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Die Schwarzen Perlen - Folge 17 - Die Dame in der roten Robe

O. S. Winterfield

 

Verlag Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2015

ISBN 9783732510412 , 64 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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0,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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Die Sonne ging als feurige Kugel über der Adria unter. Ihr rötlicher Schein flimmerte auf dem Wasser.

Wie eine Nixe erhob sich zwischen den plätschernden Wellen eine junge schlanke Frau. Sie hatte einen weißen Bikini an, ihr schwarzes Haar hing bis auf die Schultern, um den Hals trug sie eine schwarze Perlenkette.

Der Mann am Strand breitete die Arme aus. »Komm endlich, Olivia. Ich habe Angst um dich, wenn du so weit ins Meer hinausschwimmst. Und es ist schon spät.«

Die junge Frau watete durch das Wasser. Als sie am Strand ankam, begann sie zu laufen, bis sie den Mann erreicht hatte.

Sie warf sich in seine Arme. Er öffnete seinen Bademantel und hüllte sie ein. »Wenigstens beim Baden solltest du deine Perlenkette abnehmen, Olivia.«

Die junge Frau schüttelte den Kopf. »Nein, Salvatore, ich trenne mich nie von meinen schwarzen Perlen. Nur wenn ich sie auf meiner Haut fühle, kann ich sorglos sein.«

»Auch jetzt, wenn ich bei dir bin, Olivia? Ich beschütze dich doch.«

Olivia lächelte glücklich. »Ja, du beschützt mich, Salvatore. Du hast mich aus Angelo Montis Haus gerettet, du hast mich ins Leben zurückgeführt, aber deshalb kann ich auf den magischen Zauber meiner schwarzen Perlen nicht verzichten. Sie sind ein Teil von mir.« Olivia hob die Hände und streichelte über das Gesicht des dunkelhaarigen Mannes. »Deshalb brauchst du nicht gekränkt zu sein, Conte Salvatore Saretto.« Sie lächelte. »Ich liebe dich und brauche deinen Schutz. Ich habe mich dir anvertraut. Nur durch dich werde ich alles vergessen, war mir in den Abruzzen passiert ist.« Fröstelnd zog sie die Schultern hoch.

»Jene furchtbare Zeit im Nonnenkloster und das Leben bei Angelo Monti. Ich konnte ihn nicht lieben, Salvatore. Wird mich das Schicksal dafür bestrafen?«

Salvatore zog sie fester an sich. »Wie hätte eine Lady Olivia Douglas zu dem kleinen, einfachen Weinbauern passen können? Denk nicht mehr zurück, Olivia. Jetzt gibt es nur noch uns beide auf der Welt. Das Schicksal wird dich nicht bestrafen, es hat dir schon genug angetan, jetzt wird es dich auch einmal belohnen. Durch mich, Olivia. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich dich kennengelernt habe. Komm, gehen wir in unser Quartier zurück, es wird jetzt schon zu kühl.«

Eng aneinandergeschmiegt verließ das Paar den Strand und ging in das kleine Fischerhaus zurück, in dem es seit Tagen wohnte.

Salvatore Saretto hatte Olivia neue Kleider geschenkt und sich an ihrer kindlich anmutenden Freude darüber ergötzt. Um ihr seine Liebe zu zeigen, hätte er sie am liebsten mit Geschenken überhäuft.

An diesem Abend hatte er eine besondere Überraschung für sie. Auf ihrem Bett lag ein farbenprächtiger Sari aus glänzender Seide.

Olivias schwarze Augen leuchteten, sie schlang die Arme um Salvatores Hals. »Ein Sari? Oh, wie lange habe ich schon keinen mehr getragen.« Sie riss sich los und kniete sich vor das Bett. Fast andächtig streichelte sie die Seide. »Er erinnert mich an meine Heimat. In Indien war ich noch unbefangen und glücklich. Damals wusste ich noch nicht, welches schwere Los mir das Leben aufbürden würde.«

Salvatore zog Olivia hoch. Er küsste sie leidenschaftlich. Seine Hände fuhren über ihre nackten Schultern, und er flüsterte ihr zärtliche Liebesworte zu. Nur widerstrebend gab er sie frei, aber dann half er ihr, den Sari überzustreifen.

Olivia lief vor den kleinen Spiegel des einfach möblierten Wohnraums. »Schade, dass ich mich nicht ganz sehen kann.« Sie steckte sich das noch immer etwas feuchte Haar auf.

»Sieh in meine Augen, Olivia, dann weißt du, wie schön du bist.« Bewundernd lagen Salvatores Blicke auf der jungen Frau. Sie kam ihm wie eine exotische Blume vor. Der bunte Sari unterstrich den bronzefarbenen Ton ihres Teints. Ihre großen schwarzen Augen wirkten geheimnisvoll. »Und mit dieser bezaubernden indischen Schönheit will ich für immer zusammen sein.«

»Ja, Salvatore. In deinem Palazzo in Venedig.« Der Glanz in Olivias Augen vertiefte sich, sie drückte die Hände auf die Brust. »Wie sehr ich mich darauf freue. Oft meine ich, dieses Glück überhaupt nicht verdient zu haben.«

Sie schloss die Augen und dachte an die kleine Stella auf Ferrymoore Castle. Immer wieder schmerzte sie der Gedanke an ihre Tochter.

Zum ersten Mal hatte Olivia einem Mann nichts von ihrem Kind erzählt. Seitdem sie wusste, dass Salvatore ein Conte war, ein wohlhabender venezianischer Graf, brachte sie ihr Bekenntnis nicht über die Lippen. Sie wollte erst zur Ruhe kommen und sich erholen, dann würde sie Salvatore gestehen, dass sie bereits Mutter war und sich nach ihrem Kind sehnte.

***

Auch Salvatore war in diesen Minuten bedrückt. Er wurde in seiner weltbekannten Glashütte auf Murano gebraucht und konnte die Weiterreise nach Venedig nicht länger aufschieben. Zuvor aber musste er Olivia ein Geständnis ablegen.

Das tat er bei einem Abendspaziergang am Meer. Er legte den Arm zärtlich um die junge Frau. »Morgen müssen wir nach Venedig fahren.«

Olivia blieb stehen. »Warum sagst du, dass wir ›müssen‹, Salvatore? Freust du dich nicht darauf, in deinen Palazzo zurückkehren zu können?«

»Diese Freude ist leider nie ungetrübt für mich, Olivia. Bisher habe ich dich mit den Verhältnissen im Palazzo nicht belasten wollen. Aber nun muss ich dich einweihen. Meine Schwester Lucia besitzt ein Wohnrecht im Palazzo. Leider habe ich zu ihr ein sehr schlechtes Verhältnis. Lucia ist vierundvierzig Jahre alt und unverheiratet. Sie ist herrschsüchtig und spinnt ständig Intrigen. Nur meiner Gutmütigkeit ist es zu verdanken, dass wir nicht längst miteinander gebrochen haben. Außerdem ist da noch mein Neffe Valentino, der Sohn meines älteren Bruders.«

»Und wie stehst du zu deinem Neffen?«, fragte Olivia etwas erschrocken.

»Mit Valentino hätte ich keine Schwierigkeiten, wenn nicht Lucia dafür sorgen würde, dass auch zwischen ihm und mir die Atmosphäre immer etwas gespannt ist. Sie hat Valentino aufgezogen, seit seine Eltern bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kamen. Lucia hängt mit wahrer Affenliebe an ihm. Sie hat ihn zu ihrem Eigentum gemacht. Valentino ist heute vierundzwanzig, aber Lucia zwingt ihn zur Unselbstständigkeit. Sie lässt nicht einmal zu, dass er einen Posten in unserer Glashütte übernimmt. Dabei will sie, dass sie ihm eines Tages gehört, genauso wie der Palazzo.«

»Hast du deshalb noch nicht geheiratet, Salvatore?«

Mit erbitterter Stimme sagte Salvatore: »Ja, Lucia hat es immer zu verhindern gewusst, dass ich mit einer Frau glücklich wurde. Sie will nicht, dass ich Kinder habe, die meine Erben würden. Ihr Liebling Valentino soll mein Nachfolger werden.«

Olivia lehnte sich fester an Salvatore. »Ich werde also der Contessa Lucia nicht willkommen sein.« In Olivias Stimme schwangen unterdrückte Tränen mit. »Ich bin immer überflüssig auf dieser Welt. Mich will niemand.«

Salvatore riss Olivia an sich und bedeckte ihr Gesicht mit Küssen. »So darfst du nicht sprechen, Olivia. Ich liebe dich. Das Schicksal hat uns zusammengeführt, ich lasse dich nicht mehr allein. Ich werde gegen Lucia kämpfen. Um dich und für dich. Aber ich weiß, dass ich zunächst behutsam vorgehen muss. Bei Lucia darf man nicht mit der Tür ins Haus fallen. Damit gibt man ihr Gelegenheit, sofort Pläne zu schmieden und zuzuschlagen. Ich werde dich heimlich in den Palazzo bringen. Er ist groß genug, dass Lucia dich nicht zu sehen braucht. Du wirst alles haben, was du brauchst, ich werde liebevoll um dich besorgt sein. Und sei sicher, dass ich es schaffe, Lucia in einem günstigen Augenblick mein Geheimnis anzuvertrauen. Sie wird dich dann im Palazzo dulden müssen.« Salvatores Stimme klang immer fester. »Nur du sollst meine Frau werden, Olivia. Aber wir müssen etwas Geduld haben und dürfen keine Fehler begehen.«

Olivia befreite sich aus Salvatores Armen und ging langsam weiter, ohne darauf zu achten, ob er ihr folgte.

Salvatore blieb einige Sekunden betroffen stehen, dann lief er Olivia nach und hielt sie fest. »Bist du mir jetzt böse, habe ich dich verletzt, Olivia?«

Olivia warf den Kopf stolz in den Nacken. »Ich will keine Geduldete sein. Ich will mich nicht verstecken lassen. Sosehr mich das Schicksal auch schon geschlagen hat, ich kann nicht nur deine Geliebte sein, für die du vielleicht ein paar Stunden übrig hast. Das empfinde ich als demütigend. Lieber will ich wieder allein sein.«

Salvatore strich über Olivias Wangen. »Du bist jetzt erregt, Olivia, sonst könntest du nicht von unserer Trennung sprechen. Ich brauche dich doch. Und du brauchst mich. Oder ist es nicht so?«

Olivia zögerte noch ein Weilchen, dann drückte sie den Kopf an Salvatores Brust. »Ich vertraue dir, Salvatore, und ich werde das tun, was du von mir verlangst.«

***

Schon am nächsten Abend fuhren Conte Salvatore und Lady Olivia in einer Gondel den Canal Grande entlang. Der Gondoliere stand am Heck und tauchte seine lange Ruderstange beinah lautlos ins Wasser. An den Ufern brannten die Lampen und warfen einen geheimnisvollen Schein auf die alten Palazzi.

Andere Gondeln, Lastkähne und kleine Ruderboote waren auch um diese späte Stunde noch unterwegs, aus einem Vaporetto klang übermütiges Lachen, und auf den Brücken, die sich über den Canal Grande spannten, standen Touristen und unterhielten sich.

Olivia war sehr befangen. Sie rückte näher zu Salvatore und ergriff seine Hand. »Ich bin zum ersten Mal in Venedig. Es muss...