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Wer Ja sagt, muss sich wirklich trauen - Roman

Susan Elizabeth Phillips

 

Verlag Blanvalet, 2013

ISBN 9783641093396 , 512 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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8,99 EUR


 

Kapitel 2

Die klamme Morgenkälte weckte Lucy. Sie öffnete vorsichtig die Augen und sah pfirsichfarbene Lichtstreifen, die sich zwischen den Wolken hindurchzwängten. Ihr ganzer Körper tat weh, sie fror, fühlte sich schmutzig und noch genauso schlecht wie am Abend zuvor, bevor sie eingeschlafen war. Dies sollte eigentlich der erste Tag ihrer Flitterwochen sein. Sie stellte sich vor, wie Ted aufwachte, mit demselben Gedanken, und sie hasste …

Panda schlief neben ihr in seinem zerknitterten weißen Hemd. Er lag auf dem Rücken, der wilde Haarschopf ein einziges Durcheinander aus Knoten. Blauschwarze Bartstoppeln bedeckten sein Kinn, ein Schmutzfleck verunstaltete seine Nasenspitze. Es widerstrebte ihr, so nah neben ihm zu liegen, also rappelte sie sich umständlich hoch. Sein Sakko rutschte von ihr herunter und landete auf der Decke. Sie zuckte zusammen, als sie die Füße in ihre Brautschuhe steckte, aber sie brauchte die Strafe durch den Schmerz, und so humpelte sie erneut zu den Bäumen hinüber. Auf dem Weg dorthin entdeckte sie sechs leere Bierflaschen im Gebüsch – sie schienen Symbole für das, in was sie sich hineinmanövriert hatte.

Ted hatte eine Strandvilla für Flitterwöchner auf St. Barth gebucht. Vielleicht würde er allein dorthin fliegen … Obwohl, was konnte schlimmer sein, als die Flitterwochen allein zu verbringen? Nicht einmal, an einem Flussufer mitten im Nichts neben einem mürrischen, verkaterten, potenziell gefährlichen Biker aufzuwachen.

Als sie wieder auf die Lichtung trat, stand Panda am Ufer des Flusses, mit dem Rücken zu ihr. Das Hirngespinst Viper aus der vergangenen Nacht, die Bikerin mit der scharfen Zunge, löste sich im Nu auf. Es erschien Lucy auf einmal unhöflich, ihn zu ignorieren.

»Guten Morgen«, sagte sie leise.

Er gab einen unverständlichen Laut von sich.

Sie wandte rasch den Blick ab, aus Angst, dass er beschließen könnte, in den Fluss zu pinkeln, während sie zusah. Sie sehnte sich nach einer heißen Dusche, sauberer Kleidung und einer Zahnbürste, genau dem Komfort, den sie nun genießen würde, wäre sie den Gang entlanggeschritten. Eine Kanne Kaffee. Ein anständiges Frühstück. Teds Hände auf ihrem Körper, die diese herrlichen Orgasmen bei ihr auslösten. Stattdessen war sie umringt von leeren Bierflaschen und einem Mann, der offen zugab, dass er »eine Nummer schieben« wollte.

Lucy hasste das Durcheinander, die Ungewissheit. Sie hasste ihre Panik. Panda hatte sich immer noch nicht umgedreht, aber sie sah ihn nicht an seinem Hosenschlitz herumfummeln, also traute sie sich, eine Frage zu stellen.

»Werden Sie … heute nach Wynette zurückfahren?«

Wieder kam statt einer Antwort irgendetwas Unverständliches.

Sie hatte sich nie wohlgefühlt in Wynette, obwohl sie immer so getan hatte, als wäre sie von der Stadt genauso begeistert wie Ted. Immer wenn sie dort war, konnte sie spüren, dass sie von allen kritisch beäugt wurde. Obwohl sie die Adoptivtochter der ehemaligen Präsidentin der Vereinigten Staaten war, vermittelten die Einwohner ihr das Gefühl, sie wäre nicht gut genug für ihn. Natürlich hatte sie das nun bestätigt, aber das hatte keiner vorher ahnen können.

Panda starrte immer noch auf den Fluss. Sein Hemd hing auf einer Seite aus der Hose, alles an ihm war anstößig. Dann verließ er abrupt seinen Beobachtungsposten und kam auf sie zugestakst.

»Bereit, ins verkorkste Leben zurückzukehren?«

Sie war mehr als bereit, durch damit, sich der Verantwortung zu entziehen. Schon als Vierzehnjährige hatte sie Verantwortung übernommen. Wie oft in den vergangenen siebzehn Jahren hatten Nealy und Mat zu ihr gesagt, dass sie ihre Arbeit nicht hätten machen können, wenn sie sich nicht so gut um ihre Geschwister gekümmert hätte!

Lucy hatte selbst hart in ihrem Job geschuftet. Zuerst hatte sie sich mit ihrem Bachelor-Abschluss in der Sozialarbeit engagiert, Jugendliche in Not beraten und nebenbei ihren Master of Public Policy gemacht. Aber nach ein paar Jahren hatte sie die Individualfürsorge aufgegeben und begonnen, ihren berühmten Namen für die weniger befriedigende – aber effektivere – Lobbyarbeit zu nutzen. So war es zum Teil ihr zu verdanken, dass wichtige Gesetzesvorhaben beschlossen worden waren, die benachteiligten Kindern halfen. Sie hatte nicht geplant, nach ihrer Heirat die Lobbyarbeit aufzugeben, und wenn die Versuchung noch so groß war. Vielmehr wollte sie jeden Monat für einige Tage nach Washington fliegen und ansonsten von ihrem texanischen Standort aus arbeiten. Es war schon lange überfällig, sich den Folgen ihrer Tat zu stellen.

Aber ihr Magen spielte nicht mit. Als das Brodeln schlimmer wurde, stürzte sie los, schaffte es gerade noch rechtzeitig hinter die Bäume, um sich zu übergeben. Sie hatte so lange nichts mehr gegessen, dass es wehtat.

Die Krämpfe hörten schließlich auf. Panda würdigte sie kaum eines Blickes, als sie zwischen den Bäumen hervorkam. Sie stolperte ans Flussufer, versuchte zu ignorieren, dass ihre Absätze zwischen den Felssteinen stecken blieben, dann im Sand einsanken. Sie kniete sich hin und spritzte sich Wasser ins Gesicht.

»Auf geht’s«, sagte er.

Sie blieb in der Hocke, während das Flusswasser von ihren Wangen tropfte. Ihre Stimme kam von einem weit entfernten Ort, einem Ort, den sie nicht mehr bewohnte, seit sie sehr jung gewesen war.

»Haben Sie noch Ihre Sachen in Wynette?«

»Was meinen Sie?«

»Kleidung? Koffer?«

»Ich reise ohne viel Gepäck. Jeans, T-Shirts und eine Packung Kondome, mehr brauche ich nicht.«

Die Menschen präsentierten sich sonst immer von ihrer besten Seite vor der Präsidentenfamilie. Kaum jemand außer Meg oder einer der sieben Schwestern ihres Vaters hatte Lucy jemals einen schmutzigen Witz erzählt oder überhaupt nur eine im Ansatz ordinäre Bemerkung gemacht. Die verkrampfte Höflichkeit der Leute hatte Lucy immer geärgert, in diesem Moment jedoch sehnte sie sich danach. Sie tat so, als hätte sie Pandas letzte Bemerkung überhört.

»Dann gibt es also nichts, was Sie zurückgelassen haben, für das ich Sie also entschädigen müsste?«

»Worauf wollen Sie hinaus?«

Ihre Familie wusste, dass sie in Sicherheit war. Meg hatte sie sicher informiert. »Ich kann nicht zurück nach Wynette, solange die Presse noch da ist.« Die Presse war nicht ihre Hauptsorge, aber das wollte sie ihm nicht sagen. »Ich habe mich gefragt, wie Ihre unmittelbaren Pläne aussehen.«

»Sie loswerden.« Er rieb sich das Stoppelkinn. »Und eine Nummer schieben.«

Sie schluckte. »Was, wenn ich dafür sorge, dass es sich für Sie lohnt?«

Er senkte den Blick auf ihre Brüste, die von ihrem außergewöhnlich teuren französischen BH vorteilhaft zur Geltung gebracht wurden.

»Sie sind nicht mein Typ.«

Ignorier ihn. »Ich meinte, was, wenn ich dafür sorge, dass es sich für Sie lohnt, nichts von beidem zu tun?«

»Kein Interesse.« Er griff nach der Decke und hob sie auf. »Ich bin im Urlaub, und ich werde nicht einen weiteren Tag vergeuden. Sie gehen zurück nach Wynette.«

»Ich würde Sie bezahlen«, hörte sie sich sagen. »Nicht heute. Ich habe kein Geld bei mir, aber ich werde mich bald darum kümmern.« Wie, das musste sie erst noch herausfinden. »Ich übernehme das Benzin, die Verpflegung, Ihre gesamten Unkosten. Plus … hundert Dollar am Tag. Einverstanden?«

Er knüllte die Decke zusammen. »Zu umständlich.«

»Ich kann jetzt nicht zurückgehen.« Sie grub einen Funken Mut aus, den sie als Jugendliche in solchem Überfluss besessen hatte, bevor das Gewicht ihrer Verantwortung sie zurechtgestutzt hatte. »Wenn Sie mich nicht mitnehmen, werde ich jemand anderen finden.«

Er schien zu wissen, dass sie bluffte, denn er lachte sie aus. »Glauben Sie mir, so eine wie Sie taugt nicht dazu, acht Stunden am Tag auf einem Motorrad zu sitzen.«

»Das mag sein. Aber für einen Tag würde es gehen.«

»Vergessen Sie es!«

»Tausend Dollar, plus Spesen.«

Er stopfte die Decke in eine der Satteltaschen und ließ sie zuschnappen. »Glauben Sie, ich würde Ihnen trauen mit der Bezahlung?«

Sie verdrehte die Hände ineinander. »Ich werde bezahlen. Sie haben mein Wort.«

»Tja, das hatte Ted auch, aber wie es aussieht, ist Ihr Wort nicht viel wert.«

Sie zuckte zusammen. »Ich gebe es Ihnen schriftlich.«

»Ein Jammer, dass Ihr Bräutigam nicht auf die Idee gekommen ist.«

Obwohl Panda nicht auf ihr Angebot zurückkam, fuhr...