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Baustelle Baby

Sonya Kraus

 

Verlag Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2012

ISBN 9783838716145 , 317 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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Gestatten, mein Name ist Kraus, Sonya, Ihre persönliche Nestbau-Beraterin. Nach mir vorliegenden Indizien kombiniere ich: Sie haben dieses Buch gekauft, weil Sie das Thema »Baby« irgendwie interessiert oder betrifft. Vielleicht haben Sie ja schon drei davon, oder aber Sie haben gerade erst Nachwuchs bekommen. Möglicherweise liegt auch eben jetzt ein Schwangerschaftstest neben Ihnen, der einen deutlichen Streifen im Ergebnisfeld aufweist. Oder Ihr Bäuchlein beginnt schon, sich zu wölben. Vielleicht stehen Sie sogar schon kurz vor dem Final Countdown. Egal, in welchem »Stadium« Sie sich befinden, falls Ihre Umstände kein »Unfall« waren, werden Sie sich irgendwann eine Frage gestellt haben:

Ja. Nein! Vielleicht? Will ich wirklich ein Baby?

Die Antwortmöglichkeiten sind die gleichen wie früher in der Schule, wenn uns von Guido (oder Michael oder Tom) aus der letzten Reihe ein »Willst du mit mir gehen?«-Zettelchen auf den Tisch flatterte:

Ja

Nein

Vielleicht …

Aber Vorsicht! Im Fall von Guido (oder Michael oder Tom) war die Sache einfach: Den Typen kannten wir schließlich. In der Regel wussten wir auch, ob wir ihn mögen oder nicht. Und selbst, wenn wir unser spontanes »Ja« hinterher bereuten, es war von vornherein klar: Aus der Nummer kommen wir ganz einfach wieder raus. Im Notfall genügt ein Anruf oder eine SMS mit dem Hinweis »Es ist aus«. Bei der Bestellung »Baby« hingegen haben wir nicht nur keinen Schimmer, was uns da nach einer unverschämt langen Lieferzeit von gut neun Monaten ins Haus schneit (so was kann sich nur eine Monopolistin wie »Mutter Natur« leisten); wir unterschreiben auch noch einen Vertrag ohne Rückgaberecht, in dem dreist verschwiegen wird, dass das Produkt zwar ohne Zubehör geliefert wird, aber nicht ohne Zubehör auskommt. Vom Brei bis zur Windel müssen wir alles dazukaufen. So was gibt es sonst nur bei Billigfliegern, und da dauert die Reise bloß wenige Stunden.

Darum kann ich nur raten: Falls Sie Ihr Kreuzchen noch nicht bei »Ja« gemacht haben und sich noch nicht sicher sind: Überlegen Sie gut, solange Sie noch Gelegenheit dazu haben.

Denn rein rational gesehen ist ein Kind eine Entscheidung, von der Ihnen jeder logisch denkende Mensch dringend abraten muss. Es wäre arglistige Täuschung, Ihnen etwas anderes zu erzählen. Lassen Sie sich das von einer Mama gesagt sein!

Wo soll ich bloß anfangen? Ein Baby bedeutet (fürs Erste) eine endlose Liste von Bye-byes. Zur Einstimmung eine kleine Auswahl:

  • Bye-bye kuschlige Sonntage im Bett
  • Bye-bye hemmungslose Vögelnachmittage in der ganzen Wohnung
  • Bye-bye ausschlafen und ausgeschlafen sein
  • Bye-bye Spontantrips übers Wochenende
  • Bye-bye Gorilla-Trekking in Ruanda
  • Bye-bye aufregende Partys und romantische Candle-Light-Dinner
  • Bye-bye unifarbene Etuikleider zu High Heels
  • Bye-bye Intimsphäre, Duschorgien und ungestörte Klositzungen
  • Bye-bye Nachtleben
  • Bye-bye Schöner-Wohnen-tauglich eingerichtete Designerbutze
  • Bye-bye Inselhopping mit nur ein, zwei Sommerkleidchen und Flip-Flops im Gepäck

Stattdessen begrüßen wir mit frenetischem Applaus:

  • Hello Augenringe und schlaflose Nächte
  • Hello eingeschissene Windeln, Bäuerchen und Babybrei
  • Hello vollgestrulltes Babyschwimmbecken
  • Hello Übergepäck und rausgesprungene Bandscheiben
  • Hello fleckenkaschierende große Blumenmuster
  • Hello größtmögliches Chaos in kürzestmöglicher Zeit
  • Hello Kohlblätter im BH gegen Brustwarzenentzündungen

und als Special Guests:

  • Hello liebe entfernte Verwandtschaft, die selbst aus entlegensten Winkeln wie Timbuktu oder Erwitte-Anröchte anreist, um in unserer wenigen freien Zeit (in der wir eigentlich endlich mal wieder schlafen wollten) das Kind zu besichtigen und mit ihrer Besserwisserei zielsicher unseren letzten noch intakten Nerv zu töten.

Das hat Sie noch nicht abgeschreckt? Keine Sorge, ich bin auch noch nicht fertig! Neben unserem bisherigen Leben lassen wir Mädels uns auch noch die Figur ruinieren – vom Model zur Matrone. Wir lassen uns aufschlitzen, abmelken, mit Schmerzen malträtieren, gegen die jede Wurzelbehandlung ohne Betäubung pillepalle ist. Und wofür? Um uns zur Leibeigenen eines zunächst nur etwa fünfzig Zentimeter großen Wesens zu machen. Selbstbestimmung? Vergessen Sie's!

Nicht vergessen sollten Sie dagegen: So ein Kind kostet. Uiuiui! Das Statistische Bundesamt hat Zahlen veröffentlicht, nach denen Eltern für ein Kind 550 Euro löhnen müssen. Natürlich nicht bei der Anschaffung – die kostet im Normalfall nix, von Sonderfällen wie künstlicher Befruchtung mal abgesehen –, aber im Unterhalt, pro Monat und im Durchschnitt. Das macht, hochgerechnet bis zum 18. Lebensjahr, 120.000 Euro. In Worten: einhundertzwanzigtausend!!! Gern auch mal deutlich mehr. Schließlich gibt sich so ein durchschnittlicher Pubertierender bzw. eine Pubertierende – und früher oder später kommen alle ehemaligen Babys dahin – heutzutage nicht mit No-Name-Jeans, Billo-Computer und gebrauchtem Handy zufrieden. Nein:

Die Jugend liebt heute den Luxus.
Sie hat schlechte Manieren,verachtet die Autorität,
hat keinen Respekt mehr vor älteren Leuten
und diskutiert, wo sie arbeiten sollte.
Sie widerspricht den Eltern und tyrannisiert die Lehrer.

(Sokrates zugeschrieben)

Versicherungen und Vorsorge wie Bausparverträge sind in der Rechnung des Statistischen Bundesamtes übrigens noch nicht mit berücksichtigt.

Überlegen wir doch mal kurz, was wir uns für 120.000 plus x Ocken alles Tolles leisten könnten, und sagen auch hierzu dann leise tschüss: eine Eigentumswohnung, exotische Reisen, einen Porsche, Schuhe – ach was, Tonnen an Schuhen, ja, ganze Schuhfabriken.

Die staatlichen Hilfen wie Kindergeld und Steuerfreibeträge decken die Kosten, die ein Kind verursacht, jedenfalls nur teilweise. Und von der nach wie vor desaströsen Lage in puncto Kinderbetreuungsplätze will ich hier (noch) gar nicht anfangen. Ein Freund hat es mal so ausgedrückt: »Eigentlich müsste man sich bereits bei der Zeugung auf die Kita-Warteliste setzen lassen, sonst ist das Kind schon in der dritten Klasse, wenn es einen Platz bekommt.«

Sie ahnen schon: Es gibt, bei rationaler Betrachtung, wirklich keinen guten Grund, Kinder in die Welt zu setzen, seit andere Möglichkeiten der Altersvorsorge existieren.

Drogenfahndung – aufgepasst!

Aber die allergrößte Gefahr lauert ganz woanders, denn eigentlich müssten Babys einen Spitzenplatz auf dem Drogen-Index einnehmen. (Ver)hüten Sie (sich), denn:

Babys machen süchtig!

Heroin ist nix dagegen. Sagen Sie also nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt: Von der Droge kommen Sie nie wieder runter. Wenn das Mami-Programm einmal gestartet ist, kann es nicht mehr gestoppt werden. Das hat Frau Evolution, die alte Dealerin, nämlich ganz clever eingefädelt! Einmal drauf, ist auch sämtliche Vernunft verloren. Mütter denken völlig unsinnige Dinge wie:

  • Pah, was will ich mit einem Shopping-Wochenende in Barcelona, wenn ich stattdessen mit diesem zauberhaften zahnlosen Lächeln voller Milchsabber belohnt werde?
  • Ein neues Paar Manolo Blahniks? Nein danke! Ich kaufe lieber dieses sündhaft teure Jäckchen, in dem der Kleine so entzückend aussieht, und es ist mir ganz egal, dass es ihm in spätestens zwei Monaten zu klein sein wird.
  • Sie hat gerade »Mama« gesagt! Ich habe es ganz deutlich gehört – die wissenschaftliche Literatur muss neu geschrieben werden: Babys können schon mit drei Monaten sprechen!
  • Gott, wie süß! Hast du das gehört? Es hat gepupst!
  • Haha, er hat mich im hohen Bogen angepinkelt. Ist das niedlich!

Sie sehen: Mit dem Verstand einer Mama ist es nicht mehr weit her. Und wie alle anderen Drogenabhängigen ruinieren sich die Süchtigen körperlich und finanziell, ohne mit der Wimper zu zucken, nur um an ihren Stoff zu kommen. Der wird in verschiedenen Darreichungsformen angeboten, aber bereits am Objekt der mütterlichen Begierde zu schnüffeln macht high – und ich sag's Ihnen: GEILES ZEUG! Okay, gut, es sei denn, die Windel ist gerade voll.

A baby changes your dinner party conversation
from politics to poops.

(Maurice Johnstone)

Ständig auf Droge bereut natürlich auch niemand, ein Kind bekommen zu haben. Und ich...