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'...als käm ich heim zu Vater und Schwester' - Lou Andreas-Salomé - Anna Freud, Briefwechsel 1919-1937

Lou Andreas-Salomé, Anna Freud, Daria A. Rothe, Inge Weber

 

Verlag Wallstein Verlag, 2013

ISBN 9783835307070 , 920 Seiten

2. Auflage

Format PDF, OL

Kopierschutz frei

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27,99 EUR


 

Dezember 1919 (S. 7)

1 Göttingen, 6. XII. 1919

Liebes Fräulein Freud,

das macht mir aufrichtigen Spaß, daß wir uns auf einmal in gewichtiger Geschäftskorrespondenz finden und befinden, zu bleiben braucht’s bei der ja nicht (auf diese Zukunft hin hab ich das »sehr geehrtes« schon gleich durch was – Freudisch gesprochen: – Libidinöses ersetzt).

Übrigens sollte ich Sie schon mal kennen lernen, Nachmittags beim Teetisch, aber da waren Sie irgendwohin zu Andern ausgerückt. Wie gerne holte ich jetzt das Persönliche nach, nur ist nicht die allerleiseste Aussicht dazu vorhanden. Nach München hätte ich wieder gehen können, wär nicht an Rilkes Wohnung die Zentralheizung abgesperrt worden, der Glückliche flüchtete in die Schweiz.

München und Wien repräsentieren nun einigermaßen Erfrieren und Verhungern. Mit den Heften, mit denen Heller schauderhaft gemogelt hat, verhält es sich auf folgende traurige Weise: von der »Zeitschrift « hab ich den vierten Jahrgang vollständig (gezeichnet 1916/17, herausgegeben 1918) von »Imago« bekam ich vom vierten Jahrgang als letztes das 5te Heft (enthaltend meinen eigenen Artikel, gezeichnet 1915/16, herausgegeben 1916) Bezahlt sind die beiden Abonnements für 1918. Ich wußte garnicht, daß die Rückstände schon so weit nachgelangt sind, bin sehr froh, wenn ich sie bald einsehen kann, denn ich fühle mich im Verhältniß zum Vorwärtsarbeiten in der Vereinigung hier ohnehin, wie im Verhältniß zur Hand ein abgeschnittener Nagel.

Grüßen Sie bitte Ihren Vater herzlich, er soll auch ja nicht denken, ich wartete auf einen Brief: sowie es etwas zu schreiben giebt, was ihn irgendwie interessieren könnte, schreib ich ihm selber wieder. – Und auch Sie und ich einander, nicht wahr?

Herzlich Lou Andreas.

2 [Göttingen, 28.12.1919]

Liebes Fräulein Freud,

schönsten Dank für alle die Zusendungen, die mich nicht wenig erfreuten, ich habe »Das Tagebuch eines etc.« sowie den »Spiegelzauber« für das »Literarische Echo« besprochen, leider waren dort die 2Werke Rank und Reik schon anderweitig rezensiert, aber ich habe nun gesagt, sie sollten alles aus diesem Verlage mir zur Besprechung reservieren, das Blatt ist gut. Rank und Reik schicke ich nun nach München an den Neuen Merkur. – Soeben kommt, während ich schreibe, nochmals Imago V 1-4 und Zeitschr. V. 1-3: ich will es gleich morgen zurückgehn lassen, ich empfing die erste Sendung schon vor 5 Tagen.

Herzlich grüßt Sie und Ihr Haus Lou Andreas. Absend: Lou Andreas Göttingen, Deutschland Herzberger Landstr. 101 3 München, 22. XII. 1921 Meine liebe Anna, ich ertappe mich drauf, mich auf das Schreiben an Dich ganz speziell deshalb zu freuen, weil die Feder Dich dutzen kann, und alles lege ich nun in diesen einen Umstand hinein, was ich während der schönen-schönen Wiener Tage für Dich immer stärker fühlen lernte.

Als vorgestern bei Salzburg die Berge im herrlichsten Sonnenglanz dalagen, tat es mir auch bitter leid, daß wir nicht doch noch ein bischen dort zusammen geblieben waren. Vorher vertiefte ich mich (bald fast allein gelassen in meinem Coupé) mit aufrichtiger Bewunderung in das mitgenommene Beiheft, wie voller Anregung ist das! Eine Fußnote erinnerte mich an unser letztes Gespräch mit Bernfeld, zeige sie ihm doch, pag. 53 (die Phantasie älter als der von B. gemeinte motorische Ablauf).

Daneben griff ich von Zeit zu Zeit in die ungeheure, unerhörte Düte, und »wo Du’s anpackst, ist es interessant« gewesen, Schicht um Schicht, parallel mit den Stärckeschen Ausgrabungen gingen diese vor sich, endend beim lustvollen Anblick von Baumkuchen und Eiern in der Tiefe. Später half Dr. Zeller mir dabei, aber noch hier in München werden diese Weihnachtstage davon zehren. Draußen ist ein Wetter wie sonniger April, ob auch noch immer ebenso bei Euch?