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Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung - Theorie, Methoden, Empirie

Ruth Becker, Beate Kortendiek

 

Verlag VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2009

ISBN 9783531919720 , 957 Seiten

2. Auflage

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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36,99 EUR


 

A Konzepte zum Geschlecht (S. 17)

Eva Cyba

Patriarchat: Wandel und Aktualität

Definitionen von Patriarchat

Patriarchat ist für die feministische Theorie und die zweite Frauenbewegung von zentraler Bedeutung, um Ungleichheiten und Diskriminierungen, die Frauen in den unterschiedlichen Lebenssphären betreffen, als Teile eines übergreifenden Phänomens zu erfassen. Die Auseinandersetzung mit diesem Begriff spiegelt auch wesentliche Entwicklungen der feministischen Theorie wider, in deren Diskussionen und Kritik das Verständnis von Patriarchat erweitert und differenziert wurde.

Patriarchat ist als ein Schlüsselbegriff für feministische Wissenschaftlerinnen aller Disziplinen relevant, Philosophinnen, Historikerinnen, Soziologinnen Politikwissenschaftlerinnen, Literaturwissenschaftlerinnen haben zu unterschiedlichen Aspekten wesentliche Erkenntnisse beigetragen.

Herkömmlich wurde der Begriff des Patriarchats „als System – historisch abgeleitet vom griechischen und römischen Recht – in dem das männliche Oberhaupt des Haushalts die rechtliche und ökonomische Macht über die von ihm abhängigen weiblichen und männlichen Familienmitglieder ausübt“, verstanden (Lerner 1991: 295).

In der neueren Debatte wird diese Definition als zu eng gefasst (gültig nur für eine bestimmte historische Epoche) kritisiert, die weder der historisch belegten Tatsache früherer Formen der männlichen Dominanz über Frauen noch den gegenwärtigen Bedingungen der Diskriminierung von Frauen und deren Ursachen und zu Grunde liegenden Entwicklungen gerecht wird.

Die Anforderung an ein entsprechendes Konzept von Patriarchat im Rahmen der feministischen Theorie erfordert, dass dieser Begriff nicht ahistorisch oder ethnozentristisch, gleichzeitig aber als Konzept universell gültig ist, das alle Arten der Unterdrückung in allen Gesellschaften erfassen kann.

Unter Patriarchat werden daher die Beziehungen zwischen den Geschlechtern verstanden, in denen Männer dominant und Frauen untergeordnet sind. Patriarchat beschreibt ein gesellschaftliches System von sozialen Beziehungen der männlichen Herrschaft (vgl. Millett 1977), es „meint die Manifestation und Institutionalisierung der Herrschaft der Männer über Frauen und Kinder innerhalb der Familie und die Ausdehnung der männlichen Dominanz über Frauen auf die Gesellschaft insgesamt“ (Lerner 1991: 295), oder es wird definiert als „a system of social structures and social practices in which men dominate, oppress and exploit women“ (Walby 1990: 20).

In diesen Definitionen geht es um die Monopolisierung von Machtpositionen in allen sozialen Bereichen und nicht nur um einen Ausschnitt daraus (etwa die Familienverhältnisse), denn zentrale Bereiche der Ungleichheit und Diskriminierung lassen sich nicht aus der innerfamiliären Konstellation herleiten (vgl. Witz 1992).

Nach allen Definitionen verweist Patriarchat auf soziale Ungleichheiten, auf asymmetrische Machtbeziehungen und soziale Unterdrückung und auf die Tatsache, dass es sich dabei nicht um ein natürliches oder selbstverständliches Phänomen handelt. Historische Entwicklungen Diese Definitionen bilden auch die Voraussetzung, jene historische Entwicklung aufzuzeigen, die zur Verfestigung der Herrschaft von Männern geführt hat. Zunächst wurde die Entstehung patriarchaler Strukturen aus umfassenden historischen Übergängen zu erklären versucht.

Engels ist im Anschluss an Morgan und an Bachofen davon ausgegangen, dass die ursprüngliche soziale Organisation („die Horde“) von einer Gleichheit der Geschlechter bestimmt war und sich die patriarchalen Strukturen erst nach einer Zwischenetappe matriarchal organisierter Gesellschaftsformen durchgesetzt haben.

Das Mittel dazu war die monogame Einehe, wodurch Männer einen Machtvorsprung gewinnen. „Der erste Klassengegensatz, der in der Geschichte auftritt, fällt zusammen mit dem Antagonismus von Mann und Frau in der Einzelehe, und die erste Klassenunterdrückung mit der des weiblichen Geschlechts durch das männliche“ (Engels 1974: 76). Damit ist das Patriarchat als ein zentrales Element von sozialen Klassenantagonismen definiert.