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Brennende Sehnsucht - Roman

Celeste Bradley

 

Verlag Blanvalet, 2010

ISBN 9783641042295 , 400 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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5,99 EUR


 

Erstes Kapitel


England, 1815
Wahrscheinlich bedeutete es nichts Gutes, aber als Miss Phoebe Millbury, die wohlerzogene Tochter eines Vikars, dem Mann ihrer Träume begegnete, war das erste Körperteil, in das sie sich verliebte, sein Hintern.
Bis zu jenem Moment war der luxuriöse Ballsaal voller bunt gekleideter Tänzer ein Traum, allerdings kein ausgesprochen schöner. Phoebe bewegte sich durch die fremde Umgebung ihres ersten Gesellschaftsballs, als berührten ihre Füße kaum den Boden, so unwirklich wie ein Geist und ebenso unbemerkt. Was hatte sie in dieser glitzernden Welt der oberen Tausend zu suchen?
Geh nach London und angle dir einen Herzog, hatte der Vikar zu ihr gesagt. Erfülle den letzten Wunsch deiner sterbenden Mutter.
Als wäre das so einfach.
Und pass auf, dass es nicht wieder passiert. Oh, der Vikar hatte es nicht laut ausgesprochen, aber sie hatte es dennoch klar und deutlich in seinen Augen lesen können. Sie musste jederzeit den Anstand wahren, sich fügen und vernünftig und bescheiden sein, wie sie es jetzt schon seit vielen Jahren war. Niemals wieder durfte sie jenen unglückseligen Pfad einschlagen.
Was ihr nicht gerade viele Möglichkeiten ließ, die Aufmerksamkeit des vorher genannten Herzogs zu gewinnen. Ihre Kleider waren gut genug für ein Landei, das seine Runde unter den Kranken und Alten des Dorfes machte, oder auch für einen Tanz im örtlichen Bürgerhaus – nicht dass sie es jemals gewagt hätte, unter dem wachsamen Blick des Vikars zu tanzen -, aber sie konnten es nicht mit der kostbaren Londoner Mode aufnehmen, die von fast jeder anderen Dame im Raum getragen wurde.
Außerdem war sie keine schlanke Schönheit wie ihre Cousine Deirdre oder selbst ihre verwitwete Tante Tessa. Sie hatte es bisher noch nie nötig gehabt, sich um ihr Aussehen zu kümmern, erinnerte sie sich, dabei hatte sie in dieser Hinsicht viel mehr Glück als andere. Sie warf einen raschen Blick auf die andere Seite des Ballsaals, wo ihre andere Cousine, die unscheinbare Miss Sophie Blake, gerade auf einem jener Stühle Platz nahm, die inoffiziell für jene jungen Frauen reserviert waren, die niemals tanzen würden.
Angle dir einen Herzog. Damit würde ein Traum wahr werden – was nicht einer gewissen Ironie entbehrte, denn es war hauptsächlich dem Vikar zu verdanken, dass Phoebe solch unrealistischen Träumereien nicht länger nachhing.
Oh, einst war sie eine Anhängerin solcher Träume gewesen. Mit fünfzehn war sie eine echte Romantikerin, eine Träumerin ersten Ranges.
Einen gut aussehenden Tanzlehrer später war sie für alle Zeiten geheilt. Da sie offensichtlich nicht in der Lage war, Traum und Wirklichkeit voneinander zu unterscheiden, nicht einmal das Richtige vom Falschen unterscheiden konnte, blieb ihr, um wirklich sicherzugehen, nichts anderes übrig, als sich ganz genau an die Regeln zu halten. Man konnte sich auf die Regeln verlassen, mehr jedenfalls als darauf, was die Leute sagten.
Oder was man selbst fühlte.
Phoebe seufzte. Sophie schien es nichts auszumachen, sitzen zu bleiben, während die Musik spielte, aber Phoebe würde doch lieber irgendwann mit jemandem tanzen. Er musste gar nicht gut aussehen, musste auch keinen Adelstitel haben, solange er nur vor nicht allzu langer Zeit gebadet hatte und ihr nicht auf die Zehen trat.
In diesem Moment fiel ihr Blick auf jene festen, männlichen Pobacken, die ihre Langeweile durchstachen wie eine Nadel eine Seifenblase.
Der Rest von ihm war auch nicht übel. Während sie die breiten Schultern und das dunkle, wellige Haar des Mannes betrachtete, der ihr beim Tanzen den Rücken und seine himmlische Kehrseite zuwandte, fuhr sich Phoebe mit der Zungenspitze über die Lippen und ermahnte sich selbst, dass sie nicht mehr diese Sorte Frau war. Sie würde nie wieder sündigen.
Oh, bitte, doch!
Nein, nie wieder.
Bitte, bitte, bitte.
Es war zweifelsohne der schönste Hintern, den sie jemals gesehen hatte. Er steckte in eng anliegenden schwarzen Hosen, und die Schöße seines Fracks fielen gerade so über die gut ausgebildeten...
Der Herr verlagerte sein Gewicht von einem Bein auf das andere, und Phoebe fielen schier die Augen aus dem Kopf.
Köstlich.
Sie ließ ihren Blick bis ganz nach unten wandern und dann ganz langsam wieder hinauf, Zentimeter für Zentimeter. Er war schön. Als hätte jemand das Ideal jeder Frau von breiten Schultern und langen, muskulösen Beinen genommen und dann den Mann dazu bestellt, der das alles erfüllte.
Er drehte den Kopf.
Sein schneeweißes Halstuch betonte ein wahrhaft anbetungswürdiges Kinn, das wiederum von hohen Wangenknochen und einer Stirn ergänzt wurde, für die selbst Adonis sich nicht geschämt hätte. Dunkles Haar kräuselte sich an seinen Schläfen und über seinem Kragen, ein kleines bisschen zu lang und ein wenig zu wild, als wäre er trotz seiner edlen Kleidung doch nicht gänzlich gezähmt.
Ich mag sie nicht gänzlich gezähmt.
Endlich drehte er im Tanz seinen ganzen Körper. Sein Lächeln blitzte. Seine schneidige Verbeugung zum Abschluss der Schrittfolge verriet Phoebe, dass sein Bauch so flach war wie die Brust ihrer Cousine Sophie und sein Brustkorb breit und muskulös.
Außerdem passte ihm seine Hose vorne noch besser.
Heiß schoss das Blut durch Phoebes Adern. Vorsichtig schaute sie sich um, denn sie wollte nicht, dass ihre Cousinen oder ihre Anstandsdame sie dabei ertappten, wie sie sich derart danebenbenahm. Sie war erst seit einer Woche in London, und bisher war ihr noch niemand auf die Schliche gekommen, nicht einmal bei ihrer nervenaufreibenden Präsentation bei Hofe.
Nein. Deirdre, ihre elegante und topmodische Cousine, war von ihrem üblichen Schwarm von Verehrern umgeben und sah nicht so aus, als hätte sie auch nur das geringste Maß an Aufmerksamkeit für sie übrig. Sophie, ihre bedauernswert groß gewachsene und ungeschickte Cousine, gab sich auf der anderen Seite des Ballsaals größte Mühe, sich in der Menge zu verstecken, und war mit diesem unmöglichen Unterfangen so sehr beschäftigt, dass sie nicht einmal in Phoebes Richtung schaute.
Tante Tessa, die nicht sehr daran interessiert war, die Anstandsdame für sie zu geben – nicht einmal für ihre Stieftochter Deirdre -, ging vollkommen darin auf, den neuesten Klatsch und Tratsch mit ihrer gleichermaßen modischen Clique von gelangweilten Ehefrauen der guten Gesellschaft auszutauschen. Phoebe war in Sicherheit.
Dann lachte der Mann vor ihr. Sein tiefes Glucksen rollte wie Donnergrollen durch ihren Körper, verursachte ein Zittern in Regionen, die besser unausgesprochen blieben, und brachte jede Menge Alarmglocken in ihrem Innern zum Läuten. Sie wusste, was dieses Gefühl bedeutete!
Oh Himmel.
Sie war an einem Mann interessiert. Zum ersten Mal, seit sie sich vor zehn Jahren in ihren Tanzlehrer verliebt hatte, war sie wieder auf diese Weise an einem Mann interessiert.
Damals war die Geschichte ganz und gar nicht gut ausgegangen.
 
Lord Raphael Marbrook, der seinen Titel purer Höflichkeit verdankte und nicht dem Geburtsrecht, war es bis zum jetzigen Zeitpunkt an diesem Abend gelungen, sich ohne Zwischenfall unter die Menge der Ballbesucher zu mischen. Er war geschickt einigen von ihm gehörnten Ehemännern aus dem Weg gegangen, hatte dreimal ein Zusammentreffen mit kartenspielenden Lords vermieden, die darauf aus waren, sich ihre Verluste zurückzuholen, ja, es war ihm sogar gelungen, an seiner ehemaligen – verheirateten – Geliebten vorbeizutanzen, ohne dass sie seine Nähe bemerkt hätte.
Noch eine Stunde, dann würde er sich entschuldigen. Nicht einmal sein Halbbruder Calder könnte sich dann noch darüber beschweren, dass er seiner Pflicht als Familienangehöriger nicht nachkäme. Allein die Drohung, dass er sonst die noch langweiligere Parade der Jungfrauen bei Almack’s über sich hätte ergehen lassen müssen, hatte Rafe dazu gebracht, überhaupt hierherzukommen.
»Wenn ich schon meine Zeit mit der Suche nach einer Ehefrau vertun muss, dann musst du mich begleiten«, hatte Calder bestimmt. Sein Tonfall hatte schwere Konsequenzen für den Fall angedroht, dass Rafe sich sträuben könnte. Es würde Calders zweite Frau werden, denn er hatte seine erste nur wenige Jahre nach der Hochzeit verloren.
Es war besonders ungerecht, da Rafe unter keinen Umständen für sich selbst eine erste Frau unter diesen aufrechten und respektablen Mitgliedern der Gesellschaft finden könnte. Doch er wollte möglichst den dunklen und brütenden Zorn des Marquis von Brookhaven vermeiden.
Rafe hatte keine Angst vor seinem Bruder – sie waren etwa gleich alt und gleich groß, und keiner von ihnen war je als eindeutiger Sieger aus ihren brüderlichen Raufereien hervorgegangen -, aber er wollte Calder einen Plan hinsichtlich einiger Verbesserungen bezüglich der Brookhaven’schen Ländereien unterbreiten, und es wäre der Sache nicht gerade dienlich, wenn er ihn vorher provozierte. Nur Calder konnte die Veränderungen in Gang setzen, denn Rafe hatte keine Macht über das Erbe ihres Vaters. Er war nicht der richtige Sohn.
Die Ironie bei der ganzen Sache war jedoch, dass Calder sich keinen Deut um Brookhaven scherte. Oh, ja, er tat...