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Die drei !!!, 28, Achtung, Promihochzeit! (drei Ausrufezeichen)

Henriette Wich

 

Verlag Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, 2013

ISBN 9783440139103 , 128 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

5,99 EUR


 

Eiskalt erwischt

»Kann mir mal jemand verraten, was ich bei minus zehn Grad anziehen soll?« Marie Grevenbroich stand ratlos vor ihrem Kleiderschrank, der die gesamte Breite ihres Zimmers einnahm. Ob Beach-Party, Dinner im Nobelrestaurant oder Flohmarkt-Bummel, Marie kam so schnell nicht in Verlegenheit, doch mit derart eisigen Temperaturen war ihr Schrank heute zum ersten Mal eindeutig überfordert.

Franzi, die mit Kim auf Maries Schlafsofa saß und an einem Apfel knabberte, zuckte mit den Schultern. »Nimm einfach die wärmste Jacke, die du hast.«

»Mütze, Schal und Handschuhe würde ich an deiner Stelle auch anziehen«, sagte Kim. »Sonst holst du dir ruck, zuck Frostbeulen.«

Marie stöhnte. Ihre Freundinnen verstanden wieder einmal nicht, wo das Problem lag. Es ging nicht darum, sich irgendeinen Schal und irgendeine Jacke überzuwerfen, sondern das perfekte Outfit für einen Freitagnachmittag auf der Eislaufbahn in der Fußgängerzone zu finden. Ein Outfit, das genügend Bewegungsfreiheit bot und gleichzeitig alle Blicke auf sich zog.

Franzi versenkte den Apfelbutzen mit einem gekonnten Wurf im Papierkorb. »Was meinst du, wann wir loskönnen? Schaffst du es noch, bevor die Sonne untergeht?«

»Keine Sorge, das kriege ich hin«, gab Marie zurück.

Franzis Sticheleien machten ihr heute nichts aus, weil sie gute Laune hatte. Aber es hatte auch schon andere Tage gegeben. Tage, an denen sie sich mit Franzi so heftig gestritten hatte, dass sie ernsthaft überlegt hatte, aus dem Detektivclub auszusteigen. Im letzten Moment war sie jedoch immer davor zurückgeschreckt. Ein Leben ohne Die drei !!! konnte sie sich überhaupt nicht mehr vorstellen. Seit Kim den Club gegründet hatte, hatten die Detektivinnen etlichen Verbrechern das Handwerk gelegt. Auf zahlreiche erfolgreich gelöste Fälle im In- und Ausland konnten sie jetzt schon zurückblicken. Und Marie war fest davon überzeugt, dass noch viele weitere folgen würden.

»Tut mir schrecklich leid, aber wenn du uns hier warten lässt, muss ich deinen Süßigkeitenvorrat plündern.« Kim stand auf und angelte sich die Keksdose aus dem Regal. »Du weißt ja, mein Zuckerspiegel darf nicht absinken, sonst arbeiten meine grauen Gehirnzellen nicht mehr richtig.«

»Bedien dich ruhig«, sagte Marie, während sie sich in ihrem cremeweißen Wollkleid aus Paris vor dem Spiegel drehte. Das Kleid war zeitlos und wunderschön, aber Marie bekam jetzt schon Gänsehaut, wenn sie an den Eiswind dachte, der um ihre Beine fegen würde.

Eine halbe Stunde später, nachdem Kim die Keksdose zur Hälfte geleert und Franzi zunehmend genervt gewesen war, hatte Marie das ultimative Outfit gefunden: eine schneeweiße Skihose mit silbernen Streifen, einen Daunenanorak mit Leopardenkapuze und dazu kuschelige Lammfellboots, die sie später gegen Schlittschuhe aus extrafeinem, aber leider auch extradünnem Leder tauschen musste.

»Hallo, Winter, wir kommen!«, rief Marie. Die Schlittschuhe lässig über der Schulter, verließ sie das Penthouse, in dem sie mit ihrem Vater, dem berühmten Fernsehkommissar Brockmeier aus der Vorabendserie Vorstadtwache, wohnte.

Es war ein eiskalter Januartag. Der Schnee sprühte Funken in ihre Augen, die Sonne schien und Marie wurde wieder einmal bewusst, wie gut sie es hatte. Ihr Vater Helmut Grevenbroich las seiner einzigen Tochter jeden Wunsch von den Augen ab. Sooft es sein Drehplan zuließ, kochte er für Marie oder bummelte mit ihr durch die Stadt. Und er tröstete sie, wenn sie ihre Mutter vermisste. Anne Grevenbroich war vor vielen Jahren bei einem tragischen Autounfall ums Leben gekommen. Marie konnte sich kaum noch an sie erinnern, aber das Album mit den alten Fotos ihrer Mutter war ihr größter Schatz.

»Was ist denn mit dir los, Marie? Bist du eingefroren oder warum bleibst du mitten auf dem Gehsteig stehen?« Franzis Frage kam mit einer weißen Atemwolke aus ihrem Mund.

»Ich glaube, Marie geht’s nicht so gut«, sagte Kim. »Bestimmt wegen Tessa.«

»Tessa?« Marie zog ihre linke Augenbraue hoch. Plötzlich bekam der strahlend blaue Tag, der sich wie ein Seidentuch über die Stadt spannte, Knitterfalten. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte das Leben zu zweit immer so weitergehen können. Leider hatte ihr Vater sich verliebt, und zwar in eine Kollegin, die als Kamerafrau bei der Vorstadtwache arbeitete.

»Das verstehe ich nicht«, sagte Franzi verwundert. »Tessa und Lina sind doch ausgezogen.«

Marie seufzte. »Ja, endlich! Zwischendurch dachte ich schon, ich müsste mit den beiden Weihnachten feiern.« Helmut Grevenbroich hatte Tessa und ihrer Tochter großzügig Unterschlupf angeboten, weil sie wegen eines Wasserrohrbruchs aus ihrer Wohnung vertrieben worden waren. Zum Glück war der Rohrbruch kurz vor Weihnachten behoben worden. Trotzdem würde Marie die schreckliche Zeit nie vergessen. Und im Gegensatz zu ihrem Vater vermisste sie Tessa überhaupt nicht.

»Tut mir bitte einen Gefallen!« Marie stampfte mit den Füßen auf. »Streicht den Namen Tessa aus eurem Wortschatz. Heute Nachmittag will ich nichts mehr von ihr hören.«

»Einverstanden«, sagte Kim. Lachend hakte sie sich bei Marie unter und stapfte mit ihr über den knirschenden Schnee zur U-Bahn.

In der Fußgängerzone tobte das Leben. Schon von Weitem hörten die drei !!! das fröhliche Kreischen hinter dem Zaun der Eislaufbahn. Die halbe Stadt schien heute auf die Idee gekommen zu sein, eislaufen zu gehen. Entsprechend lang war die Schlange vor der Kasse.

Kim wickelte ihren gestreiften XXL-Schal enger um den Hals. »Wenn wir endlich dran sind, können sie uns am Imbissstand als gefrorene Makrelen verkaufen.«

»Du hast nicht zufällig einen VIP-Ausweis bei dir?«, erkundigte sich Franzi bei Marie.

Marie verdrehte die Augen. »Nein, leider nicht.«

Manchmal hatten ihre Freundinnen komische Vorstellungen. Nur weil Herr Grevenbroich viele Leute aus dem Showbiz kannte, hieß das noch lange nicht, dass Marie in sämtliche Locations kostenlos reindurfte. Stöhnend reihten sich die drei !!! in die Schlange ein.

Plötzlich spürte Marie einen Ellbogen im Rücken. Empört drehte sie sich um. »Kannst du nicht aufpassen?« Als sie in zwei schöne blaue Augen sah, verflog ihr Ärger sofort. »Viktor, was machst du denn hier?«

»Eislaufen, was sonst?« Ihr Mitschüler grinste von einem Mundwinkel zum anderen. Dann pfiff er bewundernd durch die Zähne. »Cooles Outfit!«

»Ach, das hab ich mir nur schnell übergeworfen«, behauptete Marie.

Viktor und sein Freund Lars gehörten schon länger zu ihren Verehrern. Ab und an flirtete Marie mit ihnen, um nicht aus der Übung zu kommen. In letzter Zeit war ihr das Flirten allerdings wegen einer gewissen Person, deren Namen sie heute auf keinen Fall mehr hören wollte, vergangen. Selbst an Leonard und Jo, ihre Flirtopfer aus vergangenen Zeiten, dachte Marie nur flüchtig, was eindeutig kein gutes Zeichen für den Stand ihres Gefühlsbarometers war.

»Ist Lars auch da?«, erkundigte sie sich bei Viktor.

Ihr Mitschüler nickte. »Er steht schon vor der Kasse. Komm! Nimm deine Freundinnen mit.«

Auf einmal waren Kim, Franzi und Marie doch VIPs. Sie ignorierten die Proteste der Leute, an denen sie sich vorbeidrängten, und liefen auf Lars zu. Eine Minute später waren sie drin.

Die Eislaufbahn war rappelvoll. Familien und verliebte Pärchen drehten ihre Runden über das glitzernde Eis. Ihre gute Laune hätte ansteckend sein müssen, aber aus irgendeinem Grund wurde Marie traurig.

»Hey, worauf wartest du?«, rief Lars ihr zu.

Das kleine Grübchen an seinem Kinn war wirklich sehr süß, aber Marie spürte nicht einmal das leiseste Kribbeln im Bauch. »Lauft schon mal vor, ich komme nach«, sagte sie und ging in die Knie, um ihre Schlittschuhe anzuziehen.

Enttäuscht zogen Viktor und Lars ab. Marie starrte ihnen nach. Als Viktor sich noch einmal kurz umdrehte und ihr zuwinkte, spürte Marie plötzlich einen Stich in der Brust. Genauso hatte Holger ihr zugewunken, damals am Valentinstag. Wehmütig sah Marie zur Mitte der Bahn hinüber. Dort, wo jetzt ein Mädchen Pirouetten drehte, hatte Holger sie zum ersten Mal geküsst, mit seinen kühlen, sanften Lippen, und in ihrem Herzen eine Kerze angezündet.

»Ach Holger …«, murmelte Marie. Was war bloß passiert mit ihrer großen Liebe? Warum war die helle Flamme der Kerze irgendwann erloschen? Lag es wirklich nur daran, dass Holger in Billershausen wohnte und sie sich wegen der Entfernung auseinandergelebt hatten?

Kim sah Marie überrascht an. »Wie war das? Hast du gerade von Holger gesprochen?«

Maries von der Kälte gerötete Wangen wurden noch eine Spur röter. »Äh … nein«, schwindelte sie. »Da musst du dich verhört haben.« Marie lächelte ihre Traurigkeit weg. »Was haltet ihr von einem kleinen Wettlauf? Wer zuerst zwölf Runden schafft, bekommt von den anderen eine Waffel mit heißen Kirschen und Sahne spendiert.«

Kim lief das Wasser im Mund zusammen. Im Gegensatz zu Franzi gehörten sportliche Aktivitäten nicht zu ihren Stärken, aber der Preis war zu verlockend. »Ich bin dabei!«

»Ich auch«, sagte Franzi und gab auch gleich das Startsignal.

Die drei !!! sausten los. Marie flitzte wie ein geölter Blitz übers Eis. Es dauerte nur ein paar Sekunden und sie hatte Kim und Franzi abgehängt. Der scharfe Wind brannte in...