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Perry Rhodan 2593: Das PARALOX-ARSENAL - Perry Rhodan-Zyklus 'Stardust'

Leo Lukas

 

Verlag Perry Rhodan digital, 2011

ISBN 9783845325927 , 64 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

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1,99 EUR


 

2.


Gipfelsieg

 

Geschafft. Der Zugang zur Kaverne, zur Kruste des Zeitkorns.

Vorsichtig steckte Tiff den Kopf durch den Eingang. Ruhiges Land lag vor ihm, und es entsprach seinen Erwartungen.

Er blieb am Zugang stehen, zog das Kästchen von NullEins und hielt die Arme ins Innere. Plättchen bewegten sich knirschend. Das Kästchen entfaltete sich. Das Bewusstsein von NullEins erwachte; das künstliche Bewusstsein »bootete« hoch.

»Ich habe meinen Teil unseres Handels erfüllt«, sagte Julian Tifflor. »Du kannst das Innere des Zeitkorns … schmecken?«

Töne erklangen. Die Sprachsteuerung benötigte einige Sekunden, um eine vernünftige Antwort geben zu können.

»Ja«, sagte NullEins. »Ich kann keine Vitalenergie mehr anmessen.«

»Also bekomme ich den Perianth?«

»Du kannst ihn haben.«

Das blumenkelchförmige Objekt schob sich aus Gewirr der Plättchen und fiel wie von selbst in Tiffs Rechte. »Danke!«, sagte er. »Ich werde dich nun allein lassen.«

Schweigen. Dann fragte NullEins: »Ich dachte, dass du das Zeitkorn erkunden wolltest?«

»Und ich dachte, dass du dich augenblicklich auf die Suche nach Gott machen würdest, um ihn zu töten.«

»Ich benötige einige Zeit, um die Erweckungs- und Wachstumsroutinen zu durchlaufen. Wir haben darüber gesprochen.«

»Ja, das haben wir. Ich wünsche dir viel Glück.«

 

*

 

Behutsam legte Tifflor den winzigen Rest der Maschinenintelligenz in unmittelbarer Nähe des Übergangs zwischen Tunnel und Zeitkorn-Kruste ab. »Darf ich dir einen letzten Rat geben?«

»Du möchtest mir einen Rat erteilen?«

»Ganz genau. Wenn du vollends erwacht bist und siehst, was sich ringsum befindet, denk daran, dass man Gott nach Ansicht vieler schlauer Wesen am ehesten in sich selbst findet.«

Er drehte sich um und machte sich auf den Weg. Wie lange würde es dauern, bis das künstliche Geschöpf sein Manöver durchschaut hatte?

Julian Tifflor, Altruist aus Leidenschaft, war umgekehrt und hatte das künstliche Bewusstsein wieder in seine eigene Lebenssphäre zurückgebracht. Wenn NullEins so funktionierte, wie es Tiff in Erfahrung gebracht zu haben glaubte, würde er ihm nicht folgen, um sich zu rächen. Er würde begreifen.

Er schüttelte die Beine aus und ging los. Er nahm eine Strecke, die nicht in Kilometern, sondern in Jahrhunderttausenden gemessen wurde, zum dritten Mal in Angriff.

 

*

 

Da war dann, später, tiefer unten in der Vergangenheit, diese Zeitkorn-Kruste, deren Inneres von einer pflanzlichen Zivilisation aus wandernden Lianengeschöpfen durchzogen wurde.

Durch ein wenig Staub, den Julian Tifflor aus seinem Rucksack schüttelte, konnten die Caridis-Geschirre, wie sich die Bewohner selbst nannten, die Biodiversität ihres Reichs entscheidend erweitern. Dafür erwarb Tiff das Recht auf Erhalt des hiesigen Perianth-Schlüssels.

Lediglich die mühsame Verständigung erforderte, dass er sich mehrere Wochen im Inneren des Zeitkorns aufhielt. Alle sechzig Stunden unternahm er einen erholsamen, quasi den Speicher seines nach wie vor inaktiven Zellaktivatorchips auffrischenden Spaziergang durch das vitalenergetische Feld des Tunnels.

Danach setzte Julian Tifflor den Marsch fort.

 

*

 

Die Zeitkorn-Kruste wurde von einer Symbiontengesellschaft beherrscht. Von einer, deren Wirtskörper gerade mal halb so groß waren wie jene Schmarotzer, die sich unter dem Schnaufen und dem Wehklagen ihrer Träger befördern ließen.

Julian Tifflor hatte nicht allzu viel zu tun, um den dort abgelegten Perianth-Kristall zu ertricksen. Der gesellschaftliche Stillstand hatte zu einer geistigen Trägheit geführt, der dem Unsterblichen zu einem raschen Erfolg verhalf.

So konnte er die Kaverne schon bald wieder verlassen. Nicht, ohne zuvor in den Köpfen der Wirte einige neue Gedanken zu hinterlassen.

Kichernd verließ er die Sphäre, und er ahnte, dass er, wenn er nicht besser auf seine geistige Gesundheit Acht gab, dem Irrsinn verfallen würde. Dennoch trug die Idee, irgendwann hierher zurückzukommen und das Wachstum seiner gedanklichen Saat zu überprüfen, etwas durchaus Amüsantes in sich.

Vielleicht ergab sich ja auf dem Rückweg, in schätzungsweise zehn oder zwölf oder fünfzehn Millionen Jahren, diese Gelegenheit.

 

*

 

»Ein neues Zeitkorn, ein neues Glück, ein …«, sang jemand aus vollem Halse.

Wer? Ach, er.

Julian Tifflor kroch durch den bemerkenswert kleinen Eingang. Seine Hände scharrten über Fels, und er musste, entgegen seiner bisherigen Erfahrungen, bergan klettern. Vorbei an breiten Flächen voll Krüppelgewächsen und langdornigem Unkraut, hoch zur Spitze eines Bergs.

Der Perianth-Detektor wies ihm eindeutig den Weg. Er musste den Berg überqueren, wollte er seinem Ziel näher kommen.

Schnell wurde die Luft dünner, und noch viel schneller erreichte Julian Tifflor die Grenzen seiner Belastbarkeit. Er hatte erst etwa 200 Höhenmeter gewonnen und hechelte verzweifelt nach Luft. Sein Kopf drohte vor Schmerz zu platzen.

Er hielt inne und ließ sich auf den Rücken fallen. Die Luft war angenehm warm; Naturgesetze, wie er sie kannte, beanspruchten an diesem Ort keine Gültigkeit.

Links bewegten sich Büsche, allerdings wehte kein Wind. Tiff meinte, aus dem Augenwinkel Bewegungen wahrgenommen zu haben. Man beobachtete ihn, war sich aber noch nicht sicher, was man mit ihm anfangen sollte.

Müde kam er wieder auf die Beine. Er blieb wachsam, während er seinen Weg zum Gipfel fortsetzte. Die Unbekannten wollten ihm wohl nicht an den Kragen; es hätte bereits genügend Möglichkeiten gegeben, sich seiner zu bemächtigen oder ihn auszuschalten.

Man beobachtet dich, alter Mann … Lass sie deine Selbstsicherheit spüren – und auch den Respekt, den du angesichts dieser seltsamen Landschaft empfindest.

Tiff musste sich nicht sonderlich verstellen. Die Rauheit der Umgebung versetzte ihn in eine seltsame Stimmung. Er fühlte sich einem heimatähnlichen Umfeld ausgesetzt – und er genoss es. Obwohl die Erinnerungen daran Jahrmillionen zurücklagen.

Er kletterte weiter.

 

*

 

Die duftenden Gräser einer Art Hochalm machten bald kargerem Bewuchs Platz, und kaum hatte sich Tiff an die distelartigen Gewächse gewöhnt, musste er sich mit dem Vorwärtskommen auf glänzend nassem Gestein beschäftigen.

Er hielt keuchend inne. Es mochten etwa noch 150 Meter bis zum schroffen Gipfelgrat sein.

Rechts zog sich eine Art Eisfeld dahin, das wie ein gefrorener Sturz über weiteren Blütenfeldern wirkte. Gelbe, rote und violette Blümchen waren unter der Schicht im Moment der Hochblüte eingefroren worden.

»Ein Pass«, sagte er laut, um den Klang des Echos zwischen dem Haupt- und einem Nebengipfel auszuloten. »Und es gibt Spuren, die darauf schließen lassen, dass dieser Weg öfter begangen wurde oder wird.«

Schon wieder dieses Rascheln. Tiff zwang sich, ruhig zu bleiben und sich nicht umzudrehen. Er hatte seine Beobachter irritiert, aufgeschreckt. Hatte er etwa eine zu heftige Bewegung getan, ängstigten sie sich vor seinem Keuchen?

Julian Tifflor folgte den Kratzspuren im Fels. Sie deuteten darauf hin, dass sich hier jemand Gedanken darüber gemacht hatte, den Pass besser begehbar zu machen – aber auch nicht zu gut. Andernfalls hätte es Abgrenzungen, Stützstufen und kleine Hinweise auf den exakten Verlauf des Wegs gegeben.

»Na und? Immerhin bin ich Boy Scout«, murmelte er, »vermutlich sogar der allerletzte. Ich finde schon meinen Weg!«

Falsch. Perry und Bully waren ebenfalls bei den Pfadfindern aktiv gewesen.

Aber wie wollten diese Jünglinge gegen ihn und seine Erfahrung anstinken? Ihr Lebensalter maß in lächerlichen vierstelligen Zahlenbereichen …

 

*

 

Tiff lachte – und wieder scheuchte er seine heimlichen Begleiter in ihre Verstecke zurück. Nackte Füße, krallenbewehrt, kratzten über Fels oder über Eis.

»Ihr mögt wohl keine Geräusche?«, fragte er in die Stille. »Tun sie euch weh?«

Julian Tifflor erwartete keine Antwort, und er erhielt auch keine. Er setzte seinen Weg fort, stieg den schmalen, kaum erkennbaren Pfad bergan.

Das bunte Tuch an erfrorenen Blumen, unter dem Eis verborgen, irritierte seine Sinne. Angesichts dieses Farbenirrsinns würde es ihm auch hier nicht gelingen, seine Verfolger auszumachen; zu sehr waren seine Augen beansprucht.

Der niedrige Sauerstoffgehalt zehrte an seiner Substanz. Er gierte nach mehr Luft und atmete dreimal, viermal so rasch wie normal, um seine Lungen füllen zu können. Noch waren es etwa zwanzig Höhenmeter bis zur Passhöhe; eine lächerliche Distanz, wie man glauben mochte.

Es sind schon Terraner wenige Zentimeter vor der rettenden Hütte gestorben, dachte er. Die Überlebenden hatten die Weisheit besessen, sich rechtzeitig zurückzunehmen. Indem sie zum Beispiel am Berg der Weisheit nicht die letzte aller Fragen stellten …

Julian Tifflor befolgte den eigenen Ratschlag. Er setzte Fuß vor Fuß, hielt kurz inne und tankte Kraft, bevor er den Vorgang wiederholte. Es war hier nicht viel anders als im Jahrmillionentunnel: Immer nur der nächste Schritt war wichtig.

Sein Herz schmerzte. All seine Nervenenden schmerzten. Selbst die Gedanken schmerzten.

Er konnte seine Verfolger spüren – oder täuschte er sich? Verfing er sich im Wahn, bedingt durch Sauerstoffunterversorgung seines...