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Dicke Kinder

Claudia Peter

 

Verlag Hogrefe AG, 2006

ISBN 9783456942827 , 288 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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26,99 EUR

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Einleitung (S. 11-12)

Welche Bezeíchnung bezeichnet welches Phänomen? Im alltäglichen Umgang werden sie „dicke Kinder", „Elefantenkinder", „Pfundskinder" oder einfach „Dicke" genannt. Für ihre Familienmitglieder sind sie wie „Kolosse", zeigen „Fülle" oder „Gewicht". Von „Übergewicht" spricht in der Regel keiner. Als Mediziner zu Ende des 19. Jahrhunderts auf das Phänomen der „Dicken" aufmerksam wurden, bezeichneten sie das Symptom der dicken Leibgestalt zunächst in der medizinischen Literatur mit Begriffen wie „Fettsucht" oder „Fettleibigkeit" oder lateinisierend als „Adipositas"2. Im aktuellen wissenschaftlichen Diskurs vermeiden Mediziner und Ernährungswissenschaftler die Bezeichnung „Fettleibigkeit" und bevorzugen die lateinisierende oder englische Bezeichnung (obesity) oder sprechen von „Übergewicht".

Die medizinische Adipositas-Forschung weist eine längere Tradition auf. Zunächst zu Ende des 19. Jahrhunderts als Wohlstandsphänomen wie die Gicht gedeutet, zeichneten sich im 20. Jahrhundert mehrere Konjunkturen zur Deutung des Symptoms je nach Zeitgeist – man denke nur an die ´fetten´ 1950er Jahre – ab, nach denen das Symptom mal auf die Genetik und mal auf die unbeherrschte Völlerei zurück geführt wurde. Mit der aktuellen Auffassung als „Übergewicht"3 wird eine gegenüber dem Lebensstil wertneutralere Haltung impliziert, die aber gleichzeitig in der Unterstellung eines Normgewichtes je nach Körpergröße, Geschlecht und Alter wiederum normierend ist.

Auf dem ersten Blick ist somit zu erkennen, dass die verschiedenen Möglichkeiten der Bezeichnung auf unterschiedliche Einstellungen schließen lassen: Während in der Alltagssprache eine wohlwollend-beschreibende oder metaphorische Bezeichnung bevorzugt wird, so war der ärztliche Diskurs zum Phänomen immer mit impliziten Werturteilen unterlegt: Zu fett, zu viel Gewicht, zu viel Essen – die Mediziner legen das Maß an und fest.

Es ist also unmöglich, eine wertneutrale Haltung in Bezug auf das Phänomen der „Dicken" einzunehmen: in jeder Bezeichnung schwingt schon ein latentes Werturteil mit. Es gilt deshalb für die folgende soziologische Untersuchung, dass der eigene Standpunkt reflektiert und genau markiert sein muss. Als Bezeichnung wird deshalb eine etwas hölzern klingende dritte Variante, die der juvenilen Dickleibigkeit, gewählt, die zunächst die Beschreibung der äußeren Leibgestalt präferiert und eine Eingrenzung auf das Kinder- und Jugendalter anzeigen soll.

Des Weiteren soll die Bezeichnung Phänomen die beobachtbare, empirische Tatsache (des Dick-Seins) meinen, während die Verwendung des Begriffe Symptom, Symptombilder oder Symptomatik die medizinische Perspektive auf das Phänomen anzeigt: Mit Symptom, griechisch: Zufall, Auffälligkeit, sind die begleitenden typischen Merkmale einer Krankheit gemeint, die Zeichen einer Krankheit, an der man sie erkennt. Von der Schwierigkeit, die eigentliche Krankheit von ihren Begleitsymptomen, ihren Zeichen, unterscheiden zu können, was einiges ärztliche Erfahrungs- und Deutungswissen verlangt4, wird auf den folgenden Seiten am Beispiel der „Adipositas" berichtet, wiewohl auch hier festgehalten werden muss, dass in dieser Studie die objektiv-hermeneutischen Deutungen der Symptomatiken in den Fallanalysen genau von dieser Differenz leben.

Damit die Differenz zwischen ärztlichen und soziologischen Deutungen der Phänomene und Symptome auch sprachlich sichtbar wird, werden eigen entwickelte Begriffe verwendet, die der Leibgestalt oder der leiblichen Ausdrucksgestalt. Mit Leibgestalt wird im phänomenologischen Sinne die soziale Tatsache bezeichnet, dass der eigene Körper/Leib für sich und Andere in einer bestimmten Gestalt erfahren wird, hier in der Gestalt des Dick-Seins. Hierin ist eingeschlossen, dass das, was als „dick" erfahren wird, jeweils variieren kann. Wichtig ist nur, dass es intersubjektiv erfahren wird. Der Begriff leibliche Ausdrucksgestalt bezieht sich hingegen auf den Begriff der Ausdrucksgestalt der Objektiven Hermeneutik, der einen rekonstruierten Sinnzusammenhang, eine für sich gültige Sinnstruktur meint, der hier lediglich auf Leiblich-Körperliches eingegrenzt wird: Leiblich-Körperliches wird quasi als „Text" gelesen. Der erste Begriff ist also in der intersubjektiv erfahrenen Sozialwelt verankert und phänomenologischer Provenienz, der zweite ist ein analytischer Begriff.