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Invasion - Der Angriff - Roman

John Ringo, Werner Bauer

 

Verlag Heyne, 2013

ISBN 9783641121921

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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8,99 EUR


 

 

 

 

Kabul town was ours to take –
Blow the trumpet draw the sword –
I’d ha’ left it for is sake –
I’m that left me by the ford.
Ford, ford, ford o’ Kabul river,
Ford o’ Kabul river in the dark!

»Ford O’Kabul River«
Rudyard Kipling

 

Kabul lag zum Greifen da –
Blas das Horn und zieh das Schwert –
Für ihn hätt ich’s sausen lassen,
ihn, der mich ließ an der Furt.
Furt, Furt, Furt vom Kabul River,
Furt vom Kabul River in der Nacht!

»Furt vom Kabul River«

 

 

Ein Feuerstoß aus der Maschinenpistole drang dem vordersten Posleen in die Brust. Die orangefarbene Leuchtspur der fünften Kugel fegte an dem zusammensackenden Alien vorbei, während sein dampfendes gelbes Blut die purpurfarbenen Farngewächse besudelte. Die Kompanie von Zentauren stob nach beiden Seiten auseinander, als der Rest der Menschen das Feuer eröffnete. Aus der Furt hinter den Menschen war ein feuchtes Glucksen zu hören, als würde sie die armen Soldaten auslachen, deren Tod ihr unerwartetes Auftauchen bedeuten konnte. Captain Robert Thomas spähte durch die allgegenwärtigen Nebelschwaden und gab flüsternd den Befehl zum Feuern, während die Posleen neue Positionen bezogen. Seine Kompanie war der vor ihnen aufgetauchten und jetzt immer näher rückenden Posleen-Kampfgruppe deutlich unterlegen, und es mangelte ihr ebenso an Soldaten wie an Munition und Kampfmoral. Aber sie hatten sich diesseits der Furt in dem schlammigen Boden eingegraben, also hatten sie die Wahl, ob sie kämpfen oder sterben wollten. Die Furt mit den Posleen im Rücken zu überqueren bedeutete den sicheren Tod.

Ihre Lage war verzweifelt, Gegenwehr kam dem Selbstmord gleich. Aber wenn jemand jetzt nicht schleunigst handelte und ihnen Verstärkung schickte, würde dieser Überraschungsschlag der Posleen zur Folge haben, dass die ganze Flanke der Fourth Armored Division zusammenbrach. Thomas wusste, worin in dieser Situation seine Pflicht bestand. Er musste seine Soldaten an die gefährlichste Stelle bringen, die das Terrain zu bieten hatte: Wenn die einzige Alternative zum Kämpfen der Tod ist, neigen Soldaten dazu, am verbissensten zu kämpfen. Das war die älteste Grundregel, die es beim Militär überhaupt gab.

Die dichte Vegetation, die auf Barwhon vorherrschte, hatte es unmöglich gemacht, die Zentauren auf Distanz anzugreifen, und deshalb befanden sie sich jetzt in einem Gefecht Mann gegen Mann, oder besser Mann gegen Alien, und darin waren die Posleen deutlich im Vorteil. Thomas knurrte wütend, als eine Welle Plasmafeuer die ganze Maschinengewehrabteilung seines Zweiten Platoon vernichtete, und knurrte dann, als der erste Gottkönig auftauchte.

Man konnte die Gottkönige der Posleen auf verschiedene Weise von den »Normalen« unterscheiden, die das Gros der Posleen-Streitkräfte bildeten. Zunächst einmal waren sie größer als die Normalen, also an der komplizierten Doppelschulter etwa siebzehn Hand (also ca. 68 inches und damit rund 1,70 m) hoch, gegenüber den vierzehn bis fünfzehn Hand, die ein Normales dort maß. Zum Zweiten hatten sie hohe, fast wie Gefieder wirkende Mähnen, die über den ganzen Rücken verliefen und von vorne fast wie der Federschmuck der Prärie-Indianer aussahen. Aber am besten konnte man einen Gottkönig natürlich von den ihm in Lehnspflicht verbundenen Normalen durch seine silberfarbene Bodeneffekt-Untertasse unterscheiden, in der er flog.

Dabei handelte es sich nicht nur um ein Transportmittel. Seine Existenz verdankte es in erster Linie einer zapfengelagerten, schweren Waffe – in diesem Fall einem Hochgeschwindigkeitswerfer. Darüber hinaus verfügte das Fahrzeug über eine Unmenge modernster Sensoren. Manche Gottkönige setzten sie aktiv, andere passiv ein, aber jedenfalls war die Sensorik dieser Untertassen auf ihre Art ebenso gefährlich wie die schwere Waffe. Dem Feind Informationen vorzuenthalten ist die zweitälteste Lektion, die man beim Militär gelernt hat. Im letzten Jahr der Dschungelkämpfe auf Barwhon V hatten die Menschen allerdings auch noch einiges andere darüber gelernt, wie man gegen Gottkönige kämpft. Und deshalb richteten sich jetzt sämtliche schweren Waffen der Kompanie auf die feindlichen Streitkräfte rings um die Untertasse, während der Scharfschütze der Kompanie den Gottkönig und sein Fahrzeug aufs Korn nahm.

Die amerikanischen Streitkräfte hatten schon eine Weile, ehe sie den blauweißen Ball Terras verlassen hatten, damit begonnen, ihre Waffen zu modifizieren, um sich auf die veränderte Gefahrenlage einzustellen. Zunächst war an die Stelle des altehrwürdigen M-16 ein Karabiner mit größerem Kaliber getreten, der dazu geeignet war, einem Posleen den Garaus zu machen, immerhin einem Gegner von der Größe eines Pferdes. Außerdem waren die Scharfschützeneinheiten neu organisiert worden. Die Diskussion über eine geeignete Standardwaffe für Scharfschützen hatte bereits in den achtziger Jahren begonnen, als man damit angefangen hatte, wieder in größerem Umfang Scharfschützen einzusetzen. Dieser Debatte hatte ein spezielles Einsatzkommando ein Ende gemacht, das auf Barwhon Erfahrungen gesammelt hatte. Dass nämlich überhaupt jemand von dem Erkundungsteam überlebt hatte und zu den grünen Hügeln der Erde zurückgekehrt war, war dem Umstand zuzuschreiben, dass der Scharfschütze des Teams einen Karabiner vom Kaliber .50 benutzt hatte.

Im weiteren Verlauf hatten sich die Gemüter dann an der Frage erhitzt, ob man besser Repetiergewehre oder halbautomatische Waffen einsetzen sollte. Das war allerdings eine Debatte, die eher militärphilosophischen Charakter hatte. Die Wahl war schließlich auf das M-82, das semiautomatische »Murfreesboro Five-Oh«, gefallen.

SP-4 John Jenkins demonstrierte in diesem Augenblick, weshalb das so war. Er hatte sich für eine kleine Bodenerhebung ein Stück hinter der Kompanie und auf der anderen Seite der Furt entschieden. Sein Umhang, an den überall herunterhängende Rupfenstreifen angenäht waren, machte ihn für normale Augen praktisch unsichtbar. Die Sensoren des Gottkönigs freilich ließen sich nicht täuschen. Um daher sicherzustellen, dass der Scharfschütze nicht entdeckt wurde, musste die Kompanie ihm massiven Feuerschutz geben.

Während die M-60-Panzer der drei Platoons die Streitkräfte um den Gottkönig herum unter starken Beschuss nahmen, feuerte der Specialist einen einzelnen Schuss aus seiner knapp fünfzehn Kilo schweren Waffe ab. Trotz der neunzig Kilo, die Jenkins wog, ließ ihn der Rückstoß nach hinten taumeln, und der sumpfige Boden unter ihm gab schmatzende Geräusche von sich.

Im Prinzip war das Geschoss, das er benutzte, dasselbe, wie es das altehrwürdige M-2-Maschinengewehr Kaliber .50 verfeuerte. Es war etwa dreimal so groß wie ein .30-06-Geschoss und hatte eine Mündungsgeschwindigkeit, wie man sie sonst bei Flugabwehrkanonen findet. Den Bruchteil einer Sekunde, nachdem der Rückstoß den schwergewichtigen Scharfschützen ins Wanken gebracht hatte, traf das panzerbrechende Geschoss die Untertasse ein Stück links von dem zapfengelagerten HVM-Werfer.

Das mit einem Wolfram-Kern versehene, teflonbeschichtete Projektil durchschlug die Verschalung einer unauffälligen Box zu Füßen des Gottkönigs, durchdrang anschließend die etwas massivere innere Wand und durchschlug gleich darauf eine Kristallmatrix. Es hätte die Matrix völlig durchschlagen, hatte aber beim Eindringen das komplizierte Gleichgewicht der Energiekristalle gestört, die den schweren Antigrav-Schlitten antrieben.

Diese Energiekristalle hielten mit Hilfe eines Ladungsfeldes Moleküle in einem Gleichgewicht hoher Ordnung, das es erlaubte, in den Kristallen gewaltige Energiemengen zu speichern. Dieses Gleichgewicht wurde allerdings von einem kleinen Feldgenerator in den Tiefen der Matrix erzeugt, und als die dem Projektil vorauseilende dynamische Schockwelle den Feldgenerator zertrümmerte, wurde die gesamte, in den Kristallen gespeicherte Energie in einer gewaltigen Explosionswelle freigesetzt, deren Kraft etwa einer halben Tonne modernster Sprengstoffe entsprach.

Der Gottkönig verschwand in einem grünen Lichtblitz und mit ihm etwa die Hälfte seiner Kompanie, als die Splitterwelle der zerfetzten Untertasse nach allen Seiten davon stob. Der Feuerball verschlang die zwei Dutzend weiteren hochrangigen Normalen in der unmittelbaren Umgebung der Untertasse, und Explosion und Splitter töteten zusätzlich etwa hundert Posleen.

Verglichen damit kam Captain Thomas die erste Salve von Streugranaten, die darauf folgte, fast wie eine Enttäuschung vor. Die nachfolgende Welle von Posleen war da allerdings anderer Ansicht.

 

»Echo Drei Fünf, hier Pappa Eins Sechs, Ende«, flüsterte Thomas heiser. Die letzten zwei Stunden waren ihm wie ein abstraktes Gemälde vorgekommen, auf dem angreifende Posleen, hämmerndes Artilleriefeuer und sterbende Soldaten übergangslos ineinander verschwammen. Er hatte das Gefühl, dass sie ziemlich erledigt waren. Während er sich in die Hände blies, um sie zu wärmen, starrte er auf das Schlachtfeld hinaus. Die leichte Böschung, die zu ihrem Standort hinunterführte, war mit Posleen-Leichen bedeckt, aber die verdammten Gäule rückten ständig nach. Wie üblich war nicht zu erkennen, wie viele von ihnen noch da waren – in Anbetracht der Sensoren und Waffen der Gottkönige war so etwas wie Luftaufklärung ein Ding aus einer fernen Vergangenheit. Aber vor seiner Kompanie lagen mindestens...