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Das Messias-Gen - Roman

James Rollins

 

Verlag Blanvalet, 2010

ISBN 9783641041656 , 576 Seiten

Format ePUB

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9,99 EUR

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VORBEMERKUNG ZUM HISTORISCHEN HINTERGRUND

Nun aber werden uns die größten der Güter durch Wahnsinn zuteil, freilich nur einen Wahnsinn, der durch göttliche Gabe gegeben ist.
Sokrates über das Orakel von Delphi

DIE ALTEN GRIECHEN mit ihrem Götterpantheon glaubten fest an die Gabe der Weissagung. Sie verehrten diejenigen, welche die Vorzeichen aus den Eingeweiden von Ziegen zu deuten verstanden, die Zukunft anhand des von einem Opferfeuer aufsteigenden Rauchs oder mithilfe geworfener Knochen vorauszusagen vermochten. Ein Mensch aber genoss bei ihnen die höchste Wertschätzung: das geheimnisvolle Orakel von Delphi.
Fast zweitausend Jahre lang residierte im Apollotempel an den Hängen des Parnass eine Abfolge streng bewachter Frauen. In jeder Generation bestieg eine Frau den Weissagungsthron und nahm den Namen Pythia an. Mittels eingeatmeter Dämpfe versetzte sie sich in Trance und beantwortete Fragen zur Zukunft - alltägliche wie philosophische.
Zu ihren Bewunderern zählten auch bedeutende Gestalten der griechischen und römischen Geschichte: Platon, Sophokles, Aristoteles, Plutarch und Ovid. Auch die Frühchristen verehrten sie. Michelangelo räumte ihr an der Decke der Sixtinischen Kapelle einen hervorstechenden Platz als Verkünderin des Kommens Christi ein.
Aber war sie vielleicht nur ein Scharlatan, der die Besucher mit kryptischen Antworten täuschte? Wie dem auch sei, eine Tatsache lässt sich nicht bestreiten. Von Königen und Eroberern in der ganzen Welt verehrt, veränderten Pythias Prophezeiungen den Lauf der Geschichte.
Während ihr Wirken nach wie vor geheimnisumwoben ist und weitgehend der Mythologie zugerechnet werden kann, so gibt es doch eine neue Erkenntnis zu vermelden. Im Jahr 2001 entdeckten Archäologen und Geologen unter dem Parnass eine merkwürdige Anordnung tektonischer Platten, durch die Kohlenwasserstoffgase abgeleitet wurden, darunter auch Ethylen, das tranceartige euphorische Zustände und Halluzinationen hervorrufen kann, wie sie in den historischen Schriften beschrieben sind.
Somit hat die Wissenschaft eines von Pythias Geheimnissen gelüftet, doch auf die eigentliche Frage gibt es noch immer keine Antwort: Vermochte das Orakel die Zukunft vorherzusagen? Oder handelte es sich lediglich um einen Zustand göttlichen Wahnsinns?

Erkenne dich selbst,
dann erkennst du den Kosmos und die Götter.

Inschrift am Tempel zu Delphi

398 n. Chr.
Parnass
Griechenland

SIE WAREN GEKOMMEN, um sie zu töten.
Die Frau stand im Säulenvorbau des Tempels. Sie fröstelte in ihrem dünnen Gewand aus weißem Leinen, das sie an der Hüfte gegürtet hatte, doch es war nicht die Kälte des Morgengrauens, die ihr bis ins Mark drang.
Eine mit Fackeln ausgerüstete Kolonne strömte wie ein Feuerfluss die Hänge des Parnass hoch. Sie folgte dem gepflasterten heiligen Pfad, der sich in Serpentinen zum Apollotempel emporwand. Das Trommeln der Schwerter auf den Schilden tönte herauf; eine römische Kohorte, fünfhundert Mann stark. Der Weg schlängelte sich zwischen verfallenen Monumenten und längst geplünderten Schatzkammern hindurch. Alles Brennbare war in Brand gesetzt worden.
Die über die Ruinen tanzenden Flammen schufen die schimmernde Illusion besserer Zeiten und ließen die alte Pracht scheinbar wieder aufleben: von Gold und Geschmeide überquellende Schatzkammern, zahllose, von den besten Bildhauern geschaffene Statuen, wogende Menschenmassen, die sich versammelt hatten, um die Prophezeiungen des Orakels zu vernehmen.
Das aber war Vergangenheit.
Im Laufe der vergangenen hundert Jahre war Delphi von Galliern erobert und von Thrakern geplündert worden. Vor allem aber war es vernachlässigt worden. Nur noch wenige wandten sich hilfesuchend an das Orakel, etwa ein Ziegenhirt, der an der Treue seiner Ehefrau zweifelte, oder ein Seemann, der nach einem guten Omen für die Fahrt über den Golf von Korinth verlangte.
Dies war das Ende der Geschichte, das Ende des Orakels von Delphi. Nachdem sie dreißig Jahre lang gewahrsagt hatte, würde sie die letzte Trägerin des Namens Pythia sein.
Das letzte Orakel von Delphi.
Diese Bürde aber brachte eine letzte Herausforderung mit sich.
Pythia wandte sich nach Osten, wo bereits der Morgen dämmerte.
Ach, die rosarote Eos, Göttin der Morgendämmerung, würde Apollo drängen, die vier Pferde seiner Sonnenkutsche zu zäumen.
Eine von Pythias Schwestern, eine junge Novizin, trat hinter ihr aus dem Tempel hervor. »Herrin, komm mit uns«, flehte die junge Frau. »Es ist noch nicht zu spät. Wir können uns noch immer mit den anderen zusammen in die hoch gelegenen Höhlen flüchten.«
Pythia legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. Im Laufe der Nacht hatten sich die anderen Frauen über die zerklüfteten Berghöhen in die Dionysoshöhlen zurückgezogen, die ihnen Schutz bieten würden. Pythia aber hatte noch eine letzte Aufgabe zu erfüllen.
»Herrin, es bleibt keine Zeit mehr für die letzte Prophezeiung.«
»Ich muss es tun.«
»Dann tu es jetzt. Ehe es zu spät ist.« Pythia wandte sich ab. »Wir müssen warten, bis der siebte Tag anbricht. So haben wir es immer gehalten.«
Als die Sonne am Abend zuvor untergegangen war, hatte
Pythia mit den Vorbereitungen begonnen. Sie hatte in der kastilischen Quelle gebadet, hatte von der Kassotisquelle getrunken und auf dem schwarzen Marmoraltar des Tempels Lorbeerblätter verbrannt. Sie hatte das Ritual peinlich genau befolgt, so wie die erste Pythia vor Tausenden von Jahren.
Diesmal aber war das Orakel bei seinem Reinigungsritual nicht allein gewesen.
Ein Mädchen von kaum zwölf Jahren hatte ihm Gesellschaft geleistet.
Ein solch kleines Geschöpf von seltsamem Gebaren.
Das Kind hatte nackt im Quellwasser gestanden, während die ältere Frau es gewaschen und gesalbt hatte. Es hatte kein Wort gesprochen, sondern lediglich den Arm ausgestreckt und die Hand geöffnet und geschlossen, als ob es nach etwas greifen wollte, das es allein sehen konnte. Welcher Gott hatte das Kind bestraft und es gleichzeitig gesegnet? Bestimmt nicht Apollo. Was es vor dreißig Tagen gesagt hatte, konnte jedoch nur von den Göttern stammen. Seine Worte hatten sich verbreitet und das Feuer entfacht, das nun auf Delphi zuwanderte.
Ach, hätte man das Kind doch nicht hierhergebracht.
Pythia hatte sich damit abgefunden, dass Delphi allmählich in Vergessenheit geriet. Sie erinnerte sich an den unheilkündenden Ausspruch einer ihrer Vorgängerinnen, die bereits seit mehreren Hundert Jahren tot war.
Kaiser Augustus hatte ihre verstorbene Schwester gefragt: »Weshalb ist das Orakel verstummt?«
Und sie hatte geantwortet: »Ein Hebräerjunge, ein Gott, der unter den Seligen herrscht, gebietet mir, dies Haus zu verlassen ...«
Diese Prophezeiung hatte sich erfüllt. Der erstarkende Christuskult hatte das Reich zerstört und alle Hoffnung auf eine Wiederherstellung der alten Bräuche zunichtegemacht.