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Die Schilddrüse - Balance für Körper und Seele

Berndt Rieger

 

Verlag Herbig, 2012

ISBN 9783776681697 , 191 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz DRM

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9,99 EUR


 

Die richtige Jodzufuhr


Naturbelassene Nahrung für eine gesunde Schilddrüse


Mittlerweile finden Sie in den im Supermarkt angebotenen industriell hergestellten Nahrungsmitteln eine solche Fülle von Geschmacksverstärkern, Lebensmittelfarben, Konservierungsstoffen und vieles andere mehr, dass man mittlerweile schon von einem groß angelegten »Versuch« sprechen muss, die Widerstandsfähigkeit des menschlichen Körpers gegen anorganisches, in Laboren zusammengemischtes Material zu prüfen. Der Stoffwechsel des Menschen ist enorm belastbar, vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, deren Darm, Leber und Nieren noch hohe Enzymaktivitäten aufweisen. Je älter aber der Mensch wird, desto stärker muss er damit rechnen, dass sich an verschiedenen Orten des Körpers Fremdstoffe ablagern und das Körpereiweiß verändern.

Dagegen sind »Ausleitungen«, wie sie in der Naturheilkunde angeboten werden, nur eingeschränkt wirksam. Das betrifft auch die Schilddrüse, die im Versuch, an die Lebensessenz zu kommen, leider relativ unkritisch alles an sich rafft, das wie Jod-Ionen aussieht. Wenn Sie sehen, dass sie bereitwillig die für die Szintigrafie so nützlichen radioaktiven Technetium-Ionen aufnimmt, einem Metall, das in der Periodentabelle der Elemente zehn Schritte weit vom Jod entfernt liegt und schon einer anderen Gewichtsklasse angehört, muss man leider befürchten, dass die Schilddrüse auch auf andere benachbarte Metalle wie z. B. Silber, Zinn, Cadmium, Barium, Cäsium reagiert, die in hohen Dosierungen ihre Giftigkeit für den Menschen längst erwiesen haben. Unter diesen ist Lithium ein relativ gut verträgliches Metall, das man deshalb auch schon therapeutisch bei Überfunktion genutzt hat, denn es kann die Freisetzung der Schilddrüsenhormone wie auch die Umwandlung von T4 zu T3 unterbinden. Allerdings hat es jede Menge Nebenwirkungen, darunter Kropfbildung, wie übrigens auch Chrom. Die Schilddrüse gibt sich auch mit Blei zufrieden, und wenn es – wie zum Beispiel in Automechanikerwerkstätten – zu hoher Bleibelastung kommt, führt dies nachweislich zu einer Senkung des Schilddrüsenhormonspiegels im Körper.3

Aufgrund dieser Gefahren müssen wir Konsequenzen für die Schilddrüsengesundheit ziehen und darauf achten, dass Wasser und Nahrung möglichst unbelastet von Metallen und weiteren Schadstoffen sind. Diese Aufmerksamkeit ist umso wichtiger in Fällen, in denen die Schilddrüse bereits erkrankt oder – wie im Falle der Hashimoto-Thyreoiditis – bereits entzündet und im Prozess der Selbstauflösung begriffen ist.

Zu den Schadstoffen, bei denen die Jodverwertung im Körper gestört ist, zählen außerdem hohe Nitratwerte und Huminsäuren im Grundwasser, Dioxin und PCB sowie Thiocyanate aus Zigarettenrauch.

Wie viel Jod ist gesund?


Wir haben schon eingangs erwähnt, dass die Schilddrüse ein zu großen Teilen aus Jod bestehendes Organ ist und dass die sogenannten Schilddrüsenhormone nichts anderes sind als Versuche der Schilddrüse, Jod in eine dem Körpergewebe verständliche Sprache umzuwandeln. Jod ist also das A und O der Schilddrüsenfunktion, und die Frage, wie viel des mit der Nahrung aufgenommenen Jods dann auch in T3 oder T4 verwandelt wird, ist ein entscheidender Faktor in Hinblick auf eine Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse.

Leider gibt es auf diese Frage keine klare Antwort. Einzelne Heiler des Altertums wussten schon vor 3500 Jahren, dass die Gabe der jodhaltigen Schilddrüsen von Schafen oder der Asche jodhaltiger Meeresschwämme Menschen mit Unterfunktion half und dosierten diese Jodgaben aus natürlicher Quelle je nach Bedarf. Von Anfang an aber waren es Wissenschaftler, die gegen dieses einfache Verfahren ankämpften. So war dem römischen Arzt Vetruvius im Jahr 16 v. Chr. schon aufgefallen, dass Menschen, die im Bereich der Alpen lebten, eine Schwellung im Halsbereich aufwiesen, die mitunter groteske Größe annahm (so gibt es Geschichten darüber, dass Frauen ihre Kröpfe vor dem Stillen über die Schulter auf den Rücken schlagen mussten, um an der Brust Platz für das Kind zu schaffen), er aber hielt diese extreme Größe der Schilddrüse für eine Erbkrankheit.

Wer im Mittelalter an einem Jodmangelkropf litt, musste schon zu einem Naturheiler gehen, der die altehrwürdige Organotherapie pflegte und gesunde Schilddrüsen an Schilddrüsenkranke verfütterte – die offizielle Medizin hielt davon nichts. Oder er lauschte zu Beginn der Neuzeit dem damals als Außenseiter der Medizin verfemten Paracelsus (1493–1541), der Schilddrüsenkranken riet, das aus Bad Hall in Oberösterreich stammende Wasser zu trinken, von dem man heute weiß, dass es besonders jodhaltig ist. Wie Paracelsus das herausgefunden hat? Wir wissen es nicht, aber die Anekdote ist ein weiterer Beweis für das Genie dieses großen Arztes.

Der Dresdener Chirurg Johann August Wilhelm Hedenus wurde im Jahr 1800 weltberühmt, als er die erste Schilddrüsenoperation wagte, schien sich aber nicht besonders daran zu stören, dass ein Großteil der Behandelten wenige Wochen nach dem Eingriff verstarb. Es war einem Nichtakademiker, dem Pariser Salpetersieder Bernard Courtois, zu verdanken, dass im Jahre 1811 das Element Jod entdeckt wurde. Er gewann es aus einem alten Heilmittel aus dem Mittelmeerraum, dem Blasentang, dessen medizinischer Einsatz mehr als 1000 Jahre zurückreicht. Bald erkannte man, dass Jod im menschlichen Körper zu 99% in der Schilddrüse abgespeichert wird, und das in hoher Konzentration. So liegt der Jodgehalt der Schilddrüse zwischen 5 und 20 mg. Während Meerwasser 0,05 mg/kg und Meersalz etwa 1 mg/kg Jod enthält, sind in der nur etwa 20 g schweren Schilddrüse 500–1500 mg/kg abgespeichert.

Diese Aufsehen erregende Entdeckung führte dazu, dass Jod sehr rasch als eine Art Allheilmittel angesehen wurde. Mitte des 19. Jahrhunderts war die unkritische Gabe von Jodsalz durch Ärzte so weit fortgeschritten, dass der spöttische Spruch kursierte: »Wenn man nicht weiß, wie, was und warum, dann verschreibt man Jodkalium.« Mit Blick auf den gegenwärtigen Stand der Jod-Diskussion in Deutschland muss man leider bemerken: Diese Episode ist heute noch nicht abgeschlossen. Man kann sogar den Entschluss der Politik in deutschsprachigen Ländern zur gesetzlich verordneten Jodierung von Nahrungsmitteln, die als Erstes in der Schweiz im Jahre 1922 erfolgte und seit den 1980er-Jahren auch schrittweise in Deutschland eingeführt wurde, als anachronistische Reaktion und Spätfolge dieser Jodbegeisterung auffassen. Damit ist es tatsächlich gelungen, den im Alpen- und Voralpenbereich vorherrschenden »Jodmangelkropf« deutlich zu reduzieren – dabei hat man im Überschwang aber alle jene Menschen vergessen, die bereits an Jodüberdosierung erkrankt sind. Von Jod-Befürwortern weitgehend ausgeblendet wird auch die Tatsache, dass dieses Element eine relativ aggressive Substanz ist. Es kann dosisabhängig lebende Gebilde wie Bakterien und Pilze töten und wird auch vom Menschen nur in ganz kleinen Mengen vertragen.

Dieser Gefahr ungeachtet verzichtet die Wissenschaft in den meisten Studien über Nahrungsmittelergänzung darauf, mögliche Überdosierungsphänomene oder Schädigungen durch Jod überhaupt zu beachten, wie eine Analyse der sechs maßgeblichen Untersuchungen durch die Cochrane Collaboration feststellte.4 Das Resultat sind dann häufig Erklärungen über die Unschädlichkeit von Jod, denn was man erst gar nicht misst, kann auch nicht wahrgenommen werden. Diese sind aber nachweislich falsch, wie eine chinesische Studie5 vor einer Weile herausfand, die in einem der renommiertesten medizinischen Fachblätter der Welt, dem New England Journal of Medicine, abgedruckt war. Das überraschende Ergebnis: Jodzufuhr ist nur in Maßen unschädlich. Sie kann nicht nur sehr schnell Verlaufsformen der Hashimoto-Thyreoiditis verschlechtern, sondern sogar die Unterfunktion hervorrufen, die man damit eigentlich vermeiden wollte. Die Forscher fanden heraus, dass ein Mensch mit leichtem Jodmangel nur selten, nämlich in 0,2% der Fälle, in der Unterfunktion landet. Nimmt er aber bewusst Jod zu sich und hebt damit seine Jodausscheidung moderat an (auf durchschnittlich 243 Mikrogramm Jod im Urin pro Tag), explodiert das Unterfunktionsrisiko auf mehr als das Zehnfache, nämlich auf 2,6% der Fälle. Nehmen Sie nun die Forderung des »offiziellen« Buchs der Schilddrüsenliga Deutschland e. V.6 zu Jodkrankheiten, so viel Jod zu sich zu nehmen, dass Sie mehr als 150 Mikrogramm ausscheiden, und Sie werden schnell merken, welch gefährliches Spiel hier mit einem Element getrieben wird, das aufgrund seiner chemischen Instabilität – es kann in Verbindung mit manchen im Haushalt vorhandenen Substanzen explosive Mischungen eingehen – nicht zu Unrecht als Gefahrenstoff deklariert ist.

Aus medizinischer Sicht ist Jod also eine Arznei, die dosiert werden muss, wenn sie nicht zum Gift werden soll. Man weiß schon lange, dass eine übertriebene Jodzufuhr einen Kropf auslösen kann. In manchen Regionen Japans ist der Verzehr jodhaltigen Seetangs sehr hoch, sodass dort durchschnittlich 6000 Mikrogramm Jod (!) täglich mit dem Urin ausgeschieden werden. Das Ergebnis: Etwa 6% der Bevölkerung haben eine vergrößerte Schilddrüse, die aufgrund der Jodüberlastung in eine Unterfunktion umschlägt. Der amerikanische Endokrinologe Jesse Cavett schrieb schon im Jahr 1936, dass durch große Jodmengen ein Schilddrüsenversagen, sogar mit Myxödem, dem Auftreten von Schwellungen am ganzen Körper, entstehen kann.

Aufgrund dieser Erfahrungen wurde im Jahre 2001, mehr als ein halbes Jahrhundert nach dieser Erkenntnis, endlich auch vom deutschen Bundesinstitut für gesundheitlichen...