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Gewalt - Bedrohung - Krieg: Georg Friedrich Händels Judas Maccabaeus - Interdisziplinäre Studien

Dominik Höink, Jürgen Heidrich

 

Verlag Vandenhoeck & Ruprecht Unipress, 2010

ISBN 9783862341023 , 242 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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65,00 EUR


 

"»Ein musikalisches Gedicht« und »Heldenlied« – Die deutschen ˜bersetzungen und Bearbeitungen des Librettos, 1772 –1939 (S. 149-150)

Sarah Grossert und Rebekka Sandmeier

I. Einführung

Nach dem erstenWeltkrieg wurde Judas Maccabaeus Gegenstand der politischen Vereinnahmung durch verschiedenste weltanschauliche Bewegungen,1 diente aber stets der Glorifizierung der jeweiligen eigenen Idee. Es entstanden zahlreiche – teils von Kulturministerien in Auftrag gegebene – Bearbeitungen, deren Eingriffe in eine der Händel’schen Fassungen von leichten Textänderungen, wie dem Verzicht auf bestimmte Namen und Orte, über Änderungen einzelner musikalischer Aspekte, etwa der Besetzung oder der ›Romantisierung‹ der Artikulation, bis hin zum Austausch des gesamten Sujets, verbunden mit einer vollständigen Neudichtung des Textes, reichen. Die bekannteste (und die wohl am häufigsten aufgeführte) Bearbeitung von Händels Judas Maccabaeus im Kontext politischer Vereinnahmung nach 1900 ist die Bearbeitung Hermann Stephanis Der Feldherr aus dem Jahr 1939.

Schon die Entstehung des Judas Maccabaeus ist eng mit den politischen Ereignissen in England Mitte des 18. Jahrhunderts verwoben.2 Und bald nach der ersten Aufführung des Judas Maccabaeus mit dem deutschem Text von Johann Joachim Eschenburg im Jahr 1772 wird das Oratorium auch in Deutschland im Kontext der nationalen Bewegung gesehen und bei politischen Anlässen gespielt. 3 Nach der Revolution 1848 fertigte Georg Gottfried Gervinus, der selbst politisch in der nationalen Bewegung aktiv war, eine neue Übersetzung an. Auf der Basis dieser Übersetzungen entstanden dann im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert zahlreiche Bearbeitungen des Librettos.

Ausgehend von den Bearbeitungen Stephanis ist die Frage thematisiert, welche Aspekte des Textes in den deutschen Übersetzungen und Bearbeitungen in welcher Form verändert werden, um eine nationale und später nationalsozialistische Deutung der Handlung zu erreichen. Zudem wird untersucht, ob die extremen Bearbeitungen während des Nationalsozialismus möglicherweise durch Veränderungen, die das Textbuch im 19. Jahrhundert erfuhr, vorbereitet oder überhaupt erst möglich wurden.

II. ˜bersetzungen von Johann Joachim Eschenburg und Georg Gottfried Gervinus

Im Jahr 1774 veröffentlicht Johann Joachim Eschenburg im Taschenbuch für Dichter und Dichterfreunde unter dem Titel »Judas Makkabäus / ein musikalisches Gedicht. / Nach Händelischer Musik«5 die deutsche Übersetzung des Librettos zu Georg Friedrich Händels Oratorium Judas Maccabaeus von 1746. Ein unbekannter Rezensent in der Auserlesenen Bibliothek schreibt dazu, Eschenburg »habe dem englischen Texte deutsche Worte mit solchem Geschmack unterleget, daß man es für ein deutsches Original halten würde, wenn nicht Händels Composition allenthalben bekant [sic!] wäre.«6 Als englische Vorlage diente Eschenburg vermutlich die erste vollständige Partiturausgabe des Werkes7 aus dem Jahr 1769 oder ein Textbuch, das dieser Ausgabe folgt."