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Dialoge über die natürliche Religion

David Hume

 

Verlag Jazzybee Verlag, 2012

ISBN 9783849626143 , 136 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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0,99 EUR


 

 


Es scheint mir befremdlich, sagte Cleanthes, daß Ihr, Demea, der Ihr der Sache der Religion so aufrichtig ergeben seid, dennoch an der geheimnisvollen und unbegreiflichen Natur der Gottheit festhaltet und so ernsthaft darauf besteht, daß er in keiner Weise menschlichen Geschöpfen gleich oder ähnlich ist. Die Gottheit, wie ich gern zugebe, besitzt viele Kräfte und Eigenschaften, von denen wir keinen Begriff haben. Wenn aber unsere Vorstellungen, so weit sie denn reichen, nacht richtig und seiner wirklichen Natur völlig entsprechend sind, dann weiß ich nicht, was an diesem Gegenstande überhaupt unseres Interesses noch wert ist. Ist der Name, ohne alle Bedeutung, von so gewaltiger Wichtigkeit? Oder wie unterscheidet Ihr Mystiker, die Ihr die absolute Unbegreiflichkeit der Gottheit behauptet, Euch von Skeptikern oder Atheisten, welche versichern, daß die erste Ursache aller Dinge unbekannt und unerkennbar ist? Ihre Leichtfertigkeit muß sehr groß sein, wenn sie nach Verwerfung der Schöpfung durch einen Geist, ich meine einen dem menschlichen ähnlichen Geist (denn ich kenne keinen andern), mit Sicherheit eine andere besonders geartete begreifliche Ursache glauben anzeigen zu können; und ihr Gewissen muß wirklich sehr zart sein, wenn sie sich weigern, die allgemeine unbekannte Ursache Gott oder Gottheit zu nennen und ihr so viele erhabene Lobpreisungen und sinnleere Epitheta zu geben, als Ihr von ihnen verlangen mögt.

 

Wer hätte glauben sollen, erwiderte Demea, daß Cleanthes, der ruhige, philosophische Cleanthes, seine Gegner durch Beilegung eines Spitznamens zu widerlegen versuchen und gleich den gemeinen Zeloten und Ketzerriechern des Zeitalters zu Schmähung und Deklamation statt zu Gründen seine Zuflucht nehmen würde? Oder sieht er nicht, daß diese Gemeinplätze sich leicht zurückgeben lassen, und daß Anthropomorphist eine ebenso gehässige Bezeichnung ist und ebenso gefährliche Folgen einschließt, als der Name Mystiker, womit er uns beehrt hat? In Wahrheit, Cleanthes, bedenkt, was Ihr sagt, wenn Ihr die Gottheit als menschlichem Geist und Verstand ähnlich darstellt. Was ist die Seele des Menschen? Eine Zusammensetzung von verschiedenen Fähigkeiten, Gemütsbewegungen, Empfindungen, Vorstellungen, die freilich zu einem Selbst oder einer Person verbunden, aber doch voneinander unterschieden sind. Wenn sie folgert, fügen sich die Vorstellungen, welche die Teile des Schließens sind, in eine gewisse Form oder Ordnung, die jedoch nicht einen Augenblick sich völlig gleich bleibt, sondern unmittelbar einer andern Ordnung weicht. Neue Meinungen, neue Gemütsbewegungen, neue Empfindungen, neue Gefühle entstehen, die fortdauernd die geistige Szenerie verändern und in ihr die größte Mannigfaltigkeit und die schnellste Aufeinanderfolge hervorbringen, die eingebildet werden kann. Wie ist das vereinbar mit der vollkommenen Unveränderlichkeit und Einfachheit, welche alle wahren Schriften der Gottheit beilegen? Durch einen und denselben Akt sieht er, sagen sie. Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges, seine Liebe und sein Haß, seine Gnade und seine Gerechtigkeit sind eine einzige Handlung; er ist ganz in jedem Punkt des Raumes und ganz in jedem Augenblick der Zeit. Keine Folge, kein Wechsel, keine Zunahme, keine Abnahme. Was er ist, schließt nicht einen Schatten von Unterscheidung und Anderssein ein. Und was er in diesem Augenblick ist, war er stets und wird er immer sein, ohne eine neue Beurteilung, Empfindung, Handlung; er verharrt in einem einfachen vollkommenen Zustande und man kann nicht eigentlich von ihm sagen, daß dieser eine Akt seines Wesens verschieden ist von diesem andern, oder daß dies Urteil oder diese Vorstellung eben gebildet worden ist und in einer Aufeinanderfolge einem andern Urteil oder Vorstellen Platz machen wird.

 

Ich gebe gerne zu, sagte Cleanthes, daß diejenigen, welche die vollkommene Einfachheit des höchsten Wesens, in dem von Euch bezeichneten Umfang behaupten, vollständige Mystiker sind und alle die Folgen tragen müssen, die ich aus ihrer Meinung gezogen habe. Sie sind mit einem Worte Atheisten ohne es zu wissen. Denn wenn auch zuzugestehen ist, daß die Gottheit Eigenschaften hat, von denen wir keinen Begriff haben, so dürfen wir ihr doch niemals Eigenschaften beilegen, die völlig unvereinbar sind mit der Natur eines denkenden Wesens, die ihm wesentlich ist. Ein Geist, dessen Akte und Empfindungen und Vorstellungen nicht unterschieden und aufeinanderfolgend sind, der völlig einfach, völlig unveränderlich ist, ist ein Geist, der kein Denken, keine Vernunft, keinen Willen, kein Gefühl, keine Liebe, keinen Haß hat, mit einem Worte, ist überhaupt kein Geist. Es ist ein Mißbrauch der Worte, ihm diesen Namen zu geben, und wir können ebensogut von einer begrenzten Ausdehnung ohne Gestalt oder von einer Zahl ohne Zusammengesetztheit reden.

 

Ich bitte Euch, sagte Philo, seht zu, gegen wen Ihr diese Angriffe schleudert. Mit dem Namen eines Atheisten beehrt Ihr alle nicht angekränkelten rechtgläubigen Geistlichen, die über diesen Gegenstand gehandelt haben, und schließlich werdet Ihr nach Eurer Rechnung als der einzige rechtgläubige Theist in der Welt erfunden werden. Wenn aber Götzendiener, und ich denke mit Recht, als Atheisten bezeichnet werden und christliche Theologen ebenso, was wird dann aus dem vielberufenen Beweis, den man aus der allgemeinen Übereinstimmung aller Menschen entnimmt?

 

Doch ich weiß, Namen und Autoritäten haben nicht viel Einfluß bei Euch; ich will daher versuchen, die Unzuträglichkeiten des Anthropomorphismus, welchen Ihr angenommen habt, etwas genauer darzulegen, und zu beweisen, daß kein Grund zu der Annahme ist, es sei ein Plan der Welt, aus unterschiedenen und verschiedentlich angeordneten Vorstellungen bestehend, in dem göttlichen Geiste gebildet worden, in gleicher Weise als ein Baumeister in seinem Kopfe den Plan eines Hauses, welches er zu erbauen beabsichtigt, bildet.

 

Ich gestehe, es ist nicht leicht einzusehen, was durch jene Voraussetzung gewonnen wird, wir mögen über den Gegenstand durch reine Vernunft oder durch Erfahrung urteilen. Wir finden uns genötigt, noch höher zu steigen, um eine Ursache dieser Ursache zu suchen, welche Ihr als genügende und abschließende anführt.

 

Wenn Vernunft (ich meine abstrakte Vernunft, die bloß a priori argumentiert) nicht gegenüber allen Fragen über Ursache und Wirkung gleich stumm ist, so dürfte sie wenigstens dieses Urteil abzugeben wegen, daß eine geistige Welt oder ein Universum von Vorstellungen so gut eine Ursache verlangt, als eine materielle Welt oder ein Universum von Dingen, und zwar eine ähnliche Ursache, wenn sie eine ähnliche Anordnung hat. Denn was ist in dieser Sache, das zu einem verschiedenen Schluß veranlassen sollte? In abstrakter Betrachtung sind sie völlig gleich, und keine Schwierigkeit trifft die eine Annahme, welche nicht beiden gemein wäre.

 

Ferner, wenn wir die Erfahrung nötigen, auch in dieser Sache, welche außer ihrem Bereich liegt, ein Urteil abzugeben, so kann sie, was diesen Punkt anlangt, keinen inhaltlichen Unterschied zwischen diesen beiden Arten von Welten entdecken, sondern findet sie beherrscht von ähnlichen Prinzipien und abhängig von einer gleichen Mannigfaltigkeit von Ursachen in ihren Wirkungen. Wir haben Beispiele in verkleinertem Maßstabe von beiden. Unser eigener Geist entspricht der einen; ein pflanzlicher oder tierischer Körper der andern. Möge daher die Erfahrung nach diesen Mustern urteilen. Nichts scheint empfindlicher mit Beziehung auf seine Ursachen als das Denken, und da diese Ursachen in zwei Personen niemals in derselben Weise wirken, so finden wir niemals zwei Personen, die völlig gleich denken. Noch denkt dieselbe Person genau gleich in zwei verschiedenen Zeiträumen. Ein Unterschied des Alters, des körperlichen Zustandes, des Wetters, der Nahrung, der Gesellschaft, der Leidenschaften, irgendeiner dieser Umstände oder andere noch kleinere sind ausreichend, die wunderbare Maschinerie des Denkens zu ändern und ihr sehr verschiedene Bewegungen und Wirkungen zu erteilen. So weit wir urteilen können, sind Pflanzen oder Tiere nicht empfindlicher in ihren Bewegungen und hängen nicht von einer größeren Mannigfaltigkeit oder einer wunderbareren Zusammenstimmung von Ursachen und Prinzipien ab.

 

Wie sollen wir daher mit Bezug auf die Ursache des Wesens, das nach Eurer Annahme Urheber der Natur ist, oder, nach Eurem System des Anthropomorphismus, mit Bezug auf die Welt der Vorstellung, auf welche ihr diese materielle zurückführt, uns genügen? Haben wir nicht denselben Grund, diese Welt der Vorstellung auf eine andere Welt der Vorstellung, auf ein neues denkendes Prinzip zurückzuführen? Oder wenn wir hier einhalten und nicht weiter gehen, warum so weit gehen? Warum nicht bei der materiellen Welt stehen bleiben? Wie können wir uns selbst genügen, ohne in infinitum fortzugehen? Und dann, welches Genüge ist in diesem unendlichen Fortgang? Erinnern wir uns der Geschichte des indischen Philosophen und seines Elefanten. Sie ist nirgend mehr anwendbar, als auf den vorliegenden Fall. Wenn die materielle Welt auf einer ähnlichen Welt der Vorstellung beruht, so muß diese Welt der Vorstellung wieder auf einer andern beruhen, und so ohne Ende. Es wäre deshalb besser, über diese materielle Welt überhaupt nicht hinauszusehen. Nehmen wir an, sie enthält das Prinzip ihrer Ordnung in...