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Star Wars? - Darth Scabrous - Roman

Joe Schreiber

 

Verlag Blanvalet, 2012

ISBN 9783641100506 , 336 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR


 

3645 VOR DER SCHLACHT VON YAVIN

 

Wim Nickter stand unmittelbar außerhalb des Rings und wartete darauf, dass Blut floss. Die kalte Morgenluft von Odacer-Faustin schmeckte nach Ozon, lähmte seine Zunge und seine Lippen, ließ sein Herz in der Brust schneller schlagen, bis es sogar durch den schweren Stoff der windabweisenden Tunika zu dringen schien. Zusammen mit den anderen Schülern war er die siebenundsiebzig Stufen zur Spitze des Tempels hinaufgestiegen; seine Muskeln schmerzten, und der Schweiß seiner Anstrengung trocknete noch immer in den Böen. Die Lichtschwert-Trainingsstunde war vorüber. Jetzt fingen die Zweikämpfe an.

In den drei Standardjahren, seit er in die Akademie aufgenommen worden war, hatte Nickter diesen Duellen zunehmend mit einer besonderen Art von Spannung entgegengesehen. Nickter, ein großer, langgliedriger Siebzehnjähriger mit einem Schopf rabenschwarzen Haars, blickte mit solch hungrigen blaugrauen Augen in den Ring, dass sie nahezu perfekt zur unerbittlichen Landschaft ringsum passten.

Nickter schaute nach unten. Von der Spitze des Tempels aus ähnelte die Sith-Akademie nichts so sehr wie einem teilweise kaputten Rad, dessen Speichen schiefvom zentralen Punkt des Turms abstrahlten. Die uralten Kammern, umschlossenen Gänge, Tunnel und Tempel und die große Bibliothek der Akademie, die quasi ihr verwunschenes Herz bildete, waren schon lange im Zerfall begriffen, gebeutelt von Jahrzehnten voller Schnee und Eis, die sich auf den Dächern und Mauern sammelten, und den sich ständig ändernden tektonischen Verschiebungen der Planetenkruste. Die Folge davon war eine ausgedehnte Ruine vergessener Räume  – einige davon prunkvoll  –, die unter Tonnen vom Alter gequälter Sith-Architektur ächzten.

Genau hierher waren Nickter und mehrere Hundert andere gekommen, um alles zu lernen, was sie über die dunkle Seite der Macht wissen mussten.

 

Ihm direkt gegenüber machte Lord Shak’Weth, der Sith-Schwertmeister, drei Schritte nach vorn auf die freie Fläche, drehte sich um und blickte unter der Kapuze seines Umhangs hervor, um die Schüler zu mustern. Einen Moment lang war der Wind abgeklungen. Abgesehen vom Kratzen seiner Stiefel auf dem flachen, unebenen Boden war alles ruhig. Die steinerne Miene des Schwertmeisters gab nichts von dem preis, was in ihm vorging. Der dünne, lippenlose Schlitz seines Mundes bewegte sich nie. Er sagte nichts, und das war auch gar nicht nötig. Dies war der Moment, in dem das erste Duell verkündet wurde, und Nickter hatte die Gerüchte genauso gehört wie all seine Mitschüler. Heute war der Tag, an dem Lussk seine Herausforderung aussprechen würde.

Rance Lussk war der beste Schüler der Akademie  – ein Sith-Akolyth mit so viel rohem Talent und Potenzial, dass es nur wenige jemals wagten, an ihn heranzutreten, ganz zu schweigen davon, ihn zum Duell zu fordern. Gegenwärtig verbrachte er den Großteil seiner Zeit mit privaten Trainingsstunden mit Shak’Weth und den anderen Meistern der Akademie. Einige behaupteten, dass er sogar schon mit Lord Scabrous persönlich meditiert hatte, oben im Turm … auch wenn Nickter diesbezüglich gewisse Zweifel hegte. Bislang war er noch keinem Schüler begegnet, der tatsächlich von sich sagen konnte, im Innern des Turms gewesen zu sein. Trotzdem wartete er mit angehaltenem Atem.

Die Gruppe war vollkommen still geworden. Einen Moment später trat Lussk vor.

Lussk war eine agile, muskulöse Gestalt in Mantel und Tunika, mit einem länglichen Gesicht und flammend rotem Haar, das er sich lang hatte wachsen lassen, um es nun hinter dem Kopf in einem so eng geflochtenen Zopf zu tragen, dass die Haut an den Rändern seiner blassgrünen Augen spannte. Es ließ sie tatsächlich wirken, als stünden sie ein wenig schräg. Sein augenfälligstes Merkmal jedoch war das verschlossene Schweigen, das über ihm schwebte wie eine tödliche Wolke. Nah an ihn heranzutreten hieß, sich einer Aura düsteren Grauens auszusetzen. Bei den ein oder zwei Malen, als Nickter Lussk in den Fluren der Akademie zufällig angerempelt hatte, konnte er merklich spüren, wie die Temperatur und der Sauerstoffgehalt abnahmen. Lussk strahlte Gefahr aus  – er atmete sie aus wie Kohlendioxyd.

Nickter spürte, wie sich sein ganzer Körper versteifte  – abgesehen von seinem wild klopfenden Herzen  –, als sich Lussk langsam umdrehte, um die anderen Akolythen mit einem gleichgültigen, beinahe reptilienhaften Starren zu mustern. Was mögliche Gegner betraf, so gab es nur wenige, die seiner würdig waren. Lussks Blick schweifte über Jura Ostrogoth, Scopique, Nace, Ra’at und einige der geschicktesten Kämpfer der Gruppe hinweg. Nickter fragte sich, ob einer von ihnen die Herausforderung annehmen würde, wenn er sie zum Duell forderte. Die Erniedrigung zu kneifen war nichts verglichen mit der potenziellen Katastrophe, im Ring gegen Lussk zu verlieren. In seinen Händen konnte selbst ein Übungsschwert mit seiner Durastahlklinge und den Millionen mikroskopisch kleinen, giftgefüllten Widerhaken verheerende Verletzungen anrichten.

Lussk blieb stehen, und Nickter wurde bewusst, dass der rothaarige Akolyth ihn anstarrte. Seine Worte hingen förmlich in der Luft.

»Ich fordere Nickter heraus.«

 

Im ersten Moment dachte Nickter, sich verhört zu haben. Dann sickerte die Realität in seinen Verstand ein, und er spürte, wie seine Eingeweide tiefer sackten, als wäre der Boden selbst unvermittelt unter seinen Füßen verdampft. Die Zeit schien stillzustehen. Er war sich darüber im Klaren, dass sich Shak’Weth und all die Schüler umdrehten und in seine Richtung schauten, darauf wartend, dass er vortrat oder zurückwich. Mit Blick auf den Übungsaspekt machte Lussks Wahl keinen Sinn  – obgleich er sich im Training durchaus zu behaupten vermochte, war Nickter dem anderen Schüler klar unterlegen. Er bot ihm keine Gelegenheit, seine Fähigkeiten weiter zu verbessern oder den anderen sogar eine gute Show zu liefern.

Dennoch hing die Herausforderung zwischen ihnen offen in der Luft.

»Nun, Nickter?«, fragte der Schwertmeister. »Was sagst du?«

Nickter senkte den Kopf und spürte, wie langsam eine vertraute Wärme in Wangen und Hals kroch. Er war sich bewusst, dass eine formelle Erwiderung darauf nicht notwendig war. Einfach den Kopf zu beugen und zurückzutreten wäre Antwort genug. Einen Moment später würde das Getuschel einsetzen, während sich das bisschen Ansehen, das er sich in den letzten zwei Jahren erkämpft hatte, langsam verflüchtigte. Natürlich war das Ganze ein Dilemma, das er nicht unbeschadet überstehen würde, aber zumindest hatte er auf diese Weise die Chance, körperlich unversehrt zu bleiben. Mehrere von Lussks früheren Gegnern hatten nicht so viel Glück gehabt  – die letzten drei hatten die Akademie verlassen, nachdem sie gegen ihn verloren hatten. Einer hatte sich das Leben genommen. Es war, als hätte es irgendetwas … mit ihnen gemacht, gegen Lussk zu verlieren; als habe es ihnen irgendwelche tiefen inneren Verletzungen zugefügt, die nie wieder verheilen sollten.

Die Antwort auf die Herausforderung war offenkundig. Nickter wollte einfach zurücktreten und sich verneigen. Aus diesem Grund war er genauso schockiert wie alle anderen, als er sich selbst sagen hörte: »Ich akzeptiere.«

Ein überraschtes Murmeln ging deutlich vernehmbar durch die Reihen der anderen Schüler. Sogar Shak’Weth hob eine haarige Augenbraue.

Nickter blinzelte, außerstande zu glauben, was er gerade gesagt hatte. Er hatte überhaupt nicht beabsichtigt, etwas zu sagen. Die Worte waren unfreiwillig aus ihm herausgeplatzt. Als er jetzt zu Lussk aufschaute und den schwachen Anflug eines Lächelns sah, das die Winkel seines kleinen, unscheinbaren Mundes kräuselte, wurde Nickter klar, dass Lussk von allen hier Versammelten der Einzige war, den seine Reaktion nicht überraschte.

Und zum ersten Mal begriff Nickter, was vorging. Hierbei ging es überhaupt nicht um ein Duell. Es ging um etwas vollkommen anderes.

»Also gut«, sagte Lussk und winkte ihn mit seiner freien Hand vor. »Komm her!«

Bevor er sich versah, spürte Nickter, wie er nach vorn in den Ring gesaugt wurde, erst der eine Fuß und dann der andere, die den Rest seines Körpers hinter sich herzogen. Sein Herz raste, als sein Körper registrierte, dass dies hier wirklich geschah. Nein, protestierte sein Verstand, ich mache das nicht, ich will das nicht tun. Aber das spielte nun keine Rolle mehr, weil alles, was er sehen konnte, Lussks Lächeln war, das breit genug wurde, dass zwischen seinen Lippen das mattgelbe Glitzern der Eckzähne zum Vorschein kam. Nickter wusste, was vorging, und was noch schlimmer war: Lussk wusste, dass er es wusste. Lussks Augen waren Kohlenpfannen reinen, sadistischen Vergnügens, und die Intensität, die darin lag, verwandelte sein ansonsten unscheinbares Gesicht, verzerrte es seltsam, machte es zu etwas ungeheuer Grässlichem.

Sie standen sich jetzt direkt gegenüber, von Angesicht zu Angesicht, nah genug, dass Nickter die schreckliche Kälte fühlen konnte, die aus Lussks Poren strömte, und Lussk hob sein Übungsschwert, dessen Klinge durch die Luft zischte, als er die Standard-Kampfposition einnahm.

Nicht, wollte Nickter sagen, seine Augen flehten stumm, doch stattdessen sah er seine eigene Waffe in die Höhe schnellen. Es war zu spät. Was auch immer jetzt mit ihm geschah  – was auch immer Lussk ihm antun würde  –, ließ sich nicht mehr abwenden.

Lussks Klinge sauste wuchtig und schnell herab. Nickter reagierte sofort, mit instinktiver Schnelligkeit und Agilität, die sich in unzähligen Trainingsstunden in seine...