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Plastizität und Bewegung - Körperlichkeit in der Musik und im Musikdenken des frühen 20. Jahrhunderts

Tim Becker

 

Verlag Frank & Timme, 2005

ISBN 9783865960269 , 271 Seiten

Format PDF, OL

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III. Körperlichkeit im Musikdenken des frühen 20. Jahrhunderts (S. 95-96)

Dem Spieler ist es gegönnt, sich des Gefühls, das ihn beherrscht, unmittelbar durch sein Instrument zu befreien und in seinen Vortrag das wilde Stürmen, das sehnliche Ausbrennen, die heitere Kraft und Freude seines Innern zu hauchen. Schon das körperlich Innige, das durch meine Fingerspitzen die innere Bebung unvermittelt an die Saite drückt oder den Bogen reißt oder gar im Gesange selbsttönend wird, macht den persönlichsten Erguß der Stimmung im Musiciren recht eigentlich möglich.

Eduard Hanslick


Dass sich gerade Eduard Hanslick, der Verfechter einer Musik tönend-bewegter Form, die bekanntlich aus der Arbeit des Geistes in geistfähigem Material hervorgeht, solcherart emphatisch zu einer Wirksamkeit musikalischer Körperlichkeit bekennt, mag auf den ersten Blick erstaunen. Bei eingehender Betrachtung scheint jedoch die Ursache dieser Verwunderung einer über Generationen fortgewirkten Rezeption zu entstammen, die sich der Ästhetik des Wiener Kritikers zunehmend einseitig bemächtigt und sie schlagwortartig auf lehrbuchtaugliche Klischees reduziert. Jene zumeist überakzentuierte und darüber hinaus überschätzte Geist-Fähigkeit trägt für Hanslick selbst Spuren des Körperlichen als konstitutives Merkmal in sich, die für ihn evident, aber in ihrer vollen Bedeutung noch nicht erklärbar erscheinen. So widmet er innerhalb seiner Revision der Ästhetik der Tonkunst von 1854 der physiologischen Dimension der Musik ein ganzes Kapitel, in welchem die bisherigen Erkenntnisse, vor allem jedoch jene Merkwürdigkeiten der Beziehung zwischen Körper und Musik, ausführlich zur Darstellung gelangen. Es ist gerade jener Zwiespalt einer konstatierten Körperlosigkeit der Musik und ihrer offensichtlichen Wirkung auf Regungen des Körpers, der Hanslick irritiert und welchen er aufzulösen versucht, um die Korrespondenz zwischen den zwei wesentlichen – und in ihren Extremen unzureichenden – Formen der Wahrnehmung, derjenigen des Verstandes (Logos) und derjenigen des Gefühls (Pathos), in eine Beziehung der Ausgewogenheit und somit in eine ästhetische zu überführen:

„Die Musik, durch ihrer körperloses Material die geistigste, von Seite ihres gegenstandslosen Formenspiels die sinnlichste Kunst, zeigt in dieser geheimnisvollen Vereinigung zweier Gegensätze ein lebhaftes Assimilationsbestreben mit den Nerven, diesen nicht minder räthselhaften Organen des unsichtbaren Telegraphendienstes zwischen Leib und Seele."

In bildhafter Anlehnung an die von Samuel Morse rund zehn Jahre zuvor revolutionierte Form einer weite Distanzen überwindenden Kommunikation, offenbart der Musikkritiker seinen Hang zu den Errungenschaften der Technik und in einem weiteren Schritt überdies zu den modernen Wissenschaften, die das im Verborgenen auf unerklärliche Weise wirksam Werdende eines Tages zu entschlüsseln vermögen. Insbesondere die medizinische Seite einer Physiologie erlangt die Aufmerksamkeit Hanslicks, der sich nun ausgiebig mit Fragestellungen einer Heilungsfähigkeit durch Musik befasst und somit das Problem einer Körperlichkeit der Musik auf ihre somatische Resonanz im Nervensystem zurückführt.