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Venusgeflüster - Lesbische Sexgeschichten

Roberta Gradl

 

Verlag Verlag Krug & Schadenberg, 2013

ISBN 9783944576138 , 220 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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6,99 EUR


 

Lady’s Fun

Sie stand auf der gegenüberliegenden Straßenseite und beobachtete den Eingang. Sie stand da schon ziemlich lange und kam sich dabei gehörig komisch vor. Niemand hatte den Laden betreten, und sie wusste nicht, ob das gut oder schlecht war. Je länger sie wartete, desto mehr aberwitzige Gründe erfand ihre Fantasie, um schleunigst wieder das Weite zu suchen.

Und so stieß Annika sich schließlich von der Hauswand ab, an der sie gelehnt hatte, und überquerte die schmale, ruhige Straße. Hoch erhobenen Hauptes, lässig schlendernd. So hoffte sie jedenfalls.

Auf dieser Seite der Straße brannte die Sommersonne mit voller Wucht auf den Asphalt, die Pflastersteine und die Ziegel der Hauswände. Es war wie im Backofen, und Annika musste im grellen Licht blinzeln, um die Schrift am Eingang des Ladens lesen zu können:

Lady’s Fun – Sexshop für Frauen, stand da in schön geschwungenen, eleganten Lettern. Sonst nichts. Auch das Schaufenster eröffnete keine Einblicke; es war mit einer schlichten weißen Gardine dezent verhängt.

Annika wischte sich die feuchten Handflächen am Rock ab und trat ein.

Das Türglöckchen bimmelte wie in einem alten Krämerladen aus Kindertagen. Ein kleiner, aber sonnenheller Vorraum mit nur zwei Regalen und einem Tresen. Während sie energisch, aber mit steifen Beinen zielstrebig auf den Tresen zuging, sah sie aus den Augenwinkeln schon die ersten Abbildungen und Gegenstände, die ihr die Röte in die Wangen trieben.

Hinter dem Tresen saß eine Frau. Sie legte das Buch beiseite, in dem sie gelesen hatte, und lächelte Annika aufmunternd zu, nachdem diese sichtlich ratlos stehen geblieben war.

»Hallo«, sagte sie. »Kann ich Ihnen helfen?«

Krampfhaft suchte Annika in ihrem plötzlich leeren Hirn nach ihrem sorgsam einstudierten Satz. Und fand ihn nicht. Stattdessen starrte sie die Verkäuferin – nannte man sie so? – neugierig an. Wie normal und unaufdringlich sie wirkte! Annika hatte etwas anderes erwartet. Ihr hellbraunes Haar war adrett kurz geschnitten, und aus dem leicht herben, gebräunten Gesicht strahlten sie ein Paar eindringliche blaue Augen an, umgeben von deutlichen Lachfältchen. Diese Frau lachte gerne, dachte Annika. Aber nicht über, sondern mit der Welt. Und schon fühlte sie sich etwas weniger unsicher auf diesem fremden Terrain.

»Ich möchte mir gerne … ähem, ich interessiere mich für einen Vibrator.« Da war er draußen, ihr Satz! Ging doch! Nicht viel anders als beim Kauf einer Waschmaschine.

»Gerne«, nickte die Frau. »Ich zeig’ sie Ihnen.«

Annika folgte ihr ein paar Schritte in einen großen Raum, an dessen Wänden die Regale bis unter die Decke reichten. Durch das verhängte Fenster fiel warmes, gedämpftes Licht auf eine Vielfalt von Toys in allen Farben und Formen, so dass Annika sich einen Augenblick lang wie ein Kind in der Spielzeugabteilung eines Kaufhauses fühlte. Neben dem obligatorischen Schwarz sah sie Weiß, Blau, Rot und Rosa, Hellgrün, Grasgrün, Lila, aber auch durchsichtige, schimmernde, metallische sowie hautfarbene »Gegenstände«, alle ansprechend und fein säuberlich aufgereiht und, wie Annika staunend registrierte, teilweise sogar betriebsbereit in Ladestationen. Und all diese Formen!

Regelrecht überwältigt, versuchte sie, die Eindrücke in sich aufzunehmen.

»Suchen Sie etwas Bestimmtes? Oder möchten Sie sich vielleicht erst einmal in Ruhe umschauen?«, erkundigte sich die Verkäuferin und riss Annika damit aus ihrem gebannten Staunen. »Wenn Sie dann etwas wissen wollen, können Sie mich jederzeit fragen. Ich führe Ihnen aber auch gerne jetzt gleich einzelne Modelle vor.«

»Nein, danke! Ich schaue mich erst einmal um.« Annika kam ihre Stimme viel zu ruppig und überhastet vor, und sie war froh, als die Verkäuferin nur zustimmend nickte und sich wieder zu ihrem Buch verzog.

Annika war erleichtert, dass sie in Ruhe gelassen wurde und unbeobachtet ihren Blick über die Regale und deren verwirrende Auslagen schweifen lassen konnte. Nein, das war ihr noch zu aufregend und verstörend. Lieber erst einmal den Raum begutachten. Schlichte weiße Wände, glänzender dunkler Parkettboden, zwei bequem aussehende, zierliche Sessel an einem kleinen Tischchen. Stilvoll und unaufdringlich. Stünden Bücher in den Regalen statt Sexspielzeug, wäre das ein anheimelnder, ruhiger Leseraum.

Als Annika sich gerade ein wenig entspannte, sah sie die Handschellen. Daneben Peitschen aus Leder. Und Gegenstände, deren Verwendungszweck sie sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte. Schnell wandte sie den Blick ab. Mit glühenden Wangen.

Okay, du bist hier, weil du einen Vibrator kaufen willst. Für dich und nur für dich! Also los!

Mit angehaltenem Atem griff sie nach dem ersten Vibrator, der ihr ins Auge fiel. Glatt, nachgiebig und erstaunlich fest zugleich lag er in ihrer Hand, und unwillkürlich musste sie sich eingestehen, dass so ein Teil sich sicherlich sehr intensiv anfühlen würde, wenn … Meine Güte – der Vibrator hatte die Form eines Delfins! Annika sah ein zweites Mal hin. Tatsächlich! Es schien, als würde der Delfin übers ganze Gesicht breit und verschmitzt grinsen. Kichernd stellte sie ihn wieder an seinen Platz.

Ich bin Alice im Wunderland!

Beschwingt und mutiger geworden, nahm sie einen Vibrator mitsamt Verpackung aus dem Regal. Seine Form war recht unauffällig, bis auf die langgezogene, leicht gebogene und abgerundete Spitze. Neugierig las sie den Text auf der Rückseite der Schachtel:

»Stimulieren Sie Ihre Klitoris mit der sinnlichen Spitze dieses Vibrators. Eingeführt erlaubt die leichte Krümmung die direkte Stimulation des G-Punkts. Stufenlos regelbar – von zärtlich-sanft bis verführerisch-wild.«

Beim Lesen spürte Annika die Wirkung der Zeilen – ein Ziehen in der Magengrube, wobei sie hoffte, dass es auch genau dort blieb.

Schnell, als wäre die Schachtel heiß, stellte sie sie wieder weg. Dabei streifte sie mit dem Arm ein äußerst bizarres Gebilde, das dabei ins Wanken kam. Ehe es umfallen und andere Spielzeuge mitreißen konnte, hatte Annika es auch schon in der Hand.

Aus einem etwas klobigen metallenen Batteriefach wuchs ein massiver Schaft empor, der in rundliche Segmente geteilt war. An seiner Basis befand sich ein dicker gekrümmter Fortsatz, so lang wie Annikas Daumen. Oh, und kleine Perlen und Noppen gab es auch noch.

Befremdet und gleichzeitig merkwürdig berührt, drehte und betastete Annika den Vibrator – und schaltete ihn aus Versehen ein. Fast wäre ihr ein kleines Huch! über die Lippen gehuscht. Ihr wäre nie in den Sinn gekommen, dass die Dinger einsatzbereit im Regal standen! Außer einem leichten Vibrieren tat sich nichts, doch in ihrer Handfläche schien sich die Empfindung zu verstärken und wie schwach kribbelnder Strom über ihre Haut bis in ihren Schoß zu fließen. Gerne hätte sie die Augen geschlossen, um diesem Vibrieren in ihrer Hand und seiner Wirkung nachzuspüren. Stattdessen sah sie sich das Batteriefach genauer an und entdeckte dort drei winzige, flach ins Metall eingelassene Knöpfe und ein kleines Display. Dieses Schätzchen hier musste mehr können, als bloß vibrieren. Besonders der Fortsatz hatte es ihr angetan. Wenn man den Vibrator so hielt und einführte, dann befand sich der Fortsatz direkt an …

Das Glöckchen an der Ladentür bimmelte. Annika erschrak, als hätte man sie beim Stehlen im Supermarkt erwischt, und versuchte hastig, das Lustgerät auszuschalten. Vergeblich fummelte sie an den Knöpfen – das Ding surrte weiter vor sich hin. Hastig stellte sie es irgendwohin ins Regal und verzog sich in die hinterste Ecke des Raumes zu den DVDs und Büchern. Ohne hinzusehen, schnappte sie sich ein Buch, schlug es auf und tat, als wäre sie ganz darin vertieft.

Zum Glück kam die neue Kundin nicht in den Verkaufsraum, sondern sprach am Tresen mit der Verkäuferin. Von ihrem Platz aus konnte Annika sie nicht richtig sehen, sie registrierte lediglich eine große, schlanke Gestalt und langes, schwarzes Haar.

»Wie schön, dass meine Bestellung da ist! Danke, dass du mich gleich angerufen hast.«

Aha, die beiden scheinen sich zu kennen, dachte Annika.

»Ja klar!«, kam die Antwort der Verkäuferin. »War heute früh in der Lieferung dabei. Und ich wollte dich doch nicht noch länger auf dieses Prachtstück hier warten lassen.«

Annika sah das schmunzelnde, vertrauliche Zwinkern in der Stimme der Verkäuferin geradezu vor sich.

Die Kundin lachte. Kehlig und ungehemmt. Dann wurde das Gespräch halblaut weitergeführt, und Annika verstand die Worte nicht mehr. Aber die Stimmen – sie bekamen etwas Sinnliches, Aufgeladenes, als streichelten die beiden sich gegenseitig mit Worten.

Annika schluckte und merkte, wie warm es in dieser Ecke so nah am sonnenbeschienenen Fenster war. Ihre Kopfhaut prickelte, ihre Hände waren wieder feucht, und zwischen ihren Brüsten hatte sich bereits ein kleines Rinnsal gebildet.

Jetzt erst sah sie, was für ein Buch sie da in den Händen hielt: Ein doppelseitiges Foto zeigte zwei nackte, sehr verführerisch aussehende Frauen bei einer eindeutigen Handlung. Bestürzt blätterte Annika um, aber auch auf der nächsten Seite liebten sich die zwei Frauen, diesmal beide sitzend, die Beine um die Partnerin geschlungen, ihre Hände zwischen sich …

Fasziniert starrte Annika auf das Foto. Dann schlug sie das Buch zu – Lesbische Liebe: 20 Stellungen – und versuchte ihren beschleunigten Herzschlag zu ignorieren. Ob Lesben Vibratoren benutzten? Dildos?

Sie traute sich nicht, ihren Winkel zu verlassen, also ließ sie den Blick aus ihrer Ecke heraus...