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Person sein und Geschichten erzählen - Eine Studie über personale Autonomie und narrative Gründe

Tim Henning

 

Verlag Walter de Gruyter GmbH & Co.KG, 2009

ISBN 9783110210200 , 297 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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194,95 EUR

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Teil III: Biographische Rechtfertigung und Narration (S. 234-235)

§ 32. Einleitung

In diesem letzten Hauptteil des Buches geht es darum, die Ergebnisse der beiden vorhergehenden Teile zusammenzufügen. Dies wird schließlich meine These bestätigen. In Teil I habe ich behauptet, dass es zum Gehalt unseres Begriffs der Person gehört, dass wir von Personen bestimmte Einstellungen erwarten. Wir betrachten es als Teil eines nicht-defizitären personalen Lebens, dass eine Person sich praktisch an dem orientiert, was sie im emphatischen Sinne wirklich will. Solche Einstellungen der Identifikation haben Rechtfertigungsbedingungen. Deshalb gehen sowohl Subjekte von Identifikationen als auch intersubjektive Kritiker derselben bestimmte Begründungslasten ein.

Diese müssen sie explizit machen und einlösen können. Insbesondere gilt: Es ist nur dann gerechtfertigt, dass eine Person sich mit einer Einstellung identifiziert, wenn bestimmte Überzeugungen über ihre Geschichte gerechtfertigt sind. Sowohl die Person selbst als auch intersubjektive Beurteiler müssen daher bestimmte biographische Überzeugungen vertreten. Subjekte von Identifikationen haben darüber hinaus schließlich auch bestimmte wertende Einstellungen zu Teilen ihrer Geschichte. Sie müssen sich im Kontext einer Geschichte wichtiger Anliegen situieren.

In Teil II habe ich dann notwendige und hinreichende Bedingungen für Narrativität ausformuliert. Das wichtigste Ergebnis lautete: Beschreibungen von zeitlich geordneten und intelligibel verknüpften Ereignissen sind nur Narrationen, wenn diese Ereignisse die richtige Art von Bedeutsamkeit für Rezipienten der Beschreibungen haben.

Hier zeige ich nun, dass die biographischen Einstellungen von Subjekten und intersubjektiven Kritikern von Identifikationen diese Bedingungen erfüllen. Für die Subjekte argumentiere ich, dass die biographischen Überzeugungen und Wertungen, die mit ihrer Identifikation verknüpft sind, Narrativität konstituieren. Wer sich gerechtfertigt mit einer Einstellung identifiziert, nimmt auf eine Geschichte Bezug, die für ihn die Art von Bedeutsamkeit hat, die Narrationen auszeichnet. Kurz: Subjekte von Identifikationen müssen sich im Kontext dramatischer Erzählungen über ihre Geschichte situieren. Auch für intersubjektive Kritiker von Identifikationen wird sich ein solcher Befund verteidigen lassen.

Allerdings ist hier eine Einschränkung beachten: Man kann eine Person, die sich mit einer Einstellung identifiziert, natürlich auch deshalb kritisieren, weil diese Einstellung überhaupt keine Rolle in ihrer Geschichte spielt. Dazu bedarf es zwar trotzdem biographischer Überzeugungen, aber diese konstituieren keine Geschichten. Doch zumindest affirmative intersubjektive Urteile über Identifikationen legen den Urteilenden auf narrative Einstellungen fest. Das Problem, das diesem Zusammenhang vor allem zu lösen ist, ist folgendes: Wir können von intersubjektiven Beurteilern nicht erwarten, dass sie der Geschichte des Subjekts die emotionale Bedeutung beimessen, die wir bei diesem selbst voraussetzen dürfen. Dies nenne ich das Problem der mangelnden emotionalen Signifikanz im intersubjektiven Falle. Auch dieses Problem wird sich aber als lösbar erweisen.

Das also ist das verbleibende Programm: Es ist zu zeigen, dass die biographischen Einstellungen, um die es in Teil I geht, nach Maßgabe der Kriterien in Teil II Narrationen sind. Wenn sich dieses Programm erfüllen lässt, wird meine These begründet sein: Wir erwarten von Personen aus begrifflichen Gründen bestimmte Einstellungen, und diese Einstellungen bedürfen der Rechtfertigung durch Geschichten. Auch die Relevanz von Narrationen für unsere Praxis wird so in einem ihrer Aspekte verständlich: Wir benötigen Geschichten, um zu verstehen, wer wir sind und was unsere wirklichen Anliegen sind.