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Perry Rhodan 36: Die Zeitpolizei (Silberband) - 4. Band des Zyklus 'M 87'

Clark Darlton, Kurt Mahr, K.H. Scheer, William Voltz

 

Verlag Perry Rhodan digital, 2011

ISBN 9783845330358 , 416 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

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9,99 EUR


 

1.


 

 

Was für ein Mann!, dachte Major Daveen Reis.

Sein aus widerwilliger Bewunderung geborener Gedanke galt dem Ersten Offizier der GOLDEN STAR, Captain Camaron Olek.

Olek hielt mit einer Hand noch die Tür fest, während er Reis mit der anderen zuwinkte. Sein hageres Gesicht war verkniffen und ließ den Eindruck entstehen, dass er Schmerzen hatte oder in tiefes Nachdenken versunken war. Aber weder das eine noch das andere traf zu. Oleks gesamter Körper war dürr und faltig; ein derart dynamischer Mann konnte keinen anderen Körper besitzen.

Olek galt als einer der besten Kosmonauten innerhalb der Solaren Flotte. Bevor man ihn zur GOLDEN STAR abkommandiert hatte, war er Oberstleutnant und Kommandant eines Schweren Kreuzers gewesen.

Daveen Reis kannte die Gründe, die dazu geführt hatten, dass Olek degradiert worden war.

Während er Olek entgegenblickte und ein sparsames Lächeln zustande brachte, überlegte er, wieviel ihn von diesem Mann unterschied.

Olek schloss die Tür schwungvoll. Er betrachtete Reis' Lächeln als Aufforderung, sich im Sessel vor dem Tisch niederzulassen.

Major Reis war ein rundlicher Mann mit roten Haaren und rosafarbenen Wangen. Er galt als ruhig und zuverlässig, aber die Besatzung der GOLDEN STAR wusste, dass ihr Kommandant keine sehr große Kämpfernatur war.

»Wir werden in ein paar Minuten Kontakt mit der CREST IV aufnehmen«, sagte Olek. »Wir werden genau am berechneten Punkt in der Nähe von Keegans Stern ankommen.«

Daveen Reis hatte nie daran gezweifelt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Camaron Olek bei seinen kosmonautischen Berechnungen ein Fehler unterlief, war praktisch gleich Null. Reis' Blicke wanderten über Olek hinweg und blieben an dem automatischen Kalender über der Tür hängen. Man schrieb den 22. Dezember 2435.

Die GOLDEN STAR befand sich auf dem Rückflug von der Galaxis in die Große Magellansche Wolke.

Unmittelbar nach dem Beginn der Aktion »Sinfonie«, am 18. 12. 2435, die einen terranischen Angriff auf alle bekannten Kristallprogrammierungswelten einleitete, hatte Major Daveen Reis den Auftrag erhalten, die Milchstraße anzufliegen und die Heimatflotte unter dem Oberkommando von Julian Tifflor zu alarmieren.

Daveen wusste, dass Tifflor mit zwanzigtausend Schiffen der GOLDEN STAR folgte. Das Kursschiff flog nur voraus, um Perry Rhodan schnellstens Bericht zu erstatten.

Daveen Reis hatte sich längst damit abgefunden, dass die GOLDEN STAR als Kurierschiff eingesetzt wurde. Der Major besaß keine große Kampferfahrung, aber seine sprichwörtliche Zuverlässigkeit hatte dazu beigetragen, dass er mit seinem Schiff immer wieder zur Übermittlung wichtiger Nachrichten eingesetzt wurde.

Daveen wusste, dass nicht alle Besatzungsmitglieder damit einverstanden waren, aber er entschädigte die Ehrgeizigen durch seine ungewöhnliche Großzügigkeit in allen dienstlichen Belangen.

Reis überlegte, dass Camaron Olek sich an Bord eines Schiffes wie der GOLDEN STAR vorkommen musste wie ein gefangenes Raubtier.

Oleks nächste Worte bestätigten Reis' Vermutung.

»Ich hoffe, dass man uns jetzt einen anderen Auftrag erteilt«, sagte der Captain. Er strich mit einer Hand über sein schwarzes Haar, durch das sich von der rechten Schläfe nach hinten eine weiße Strähne zog. Daveen Reis ahnte, dass Olek auf die Schussspur eines unmittelbar vor seinem Gesicht abgefeuerten Paralysators besonders stolz war und sie als äußeres Zeichen seiner Kampferfahrung betrachtete.

»Wir wissen nicht, was inzwischen geschehen ist«, sagte der Major zögernd. »Vielleicht ist der Kampf schon entschieden, und es gibt nichts mehr für uns zu tun.«

Er erhob sich. Olek stand ebenfalls auf. Der Captain war nicht besonders groß, aber durch seine Hagerkeit wirkte er größer als der Kommandant der GOLDEN STAR.

Das kleine Bordobservatorium der GOLDEN STAR war Daveen Reis' Lieblingsplatz. Dorthin zog er sich bei jeder Gelegenheit zurück.

Reis ließ seine Blicke über die verschiedenen dreidimensionalen Sternkarten gleiten, die an den Wänden befestigt waren und ein angenehmes Licht verstrahlten. Nur anhand der Karten wurde noch offenbar, welch gewaltige Strecke die GOLDEN STAR in den letzten Tagen bewältigt hatte. Gefühlsmäßig erschien es Daveen Reis fast unglaublich, dass sie zweimal rund 170.000 Lichtjahre zurückgelegt hatten. Das war die Entfernung von der Südgrenze der Galaxis bis zum Nordrand der Großen Magellanschen Wolke.

Olek war an ein kleines Spezialteleskop herangetreten und stützte sich mit den Armen auf die breite Halterung.

»Wenn die Generäle und die Perlians erledigt sind, haben wir immer noch die Aussicht, gegen die Ultraschlachtschiffe OLD MANS kämpfen zu müssen«, meinte er.

»OLD MAN ist bereits am zweiundzwanzigsten November in Richtung der Großen Magellanschen Wolke gestartet«, erinnerte Reis den Ersten Offizier. »Ich nehme an, dass auch Perry Rhodan nicht mehr daran glaubt, dass der Riesenrobot hier auftaucht.«

»Vier Wochen sind eine lange Zeit«, räumte Camaron Olek ein. »Trotzdem rechne ich noch immer mit der Ankunft OLD MANS. Was wissen wir von den kosmonautischen Schwierigkeiten, mit denen die wahnsinnigen Gehirne zu kämpfen haben?«

Daveen Reis wusste, dass die beeinflussten Steuergehirne OLD MANS kaum noch in der Lage waren, exakte Schaltungen vorzunehmen. Vielleicht war der Robotgigant zur Großen Magellanschen Wolke aufgebrochen, ohne sein Ziel je zu erreichen. Reis nahm an, dass OLD MAN sich von der Galaxis mehr und mehr entfernen würde – auf Nimmerwiedersehen. Eine unblutigere Lösung des Problems gab es nicht.

Camaron Olek schien die friedfertigen Gedanken seines Vorgesetzten zu erahnen, denn er verkniff seine Lippen zu einem sarkastischen Lächeln.

Daveen Reis fragte sich, wie zwischen ihm und dem Kosmonauten so etwas wie eine Freundschaft hatte entstehen können. Der Erste Offizier war ein unberechenbarer Individualist, aber er brachte seinem Kommandanten jenes Quantum an Respekt entgegen, das Daveen Reis genügte, sich sicher zu fühlen.

»Gehen wir in die Zentrale, Major«, schlug Olek vor. »Die GOLDEN STAR wird den Linearraum bald verlassen.«

Wieder war die Ungeduld aus Oleks Worten herauszuhören. Besatzungsmitglieder der GOLDEN STAR, die Camaron Olek nicht mochten, behaupteten, der Kosmonaut schlafe niemals, um auf keinen Fall irgend etwas zu versäumen. Olek parierte solche Spötteleien mit unmissverständlichen Bemerkungen über die langweilige Kuriertätigkeit der GOLDEN STAR.

Daveen Reis hatte dem Ersten Offizier des Leichten Kreuzers solche Andeutungen nie übel genommen. Oleks Spott fehlte jede Gehässigkeit, so dass er leicht zu ertragen war.

Die beiden ungleichen Männer verließen das Bordobservatorium und traten auf den beleuchteten Gang hinaus. Mit 34 Jahren war Olek ein noch verhältnismäßig junger Offizier. Wenn er lernte, seine oftmals extremen Meinungen für sich zu behalten, und es aufgab, seine verrückten Pläne in die Tat umzusetzen, stand ihm eine große Laufbahn bevor.

Daveen Reis bezweifelte jedoch, dass Olek sich mit zunehmendem Alter ändern würde.

Reis und Olek erreichten die Kommandozentrale des Schiffes durch einen Antigravschacht.

»Übernehmen Sie das Schlussmanöver«, sagte Reis zu Olek.

Der Kosmonaut nickte. Er war für jede Abwechslung dankbar.

Reis ließ sich in einem Sessel des Kommandostands nieder und wartete, bis die GOLDEN STAR den Linearraum verlassen hatte. Dann widmete er seine Aufmerksamkeit den Bildschirmen. Die Ortungen liefen an.

»Dort ist Keegans Stern«, sagte Olek triumphierend und deutete auf einen deutlich sichtbaren hellen Punkt auf dem Panoramabildschirm. »Wir werden bald Kontakt mit der CREST IV herstellen können.«

Camaron Olek rechnete offenbar damit, dass der Großadministrator der Besatzung der GOLDEN STAR neue Befehle geben könnte. Reis bezweifelte das. Er war sicher, dass die acht Programmierungswelten in der Großen Magellanschen Wolke inzwischen erobert und die dort lagernden Kristallmassen vernichtet worden waren. Das Kampfgeschehen würde sich im Augenblick auf Gefechte mit den im Dienste der Perlians stehenden Generälen und den Perlians selbst beschränken, wobei die Generäle keine ernstzunehmende Gefahr mehr bedeuteten, falls die Aktion »Sinfonie« erfolgreich verlaufen war. Die Perlians selbst waren hingegen eine noch unbekannte Größe, deren Gefährlichkeit nicht unterschätzt werden durfte.

Die Gurrads mit ihren rund fünftausend teilweise schrottreifen Birnenschiffen spielten bei diesen Auseinandersetzungen nur eine untergeordnete Rolle.

Die Terraner in der Großen Magellanschen Wolke befanden sich in einer Situation, in die man sie gegen ihren Willen hineingedrängt hatte. Von den Ereignissen profitierten in erster Linie die Gurrads, die mit ihnen verwandten Shanganten und auch die wenigen Generäle, die noch nicht der Beeinflussung der Hypnokristalle unterlegen waren.

Durch das Eingreifen der Solaren Flotte im Gebiet der Magellanschen Wolke war allerdings auch verhindert worden, dass die Menschheit weiterhin durch die Tätigkeit der Kristallagenten bedroht wurde.

Die Überlegungen des Majors wurden unterbrochen, als der Funkkontakt zum Flaggschiff der Solaren Flotte zustande kam. Reis persönlich begab sich zum Bildschirm des Funkgeräts.

Der Major schilderte in kurzen Sätzen den Verlauf des Fluges und teilte Perry Rhodan mit, dass Julian Tifflor in wenigen Stunden mit einem Verband von zwanzigtausend Schiffen eintreffen würde. Damit standen dem Großadministrator vierzigtausend Schiffe zur Verfügung. Hinzu kamen die 14. Schwere Offensivflotte der USO und der 82. GSV unter...