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Personzentriert Beraten: Lehren - Lernen - Anwenden

Klaus Sander, Torsten Ziebertz

 

Verlag Frank & Timme, 2006

ISBN 9783865960863 , 256 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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1.2.1 Erfahrung der eigenen Person-Erfahrung Person (S. 19-20)

Selbstkonzept und organismisches Wertungssystem

Das Selbstkonzept ist die dem Bewusstsein zugängliche Sicht der eigenen Person mit ihren unterschiedlichen Charakteristika. Dieses Konstrukt spielt eine entscheidende Rolle in der Persönlichkeitstheorie von Rogers. Er selbst definiert es wie folgt:

„Das Selbst-Konzept oder die Selbst-Struktur lässt sich umschreiben als eine organisierte Konfiguration von Wahrnehmungen des Selbst, die dem Bewusstsein zugäng-lich sind. Es setzt sich zusammen aus Elementen wie den Wahrnehmungen der Charakteristika und der Fähigkeiten der Person; den Wahrnehmungen und Vorstellungen vom Selbst in Bezug zu anderen und zur Umgebung; den Wertgehalten, die als verbunden mit Erfahrungen und Objekten wahrgenommen werden; und den Zielen und Idealen, die als positiv oder negativ wahrgenommen werden" (Rogers, 1991, S. 27). Das Selbstkonzept ist zwar eine im biographischen Prozess erworbene mehr oder weniger fest organisierte Gestalt, sie ist aber auch veränderlich und als in stetigem Prozess zu sehen. Da es sich beim Selbstkonzept um eine Gestalt handelt und nicht um ein Phänomen, kann die Veränderung eines Aspektes zum Wandel des ge-samten Konzepts führen (Rogers, 1991, S. 27). Ähnlich wie in der Gestaltpsychologie Figur und Grund eine wechselhafte Einheit bilden, kann das Selbstkonzept auf Grund überraschender neuer und umwerfender Wahrnehmungen ein anderes Aussehen bekommen.

Im Entwicklungsprozess strebt das Kind nach Erfahrungen, die es positiv bewertet und vermeidet Erfahrungen, die es als negativ erlebt hat. Das Kind macht Erfahrungen, die für die eigene Person und die eigenen Bedürfnisse bedeutsam sind. Es lernt z.B., dass es angenehm ist, seinen Körper und seine Kräfte zu benutzen, dass es angenehm ist, mit den Eltern in Körperkontakt zu treten, dass bestimmte Ausschnitte der Umgebung für es reizvoll sind. Aus der Summe derartiger Erfahrungen und ihrer unverfälschten organismischen Bewertung reift in dem Kinde allmählich ein Konzept über sich selbst in Beziehung zur Umgebung. Dabei gibt es zunächst einmal die unverfälschte Eigenbewertung, gewissermaßen der ursprüngliche Messfühler, der jemanden sagt, dies gehöre zu ihm, sei wichtig für ihn usw. Rogers nennt diesen Messfühler organismisches Wertungssystem. Aus der Alltagserfahrung wissen wir, dass es Menschen gibt, die ein besonders untrügliches, fast instinkthaftes Bewer-tungsorgan zu haben scheinen, das ihnen sagt, was für sie gut ist, sie vor „falschen" Einflüssen schützt und sie so und nicht anders handeln lässt. Dieses untrügliche Organ, das organismische Wertungssystem, erhält in der Kindheitsentwicklung besonders dadurch eine Einschränkung, dass es auch Erfahrungen aufnehmen muss, die von außen kommen. Diese Erfahrungen können sein: Bewertungen, Urteile der Eltern, erzwungene Verhaltensweisen, von außen übergestülpte Gedanken, Gefühle und Vorstellungen.

Selbstverwirklichungstendenz und Bedürfnis nach positiver Beachtung

Warum Menschen derart von außen vermittelten Erfahrungen abhängig sind, be-schreibt und begründet er mit dem Begriff des Bedürfnisses nach positiver Beachtung. Dieses Bedürfnis ist gewissermaßen ein Wesenszug des Menschen, eine Kon-stante, die dem schutzlosen und biologisch lange Zeit hilflosen Menschen quasi schon biologisch eingegeben ist. Das Bedürfnis nach positiver Beachtung wird auch sozial ausgeformt durch Verinnerlichung solcher Werte wie „Liebe", „Respekt", „Anerkennung", „Sympathie" usw. Da der Mensch notwendigerweise beachtet sein möchte, nimmt er auch Fremdbewertungen, fremde Erfahrungen, von außen kommende Urteile und Wahrnehmungen mit in sein Selbstkonzept auf, ja, er tendiert sogar dazu, sie so zu behandeln, als seien es seine eigenen Erfahrungen. Es muss nicht noch erwähnt werden, dass ein Übermaß an fremden Erfahrungen gegenüber den organismisch bewerteten eigenen Erfahrungen den Menschen verunsichert, ihn sich selbst entfremdet und zu einer Quelle der Destabilisierung der Persönlichkeit wird. Ein solcher, gleichsam übersozialisierter Mensch reagiert auf die Wünsche anderer mehr als seinen eigenen Wünschen und Erfahrungen zutrauen. Für das Kind besteht oft die Notwendigkeit, das eigene organismische Bewerten einzustellen und sich den Wertungen anderer zu unterstellen: erlebt es z.B. das Schlagen der eigenen Ge-schwister als belohnend, wichtig für sich und positiv bewertet, so wird es diese Erfahrungen schnell dann abwehren müssen, wenn die Eltern es strafen, es als „böse" bewerten oder dem Kinde die Zuwendung entziehen. Das Bedürfnis nach positiver Beachtung macht es möglich, dass organismische Wertungsprozesse außer Kraft gesetzt werden können. Das impliziert, dass immer wieder Verhaltensweisen, die ur-sprünglich als befriedigend erlebt wurden, abgelehnt werden, weil sie mit den Fremdbewertungen nicht im Einklang stehen. Rogers: „So werden elterliche Einstellungen offenbar nicht nur introjiziert, sondern, was noch viel wichtiger ist, nicht als Einstellungen anderer, sondern in verzerrter Form als anscheinend auf eigenen Sinnes- und Körperwahrnehmungen beruhend erfahren" (Rogers, 1973, S. 432).