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Was kostet die Welt - Roman

Thorsten Nagelschmidt

 

Verlag Heyne, 2010

ISBN 9783641050276 , 320 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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4,99 EUR

  • Das Zeichen des Sieges
    Susannah - Roman
    Verblendung - Roman
    Vergebung - Roman
    Verdammnis - Roman
    Weltenträumer - Roman
    Die Geisha - Roman

     

     

 

 

14 (S. 168-169)

Das Schnattern der Turmfalken ist ein monotones, schimpfendes Geräusch, wie ein hochgepitchtes Quietscheentchen, in einer Tonlage, von der man sich wünscht, dass nur Hunde sie hören könnten. Ich habe dieses Gepiepe noch nie gehört. Dass es Turmfalken sind, weiß ich auch nur, weil Flo gesagt hat, dass am Nachbarhaus abends welche sitzen. Es gibt hier auch jede Menge Fledermäuse. Nachts sieht man sie angeblich über den Hof jagen und Mücken fangen. Wo sie tagsüber von der Decke hängen, wusste Flo auch nicht. »Gute Frage«, hat er gesagt, und ich habe mich gefreut, wie ich mich immer freue, wenn andere auch mal etwas nicht wissen. Besonders wenn es sich um Schlauberger wie Flo handelt. Ich beuge mich übers Balkongeländer, kann die Vögel aber nirgendwo entdecken. »Was suchst du denn?«

Ich zucke zusammen wie ein Schuljunge, der wichsend vorm Schlüsselloch der Mädchenumkleide erwischt wurde. Judith steht im Hof. Mit der rechten Hand schirmt sie ihre Augen vor der Sonne ab, die schon ziemlich tief am Himmel steht. »Ach, nichts. Ich guck nur, wo die Vögel sitzen.« Judith zeigt auf das Dach des Nachbarhauses. Ich verfolge die Linie ihres Fingers, sage »Ah, ja!«, obwohl ich die Viecher immer noch nicht entdecken kann, und drehe mich wieder zu ihr um. »Und du so?« »Ich war spazieren. Ist noch so schön draußen.« Sie trägt Flipflops, einen kurzen schwarzen Rock und ein tailliertes grünes Oberteil.

Es sind die ersten halbwegs figurbetonenden Kleidungsstücke, die ich an ihr sehe. Ihre dunklen Haare hat sie zu einem kurzen Zopf zusammengebunden. Auf der Nase sitzt eine runde Sonnenbrille. Von hier oben sieht sie gar nicht mal schlecht aus. »Da hast du Recht«, sage ich. »Und, hast du noch was vor?« »Nee, was soll ich vorhaben«, sagt sie. »Ja, weiß ich ja nicht.« »Nee, nichts geplant. Der Flo ist mit seiner Mutter weg.« »Ich weiß, hab ihn heute beim Frühstück noch gesehen.« »Ach so.« Ich überlege, was ich als Nächstes sagen könnte. Dann gebe ich mir einen Ruck. »Also, ich weiß zwar nicht, ob ich dich damit locken kann, aber ich hab noch’ne Flasche Wein im Kühlschrank. Wenn du Lust hast, komm hoch und leiste mir Gesellschaft.«

»O toll, Wein! Hurra!«, lacht Judith. Ich lache auch. »Und außerdem gibt es von hier oben gleich einen top Sonnenuntergang zu sehen.« Das ist so ziemlich der lahmste Spruch, den ich jemals einer Frau gegenüber geäußert habe. Mein Hirn ist so ausgedörrt, dass mir einfach nichts Besseres einfällt. Sie überlegt, sieht sich kurz um, als wären ihr irgendwelche Verfolger auf den Fersen, und sagt dann: »Okay. Ich geh nur kurz ins Haus und hol mir einen Pullover.«