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Laduuuuuma! - Wie der Fußball Afrika verzaubert

Bartholomäus Grill

 

Verlag Hoffmann und Campe, 2009

ISBN 9783455501353 , 256 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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7,99 EUR


 

Der große Fettsoßenzug (S. 159-160)

Wie in der Politik, so im Fußball:Die Korruption raubt der Jugend die Zukunft

So ergriffen sind die Ballkünstler des AC Mailand eigentlich nur, wenn sie einen der ganz großen Pokale holen und ihnen die halbe Welt zu Füßen liegt. Aber der Mann, der an diesem Septemberabend des Jahres 1993 jedem Einzelnen von ihnen die Hände schüttelt, wird auch daheim in Italien so verehrt wie ein katholischer Heiliger: Nelson Mandela, südafrikanischer Präsident in spe, ein Megastar des 20. Jahrhunderts.

Die 50 000 Zuschauer im Ellis-Park-Stadion zu Johannesburg berauschen sich an dieser Begegnung - es war ein befreiender Augenblick nach all den bitteren Jahren des Sportboykotts. Das Freundschaftsspiel der Orlando Pirates gegen den AC Mailand öffnete dem geächteten Land den Weg zurück in die Familie des Weltsports. Ein Traum wird wahr", frohlockte Walter da Silva, der von italienischen Einwanderern abstammende Trainer der Pirates. "Wer hätte je gedacht, dass wir einmal gegen Milano antreten werden?"Nkosi Sikelel` iAfrika - "Gott schütze Afrika"! Als die neue Nationalhymne Südafrikas erscholl, huschte sogar ein Lächeln über das Eisengesicht von Jean-Pierre Papin. Der Torjäger sollte zweimal zuschlagen und den 3:2-Sieg der Gäste sichern, aber das Ergebnis war nebensächlich. Für die schwarzen Fans gab es eigentlich nur einen Wermutstropfen: Ruud Gullit fehlte. Sein Vertrag war abgelaufen, er lag im Streit mit dem Oberboss des AC Milan, einem gewissen Silvio Berlusconi.

Dabei wäre er so gern dabei gewesen, um Millionen seiner südafrikanischen Bewunderer zu verzaubern und sein Idol Nelson Mandela zu treffen. Gullit hatte immer wieder die Apartheid und den Rassismus öffentlich verdammt und 1987 die Auszeichnung "Europas Fußballer des Jahres" dem eingekerkerten Nelson Mandela gewidmet. Als Holländer versteht er Afrikaans, die Sprache der weißen Unterdrücker. Sein Auftritt wäre eine sportliche und politische Demonstration gewesen.An diesem Abend kam mir eine Idee. Torpedo Moskau war zu Gast im neuen Südafrika, dann Sporting Lissabon, nun der AC Milan.

Und wo blieben die deutschen Spitzenteams? Bis dahin war nur eine Drittligatruppe, deren Name mir leider entfallen ist, am Kap gesichtet worden. Allerhöchste Eisenbahn, dass auch ein Bundesligaverein vorbeischaute. Aber wie konnte man verhindern, dass es Bayern München sein würde - was zu befürchten war, weil südafrikanische Funktionäre und Fans in der Regel nur den FC Hollywood kennen? Natürlich musste es mein Dreamteam sein, die Borussia aus Dortmund. Ein paar Tage später telefonierte ich mit Freddie Röckenhaus, dem leidenschaftlichsten BVB-Fan, den man sich vorstellen kann.

Als Sportreporter hatte er vorzügliche Kontakte zu unserem Verein. Freddie war sofort angetan von der Idee und wollte bei nächster Gelegenheit mit BVB-Manager Michael Meier darüber reden. Ich fuhr meinerseits hinaus nach Soweto, in die Soccer City am FNB-Stadion, wo die South African Football Association (SAFA) residiert, der südafrikanische DFB sozusagen. Ich hatte eine Verabredung mit dem Präsidenten des Verbands. Wenn man ihn für die Sache gewinnen könnte, wäre das schon die halbe Miete. Dachte ich.Ich musste nur eine Dreiviertelstunde im Vorzimmer warten, dann empfing mich ein hochgewachsener, silberhaariger jovialer Herr im schwarzen Maßanzug: Solomon Morewa, genannt Stix, der mächtigste Fußballfunktionär des Landes.

Er hatte mit Nelson Mandela auf der Kerkerinsel Robben Island gesessen, ein verdienter Freiheitskämpfer des African National Congress (ANC). Aber nach der Wende wusste seine Partei nicht so recht, welche Aufgabe er übernehmen sollte. Für einen Ministerposten war er offenbar ungeeignet, also beschloss man: "Der Stix übernimmt den Fußballverband." So geht jedenfalls die Fama. Wir plauderten über dieses und jenes, AC Milan, Bafana Bafana, Favoriten für die nationale Meisterschaft, dann trug ich mein Ansinnen vor. Morewa schaute kurz seinen Sekretär an, dann kritzelte er eine Notiz in seine Agenda und sagte: "Good idea, let`s go for it." Er hätte natürlich lieber die Bayern gehabt, meinte er trocken. "But Borussia is welcome. Anytime." Die richtige Borussia - er kannte selbstverständlich den Unterschied zwischen Mönchengladbach und Dortmund.