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Survivor 2 (DEU) - Sammelband 2 - SF-Thriller

Peter Anderson

 

Verlag Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2013

ISBN 9783838751177 , 192 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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2,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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1


Was sie sahen, war ein Schlachtfeld.

Gabriel Proctor – oder Kasanov, dessen Geist auf irgendeine Weise in seinem Robotergehirn zugegen war – hatte es bereits gesehen. Während die anderen in der Höhle Unterschlupf gefunden hatten, hatte Proctor das Terrain erkundet.

Die Schlacht war vorbei. Überall auf der Ebene vor den Klippen lagen brennende Wracks – von Panzerfahrzeugen, von Kampfrobotern, von gepanzerten Vehikeln, die sich auf spinnenartigen Beinen fortbewegten, von abgestürzten Fluggeräten jeder Art. Auch tote Wächter und Freie lagen auf dem Schlachtfeld.

In der Ferne grollte noch immer Explosionsdonner. Dort, über einer weiten hügeligen Landschaft, die mit braunen, harten Gräsern bewachsen war, sah man eine Bergkette, deren Gipfel in graue Wolken gehüllt waren. Zwei große Luftschiffe kreisen vor diesen Bergen, und Explosionen flammten am Boden auf. Schwarzer Rauch erhob sich und wurde vom scharfen Wind auseinandergetrieben.

Im Gras vor ihnen lagen zerstörte Cyborgs und die teils grauenvoll verstümmelten Körper ihrer Gegner.

Proctor blickte Maria und Ai an – Nubroskis Reaktion interessierte ihn nicht – und sah das Erschrecken in Marias Augen, während Ai einigermaßen gelassen blieb. Marias schwarze Haare flatterten im kalten Wind, während Ai, die sich die Haare abgeschnitten hatte, in ihrem Drohnen-Overall entsetzlich frieren musste.

»Was ist hier nur geschehen?«, flüsterte Maria erschüttert.

Proctor hatte ihr beim Aufstieg geholfen, obwohl die Klippen nicht sehr steil waren und Maria, die in den Anden Perus aufgewachsen war, zu den besten Kletterinnen der Gruppe gehörte. Nun ließ er sie los. »Die Freien haben versucht, die Unterwasserfabrik zu erobern«, erklärte er noch einmal, was sie von Ryan-Kang erfahren hatten. »Sie wollten uns befreien.«

Maria sah sich um. »All diese Toten«, sagte sie erschüttert. »Nur für uns. Diese Menschen sind nur für uns gestorben …«

Trauer und Schmerz schwangen in ihrer Stimme mit. Proctors akustische Sensoren waren in der Lage, solche Schwankungen in einer menschlichen Stimme zu analysieren. Sein elektronisches Gehirn glich sie innerhalb von Sekundenbruchteilen mit vergleichbaren Daten ab, die er gespeichert hatte, und analysierte die Rückschlüsse auf den Gemütszustand des menschlichen Sprechers. Ja, Maria spürte Trauer, Schmerz und Schuld, weil diese Menschen für sie gestorben waren.

»Sie sind nicht für uns gestorben, Maria«, korrigierte er sie, »sondern für ihre Zukunft. Für die Zukunft dieser Welt.«

Maria schaute ihn an.

Auch ohne dass sie etwas sagte, wusste Proctor, was sie wollte, denn hatte den Ausdruck in einem menschlichen Gesicht zu interpretieren gelernt: Maria wollte, dass er seine Aussage erläuterte.

Er drehte sich um und wies auf Ai. »Sie und Ryan sind die Stammeltern der Freien. Unsere Duplikate waren schon einmal hier – schon viele Male. Und zwei von ihnen haben das Geschlecht der Freien gegründet. Sie haben den Widerstand gegen den Friedensstifter erst möglich gemacht.«

»Dann erwarten sie, dass wir ihnen die Freiheit bringen?«, fragte Nubroski. Er stieß ein hysterisches Lachen aus, das Proctor verriet, dass der Mann mit den Nerven am Ende war. Aber Nubroski war schon immer ein Weichling gewesen, rückgratlos, ängstlich und egoistisch. »Wir sind in einer fremden Zeit gestrandet«, fuhr Nubroski fort. »In einer Zeit, in der ein gottähnlicher Despot und seine Armee aus Zombies und Robotern die Welt regieren. Wie sollen wir ihnen da helfen?« Unvermittelt verwandelte sich seine Hysterie in Zorn. »Das ist Ihre Schuld, Kasanov! Sie haben uns hierher gebracht!«

»Ich habe Sie nicht hierher gebracht, Nubroski«, widersprach Proctor gelassen. »Sie sind mir gefolgt. Was wäre gewesen, wenn wir tatsächlich auf dem Planeten Sircus IV angekommen wären? Hätten Sie und Ihre Killerbrigade uns alle getötet?«

»Ich wollte nur Sie, Kasanov!«, brüllte Nubroski. »Ihr Wissen über die Steuerung der SURVIVOR!«

»Ja, ich war Ihnen wichtig – und nur ich«, antwortete Proctor unbeeindruckt. »Die anderen haben für Sie nicht gar nicht gezählt. Sie hätten sie getötet oder auf einem unbekannten Planeten zurückgelassen, Lichtjahre von der Erde entfernt.«

Er sah, wie Maria die Augen aufriss und Nubroski anstarrte. Auch in den asiatischen Zügen Ais sah er die Abscheu gegen diesen Mann.

Nubroski trat einen Schritt zurück. Er versuchte, den Blicken der anderen auszuweichen und hüllte sich in Schweigen.

Proctor hatte es geschafft. Es war wichtig, die Gruppe zu spalten. Das war von Anfang an sein Ziel gewesen. Deshalb hatte er Ryan Nash, Jacques d’Abo und Ai Rogers ausgewählt. Er hatte von vornherein bedacht, dass sich die Teilnehmer der Mission nicht gegen ihn verbünden durften.

Nein, nicht ich, ging es Proctor durch den Sinn. Das war Kasanov gewesen. Peter Kasanov hatte das alles geplant.

Aber er war Kasanov!

Seltsamerweise fühlte er sich nicht mehr so. Als hätte sich etwas verändert. Ryan Nash zu verlieren hatte ein seltsames Gefühl in ihm ausgelöst.

Gefühle …

Eigentlich traute man einem Maschinenwesen wie Proctor gar keine Empfindungen zu, aber er trug die Persönlichkeit eines Menschen in sich – und der hatte sehr wohl Gefühle empfunden.

Diese Programmierung löste nun auch in Proctor Emotionen aus – und das, obwohl in seinem Körper keine Hormone als biologische Botenstoffe kreisten, die ihm Unbehagen oder Angst, Glück oder Zufriedenheit und andere Empfindungen vorgaukeln konnten.

War Kasanov in Wirklichkeit nicht genauso schlimm wie Nubroski? Beide gingen über Leichen, wenn es darum ging, ihre Ziele zu erreichen. Über die Leichen von Ryan Nash und Jacques d’Abo. Und auch über die von Ai Rogers.

Nur eine Person war ihnen wichtig.

Maria dos Santos.

Und der Schlüssel, den sie trug.

Erst jetzt bemerkte Proctor, dass er sekundenlang nur dagestanden und nichts gesagt hatte.

Maria und Ai starrten ihn an. Er musste auf sie wirken wie eine Statue. Oder besser, wie eine Maschine, die unvermittelt zum Stillstand gekommen war. Durch einen Programmfehler oder Ähnliches.

Ja, es musste sich tatsächlich um einen Programmfehler handeln. Die Gedanken, die er sich machte, waren falsch. Kasanov hatte nach all dem Leid und den Schmerzen, die ihm in seinem Leben widerfahren waren, nicht mehr emotional reagiert. Aber er war sicherlich kein Mann wie Nubroski gewesen, dem es nur um die eigene Karriere ging. Kasanov hatte höhere Ziele verfolgt.

Das größte Ziel von allen.

Der Friedensstifter

Seine künstlichen Synapsen stellten diese Assoziation her, ohne dass er es gewollt hatte.

Er musste aufhören zu grübeln, musste die Fakten betrachten und analysieren.

Er hatte eine Mission zu erfüllen. Nur darum ging es. Dafür war er geschaffen worden. Dafür hatte Peter Kasanov die letzten Jahrzehnte seines Lebens gearbeitet.

Darauf war sein ganzes Leben hinausgelaufen.

Kasanovs Leben. Sein Leben.

Er war Peter Kasanov. Er hatte ein Ziel!

»Alles in Ordnung?«, fragte Maria und streckte die Hand nach ihm aus. Sie wollte ihn am Arm berühren, wagte es dann aber doch nicht.

Proctor wandte den Kopf und blickte sie an.

Bevor er antworten konnte, rief Nubroski Maria zu: »Sie reden mit einer Maschine, vergessen Sie das nicht!«

Sie wirbelte zu ihm herum. »Diese Maschine hat mir mehr als einmal das Leben gerettet!«, schrie sie ihn an. »Sie aber wollten mich umbringen!«

Ihre Worte versetzten Proctor in Erstaunen. Dann aber begriff er, dass Maria die Bemerkung nur deshalb gemacht hatte, um Nubroski anzugreifen.

Sehr gut …

Er, Proctor, hatte einen Keil zwischen sie getrieben.

Ai ging zu Maria, als die Südamerikanerin in Tränen ausbrach, und nahm sie in die Arme.

Proctor ließ es zu. Er würde Ai später gegen Maria ausspielen, aber momentan war es in seinem Sinn, wenn die Halbchinesin Maria Trost spendete und Kraft gab, damit sie nicht zusammenbrach.

Maria war von äußerster Wichtigkeit.

Der Schlüssel musste überbracht werden.

»Was werden wir jetzt tun?«

Es war Ai Rogers, die diese Frage stellte. Sie versuchte, stark und mutig zu wirken. Sie war auch stark, das wusste Proctor. Aber mutig war sie nicht. Die kommunistische Regierung Chinas, in deren Obhut Ai aufgewachsen war, hatte alles getan, um sie innerlich zu zerbrechen. Was sie tat, tat sie aus Verzweiflung. Das war ihre Stärke.

»Ich sagte es bereits«, erinnerte Proctor. »Ich kann euch alle zurück in eure Zeit bringen. Aber dafür brauche ich ein Labor, Werkstätten und die entsprechende Technik.«

»Und das glauben Sie bei den Freien zu finden?«, fragte Nubroski.

»Sie verfügen über Dimensionsportale«, erklärte Proctor. »Damit haben sie die technischen Voraussetzungen, die ich brauche, um uns einen Weg durch die Zeit zu öffnen. Ob man durch Raum oder Zeit geht, macht auf interdimensionaler Ebene keinen großen Unterschied, es ist nur ein anderes Ziel, das definiert wird. Sie wissen das sehr gut, Nubroski. Wir beide haben daran gearbeitet.«

»Und wäre es mir entfallen«, giftete der Russe, »hätten Sie mich eindrucksvoll daran erinnert, indem Sie mich in diese grauenhafte Zukunft geführt haben!«

»Können wir diese Zukunft denn nicht ändern?«, fragte Maria. »Ich meine, wenn wir erfahren, wer der Friedensstifter ist und wie das alles hier geschehen konnte, und wir reisen dann in unsere Zeit zurück – könnten wir das alles nicht ungeschehen...