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Perry Rhodan 2595: Wanderer am Scheideweg - Perry Rhodan-Zyklus 'Stardust'

Michael Marcus Thurner

 

Verlag Perry Rhodan digital, 2011

ISBN 9783845325941 , 64 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

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1,99 EUR


 

1.


Pral

 

Humor.

Das Herbeireden eines Zustandes der Belustigung. Eines Zustandes, dessen Bedeutung für die Terraner ein Maahk wie Pral zwar akzeptieren – aber verstandesgemäß nicht vollständig erfassen konnte.

Zum 16. Mal ließ er sich in die Trivid-Aufzeichnung der »Großen Multi-Vers-Show 1462« hineinziehen. Er wurde zum Teil des Publikums und hatte das Gefühl, nur wenige Meter neben den drei konkurrierenden Talkmastern Joyn Hastings, Mara Lutzgren und Poivy Li-Immervoll zu stehen.

Falsch!, korrigierte sich Pral. Sie konkurrieren nicht. Sie bereiten sich gegenseitig die Pointen vor. So zumindest hat es mir Mondra Diamond erklärt.

»… die gute Nachricht ist: Ich konnte die Ladezellen wechseln!«

Überbordendes Gelächter ertönte. Pral zoomte mit sorgfältig abgezirkelten Krallenbewegungen auf das Gesicht eines der Zuseher und beobachtete, wie sich die Hautlappen gegeneinander verschoben, wie sich die Lippenmuskulatur anspannte und die Frau ihre Zahnleisten verschob. Selbst wenn er gewollt hätte, hätte er diese Veränderungen im Ausdruck niemals nachvollziehen können. Seine Physiognomie erlaubte es nicht.

»Das erinnert mich an die ganz besonderen Gebräuche in einer alpinen Regionalprovinz!«, rief Mara Lutzgren, sobald das Gelächter verstummt war. Sie drängte ihre beiden Kollegen beiseite. Aus den mit Metallringen gedehnten Nasenlöchern fuhren Rauchwölkchen, die sich miteinander verbanden und ein Menschenpaar während der Kopulation zeigten. »Diese Geschichte wurde mir während eines Aufenthalts im weltberühmten Heilbad Beljak zugetragen …«

Ein lauter Knall ertönte. Ein Bild erschien wie von Zauberhand. Es zeigte ein kleines Städtchen, das von Hügeln und Bergen eingerahmt wurde. Aus dem Off ertönte eine kräftige Stimme. Sie pries die Vorzüge des Heilbads Beljak in blumiger Sprache an.

Nach wenigen Sekunden zerplatzten die Bilder der Werbebotschaft. Dahinter tauchten wieder die drei Entertainer auf, Mara Lutzgren setzte ihre Erzählung fort.

Pral sprach den Text mit. Er imitierte die Betonungen und ahmte die Bewegungen der Frau nach. Womöglich war auch die Tonhöhe von Bedeutung?

»…oral und … Admiral!«, endete Mara Lutzgren. Ein weiteres Mal bogen sich die Zuseher vor Lachen.

Pral konnte diese Heiterkeitsausbrüche nicht nachvollziehen. Er war ein Schattenmaahk, er kannte Gefühle, aber er verstand das alles nicht. Was war so lustig daran, den Ruf eines militärischen Strategen zu verunglimpfen? Oder bestand das Geheimnis terranischen Humors darin, auf Kosten anderer Wesen Befriedigung zu erhalten?

»Sie machen andere schlecht, um selbst besser dazustehen«, mutmaßte Pral.

Er dachte an jene Überlieferungen, die ein gewisser Grek 6651/2 vor rund 150 Jahren erarbeitet hatte. Der Maahk hatte sich einen sogenannten LemSim einpflanzen lassen, um die gesamte Palette terranischer Empfindungen nachvollziehen zu können. Er hatte ein kurzes, aber intensives Leben geführt – und über seine Erfahrungen bloß Positives zu berichten gehabt. Seine Aufzeichnungen waren der Geheimhaltung der Maahks unterlegen; doch über verschlungene Wege waren irgendwie, irgendwann Kopien in den Besitz der Schattenmaahks gelangt.

Die Berichte von Grek 6651/2 gaben ein beredtes Zeugnis darüber ab, was den maahkschen Völkern trotz gesellschaftlicher und genetischer Prägung möglich war: Sie waren in der Lage, Logik Logik sein zu lassen. Und irgendwann waren die Schattenmaahks auch in dieser Hinsicht die Vorreiter, da war sich Pral sicher.

Er schaltete die Trivid-Bilder weg. Augenblicklich fand er sich in seinem karg eingerichteten Ruhezimmer wieder.

Er war müde, und dennoch fand er in diesen Tagen kaum Schlaf. Rings um ihn wurde Geschichte geschrieben. Geschichte, deren Bestandteil er war und die einstmals in den Archivarkrügen seines Geleges eingedost werden würde. Wenn sich jemand fand und die Aufzeichnung der Geschehnisse nach maahkscher Tradition übernahm …

Ein Signalton erklang. Ein terranischer Signalton. Man machte ihn darauf aufmerksam, dass seine Ruhezeit zu Ende war. Pral richtete sich auf und ließ den Methangasgehalt im Raum um ein halbes Prozent erhöhen. Die euphorisierende Wirkung ließ nicht lange auf sich warten. Die Spannungen in seinem Körper lösten sich, er fühlte sich gut.

Er schlüpfte in seinen Schutzanzug, flutete ihn und verließ das Habitat. Mit Schritten, die ein Terraner »beschwingt« nennen würde.

 

*

 

Die triste Umgebung von TALIN ANTHURESTA umfing ihn. Der Gedanke, dass er sich durch das Innere eines mond- oder planetengroßen Objekts bewegte, drückte auf sein Gemüt. Die Dimensionen waren verstandesgemäß kaum nachzuvollziehen. Der Kernkörper des Riesengebildes in Form einer Kugel durchmaß 30 Kilometer. Bernsteinfarbene Maschinenaggregate wurden durch formenergetische Bauteile ergänzt, alles wirkte klinisch sauber.

Clun'stal erwartete ihn in der Zentrale. Der Essa Nur wirkte in sich gekehrt, wie fast immer. Bald nach ihm traf der Halbspur-Changeur Akika Urismaki ein. Der Kleinwüchsige verkroch sich in seiner Ecke und beschäftigte sich weiter mit einem Experiment, das er vor der kurzen Ruhepause begonnen hatte.

Stalwart Agrester, der während ihrer Abwesenheit die Routine- und Kontrolltätigkeiten übernommen hatte, löste sich aus dem Schatten seines Arbeitsbereiches. Mehrere seiner robotischen Helfershelfer wuselten davon. So als hätten sie Respekt oder Angst vor den Rückkehrern.

»Die Lage ist unverändert«, sagte das über drei Meter große Geschöpf mit der ihm eigenen Steifheit. »Die Dispenser erfüllen ihre Aufgaben und transportieren Psi-Materie dorthin, wo sie zur Reparatur der Hülle TALIN ANTHURESTAS benötigt werden. Meine Maschinen erledigen die gröbsten Reparaturarbeiten in Eigenregie.«

»Danke!« Pral setzte sich. Sofort umgaben ihn mehrere übereinander angeordnete Kreissegmente mit holografischen Darstellungen. Er begutachtete die Daten. Neue Erkenntnisse waren in seiner Lieblingsfarbe markiert, in Glitzergrün.

»Die Lage wird immer prekärer«, sagte er. »Die von der Superintelligenz abgezogene Psi-Materie kann nur mit größten Mühen ersetzt werden. Mittlerweile gibt es bis zu zwanzig Löcher, die gestopft werden müssen – und die Roboter kommen mit der Arbeit kaum noch nach.«

Ein Gutteil der Reparaturprozesse wurde vollautomatisch vollzogen. Agrester hatte – wie erwartet – während ihrer Abwesenheit die richtigen Entscheidungen getroffen. Der Stalwart war vielseitig ausgebildet und wusste ganz genau, was zu tun war.

Doch allmählich schaukelten sich die Probleme auf. Psi-Materie-Löcher, zwischen drei und 50 Meter im Durchmesser, entstanden völlig willkürlich in der Umhüllung TALIN ANTHURESTAS. Immer mehr von ihnen.

Kaum hatten die Verantwortlichen mithilfe der beiden Dispenser eine Lücke gestopft, riss die nächste auf, meist in einem völlig anderen Bereich des riesigen Gebildes.

Pral fühlte sich unbehaglich. Er hätte den anderen Mitgliedern der Zentralebesatzung und sich diese Ruhepause nicht gönnen sollen. Die Kurve der Schadensberichte zeigte exponentiell nach oben.

»Wir sollten uns vorrangig diesem Problem widmen«, sagte der Stalwart mit der ihm eigenen Ruhe und deutete auf die rot markierte Darstellung eines Schadens nahe der Psi-Hülle. Eine Scheibenwelt namens Frerino befand sich in unmittelbarer Nähe des Psi-»Lochs«.

Pral achtete auf Clun'stals Reaktion. Das Kristallwesen war vor nicht allzu langer Zeit in Begleitung Perry Rhodans Gast auf Frerino gewesen. Bereits damals war es an den Rändern dieser geplagten Welt zur Deflagration von Psi-Materie gekommen. Nur weil Clun'stals eingegriffen hatte, existierte die Scheibenwelt noch.

Der Essa Nur sah kurz auf, las die Meldung durch, wühlte sich tiefer in Details zu Schadensmeldungen und gab durch nichts zu erkennen, dass er persönlich betroffen gewesen wäre. Doch Pral meinte, die Zeichen zu erkennen: Clun'stals Bewegungen wirkten ein wenig fahrig, und mehr als einmal wischte er mit seinen Händen durch die Hologramme, um die ihm wichtigen Datenpfade verfolgen zu können.

Das Loch in der Hülle nahe Frerino maß mittlerweile 60 Meter. Angesichts der Ausdehnung der Dyson-Sphäre war dies ein Nichts. Doch Pral wusste sehr wohl, dass schon ein winziger Nadelstich in eine Ballonhülle verheerende Folgen zeitigen konnte.

»Dir ist klar, was du zu tun hast«, sagte er zu Agrester. »Wir benötigen so viel Psi-Materie wie möglich aus den Dispensern. Und deine Robot-Armada muss dafür sorgen, dass sie rasch nach Frerino geschafft wird.«

»Ich weiß.« Der Stalwart trat an die transparente Energiewand, die sich entlang des Halbrunds der Zentrale erstreckte. Er blieb dort stehen und blickte in den riesigen Hohlraum, der den Kernkörper TALIN ANTHURESTAS vom Rest des Riesengebildes trennte. Er fiel in eine Art Starre, wie er es immer tat, wenn er eine Vielzahl der seinem Kommando unterstehenden Robotern steuerte.

Kleine wie große Einheiten eilten hin und her, verübten sinnlos wirkende Tätigkeiten, verließen die Zentrale und kehrten bald darauf wieder zurück. Das Kommen und Gehen wirkte irgendwie sinnentleert; doch Pral ahnte, dass alles seine Richtigkeit hatte.

Die Dispenser nahmen ihre Flickarbeit auf. Sie verschickten Psi-Materie. Maschinenwesen, die mithilfe von raumtemporalen Saugtunnels zur Baustelle geschickt wurden, übernahmen vor Ort und Stelle die Feinarbeit. Die hochempfindliche Substanz verteilte sich wie eine Schicht Sprüh-Klebstoff über der Lücke und verschloss sie allmählich.

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