppiche, Stühle, Sofas, niedrige Tische und sogar einen Kamin gab. Der Armbrustschütze hatte sich hinter einen Stuhl geduckt und lud gerade nach. Neben ihm standen drei Magier. Sie wollten Sprüche wirken, dabei kam jedoch nichts heraus, denn ihre Arme zitterten vor Anstrengung, und ihre Mienen verrieten, dass sie große Angst hatten.

»Ach, du meinte Güte.« Hirad setzte über ein Sofa hinweg, Darrick folgte ihm, und der Unbekannte wich nach rechts aus.

Rebraals Bogen summte, und sein Pfeil traf die Hand des Armbrustschützen und nagelte sie an den Schaft seiner Waffe. Der Elf folgte den anderen in den Raum und legte schon den nächsten Pfeil ein. Hirad landete auf den Füßen, zog das Schwert schräg nach unten und schnitt dem vorderen Magier den Hals durch. In einem blutigen Schauer ging der Mann zu Boden. Darrick bohrte seinem Gegner einfach die Klinge durchs Herz, während der Unbekannte mit dem dritten Magier kurzen Prozess machte.

Drei weitere Tote, ein Soldat außer Gefecht gesetzt. Der Unbekannte zog den Überlebenden am Lederwams hoch.

»Rede. Wie viele sind noch hier?«

»Das weiß ich nicht. Zehn?« Das Blut strömte aus seiner Wunde, und er versuchte, die verletzte Hand zu stützen. Er wimmerte vor Schmerzen. »Man hat uns befohlen, diese Räume zu bewachen. Ihr dürft nicht hinaus. Sie wussten, dass ihr hier entlangkommen würdet.«

»Wer?« Der Unbekannte schüttelte den Mann heftig, der schmerzvoll keuchte.

»Alle.« Irgendwie schaffte er es, zu lächeln.

Der Unbekannte ließ ihn fallen, und Hirad schlug ihn mit dem Heft seines Schwerts bewusstlos.

»Meinst du, er hat die Wahrheit gesagt?«

Myx schaute zur Tür herein. »Das ist gut möglich.«

»Wir müssen schleunigst verschwinden. Wir können nicht warten, bis …«

Auf dem Flur war ein warnender Ruf zu hören. Bogen summten, und eine Feuerkugel der Al-Arynaar glühte. Daraufhin ertönten oben weitere Rufe, Armbrustbolzen wurden abgefeuert, und...