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Perry Rhodan 2674: Das Reich der Angst - Perry Rhodan-Zyklus 'Neuroversum'

Uwe Anton

 

Verlag Perry Rhodan digital, 2012

ISBN 9783845326733 , 64 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

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1,99 EUR


 

1.


Das Parkett

 

Gefühle prasselten auf mich ein, so intensiv, dass ich sie kaum verkraften konnte.

Angst, Aggression, Aufregung, Neugier.

Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge, aber so in etwa. Menschen umgaben mich, viele Menschen, und sie reagierten wie vor hunderttausend Jahren, als sie in einer Höhle um ein Feuer hockten und sich fragten, was draußen vor dem Eingang herumschlich und dabei fauchte, knurrte und brüllte.

Sie hatten Angst.

Angst vor dem Transitparkett. Es konnte jeden Augenblick aktiviert werden, und dann würde das, was vor Urzeiten vor der Höhle gelauert hatte, sich durchs Feuer am Eingang wagen und sie angreifen. Fagesy, Sayporaner, Roboter, was immer über das Parkett kommen würde, würde zuerst schießen und dann Fragen stellen.

Unsinn!

Es würde gar keine Fragen stellen, nur schießen. Und das wussten die Raumlandesoldaten, TLD-Agenten und Sicherheitsspezialisten, die das Parkett schützten, ganz genau. Sie waren angespannt. Adrenalin jagte durch ihre Körper, erzeugte Aggression. Die Kombistrahler der Elitetruppen waren nicht gesichert, der geringste Zwischenfall würde verheerende Folgen haben. Ich dachte mit Grauen daran, was geschehen würde, wenn das violette Leuchten, das an die Unterseite der Glasdielen des Parketts drängte, endgültig hochsteigen und damit ungebetenen Besuch ankündigen würde.

Mehrere Dutzend TARAS umstellten das Parkett und sicherten es, in meiner Wahrnehmung waren sie Pole der Ruhe und Gelassenheit, Fundamente der Zuverlässigkeit, Gelassenheit und Selbstkontrolle.

In all diese Angst und Aggression mischten sich aber auch Aufregung und Neugier. Schon die Höhlenmenschen mochten sich gefragt haben, was genau sich des Nachts vor ihrer Behausung herumtrieb, wollten es unbedingt in Erfahrung bringen, und all diese Gefühle hatten sich im Laufe von hunderttausend Jahren kaum verändert.

Dutzende Wissenschaftler von der Waringer-Akademie und verschiedenen Universitäten, die wie Ameisen in diesen Saal des mittlerweile gesicherten TLD-Towers geströmt waren, verspürten zwar ebenfalls Angst vor dem, was jeden Augenblick kommen mochte, doch so seltsam es mir vorkam – ihre Aufregung und Neugier waren stärker.

Die Aufregung, vielleicht einen gewaltigen Schritt tun zu können.

Die Neugier, hinter die Fassade des Transitparketts zu blicken. Die Hoffnung, dem Parkett seine Geheimnisse zu entreißen und sie vielleicht für eigene Zwecke einsetzen zu können.

Diese Aufregung und Neugier hatten vielen Höhlenmenschen das Leben gekostet, doch ohne sie wären sie wahrscheinlich nie aus ihren einigermaßen sicheren Unterschlüpfen getreten.

Es war eine seltsame Mischung, der sich meine paranormalen Sinne ausgesetzt sahen.

Während den Sicherheitsposten die Finger am Abzug juckten, versuchten die Wissenschaftler, sich an den TARAS vorbeizudrängen, um zum Ziel ihrer Begierde zu gelangen. Zum ersten Mal war uns ein funktionstüchtiges Transitparkett in die Hände gefallen!

Nur mit Prallfeldern konnten die Roboter die Experten zurückhalten, ohne sie allzu hart anzufassen.

Ich hatte meine eigenen Probleme: den Medoroboter, der um mich herumwieselte, um ein paar kleine Kratzer zu versorgen. Auf meine scheuchenden Handbewegungen reagierte er nicht, und irgendwann ignorierte ich ihn einfach, weil meine Aufmerksamkeit ausschließlich dem Parkett galt. Unter den gläsernen Dielen, die den Boden bildeten, unter dieser bedrohlich dünnen Schicht stieg aus einer unabschätzbaren Tiefe violettes Wogen und Wabern empor. Es stieß an die Unterseite der Glasdielen, zerrann, floss nach unten ab, sammelte sich wieder und stieg erneut auf.

Dieses Gewölk war unruhig. Als warte es auf etwas, lauere, wolle endlich zum Zug kommen. Tun, was es tun musste. Wie der Säbelzahntiger, der Witterung aufgenommen hatte, der roch und genau wusste, dass sich leichte Beute in der Höhle aufhielt, die er schlagen konnte, wenn er nur die Angst vor dem Feuer überwand, das im Höhleneingang flackerte.

Es war schlicht und einfach unheimlich.

Ich war geradezu erleichtert, als eine durchdringende Stimme, die ich sofort erkannte, durch den Saal dröhnte. »Shanda Sarmotte zum Ausgang C. Shanda Sarmotte umgehend zum Ausgang C!«

Es war schön, Reginald Bulls Stimme zu hören. Er war für mich ein genauso wichtiger Ruhepol wie die TARAS, die keine Gedanken hatten, die ich erfassen konnte und die ich nur sah. Und er erinnerte mich an meine Aufgabe und riss mich aus der Betrachtung des Parketts.

Ich blickte auf den Zeitmesser. Es war halb sieben am 2. Dezember 1469 NGZ, Terrania-Standardzeit.

Als ich zum Ausgang C ging, folgte mir der Medoroboter wie ein Schoßhündchen.

 

*

 

Ich bahnte mir den Weg durch das strukturierte Gefüge aus Raumlandesoldaten, TARAS und Wissenschaftlern. Dabei schien ich die einzige Person zu sein, die sich von dem Parkett entfernen wollte. Alle anderen strebten ihm entgegen. Trotz des Wogens und Waberns, trotz der Fagesy, die jeden Augenblick kommen mochten.

Reginald Bull hatte am Ausgang C eine Oase der Ruhe geschaffen. Prallfelder sorgten für einen gewissen Abstand zum allgemeinen Getümmel, ein Akustikfeld für die nötige Ungestörtheit.

Er blickte kurz auf, als ich durch die Strukturlücke trat. »Schön, dass du da bist, Shanda«, sagte er. Er klang etwas ungehalten, erkundigte sich aber nicht nach dem Grund meiner Verspätung.

Es wäre mir peinlich gewesen, hätte ich eingestehen müssen, dass ich mich fast nicht von dem Wogen und Wabern des Parketts hatte lösen können. »Dann sind wir endlich komplett. Wir haben nicht mehr viel Zeit.«

Komplett. Ein kleiner elitärer Kreis.

Da war Toufec. Ein Mann aus einer anderen Zeit, der Dinge gesehen hatte, von denen Normalsterbliche nicht einmal träumen konnten. Dessen Loyalität einzig und allein Delorian Rhodan gehörte. Und der mich auf eine Art und Weise beeindruckte, die mir gar nicht gefiel.

Ich schämte mich deshalb nicht. Menschen veränderten sich, kamen zusammen, gingen auseinander. Verloren sich aus den Augen ... und Gedanken.

In Toufecs Gedanken war ich allerdings eingedrungen.

Odo Ollowa grinste mich an. Der kleine, kompakte Terraner mit den breiten Schultern schien sich aufrichtig zu freuen, mich zu sehen.

Genau wie Daniil Veriaso, der Bedächtigere des Zweier-Teams mit seinen verstrubbelten Haaren und den langen Armen.

Die beiden waren ausgebildete Saboteure der Raumlandeverbände oder – vornehmer ausgedrückt – »Spezialisten für Funktionsanalyse und prophylaktische Intervention«.

Auch um sie scharwenzelten mit leisem Summen Medoroboter, versorgten sie medizinisch und medikamentös und verpflegten sie. Schließlich hatten sie bei der Eroberung des TLD-Towers die Hauptlast getragen, und nun wartete bereits der nächste Einsatz auf sie.

Ihr TARA-VII-UH-Roboter Stainless Stan schwebte neben ihnen. Stan unterschied sich äußerlich nicht von den TARAS, die das Parkett sicherten: eine kegelförmige, gliedlose Konstruktion mit halbkugeligem Ortungskopf und vier Waffenarmen, zweieinhalb Meter groß, aus Ynkonit geschmiedet. Er bewegte sich auf Antigravfeldern und per Gravopuls-Antrieb, war demnach gleit- und flugfähig. Er wurde von einem Hochenergie-Überladungsschirm geschützt und war ein wandelndes Waffenarsenal: je ein Impuls- und Intervallstrahler, zwei Kombistrahler mit Thermo-, Desintegrator- und Paralysator-Modus. Seine Zentral-Individual-Steuerung war biopositronisch ausgelegt.

Man konnte sich in seiner Gegenwart einigermaßen sicher fühlen.

Die TARAS wurden bei den terranischen Raumlandetruppen meist in Mensch-Roboter-Zweierteams eingesetzt. Sie konnten als Vorhut, zur Aufklärung und als Beschützer eingesetzt werden. Bei Stainless Stan stritten Odo und Daniil jedoch ständig darüber, wer von den beiden der verantwortliche »Roboterführer« war, was auf Außenstehende mitunter ein wenig peinlich wirkte. Aber ich kannte die beiden mittlerweile und mochte sie.

Ich sah Reginald an. Er erwiderte meinen Blick, wich ihm nicht aus. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er bei mir jeden Gedanken an Rence verdrängt. Aber es war nie etwas daraus geworden. Zum Glück. Er hatte seine Fran. Und ich ...

»Das ist also das Team, das so schnell wie möglich über das Parkett nach Druh gehen soll«, sagte Reginald.

 

*

 

Toufec sah Reginald ausdruckslos und eher gelangweilt an, Odo und Daniil standen stramm.

Ich räusperte mich. Bevor ich jedoch etwas sagen konnte, aktivierte Reginald über das Terminal, vor dem er stand, eine Holoverbindung.

Mit Chourtaird.

Mich schauderte leicht, wann immer ich den Sayporaner sah. Er wirkte auf mich uralt, wie ein Greis. Er stand vornübergebeugt und war so hager, dass er brüchig erschien.

Er schaute in die Holo-Schnittstelle, und sein rechtes Auge blinzelte milchig blind. Es tränte, wobei es ein kupferfarbenes, metallisch wirkendes Sekret absonderte.

Wenigstens kam er mir jetzt wie ein alter Herr vor und nicht wie eine alte Dame. Dann benahm er sich durchaus etwas überkandidelt.

Der Sayporaner Chourtaird gehörte, wie bereits der Name anzeigte, zur Berufsgruppe Chour. Er war kein Botschafter, kein Formatierer, kein Prokurist, auch kein Inspektor oder Militär. Die Chour waren vielmehr eine Art von gestaltenden Soziologen, die die Entwicklung der sayporanischen Gesellschaft steuern sollten, was jedoch vor langer Zeit völlig aus dem Ruder gelaufen war. Daraufhin waren die Chours entmachtet und degradiert worden.

Chourtaird gefiel der Weg nicht, den die Sayporaner seitdem genommen...