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Offene Geheimnisse - und andere Enthüllungen

Amelie Fried

 

Verlag Heyne, 2009

ISBN 9783894809638 , 176 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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6,99 EUR

  • Aloha auf vier Pfoten Momente
    Kinderkochbuch
    Das Muttermal - Roman
    Die Maschen der Frauen - - Friday Night Knitting Club - Roman
    Zeit des Glücks - Roman
    Den Teufel an die Wand - Roman
    Du wirst lachen, mir geht's gut - Roman
    Der Kuss des Apollo - Roman
  • Das Orwell-Haus
    Unter Damen - Roman

     

     

     

     

     

     

     

 

 

Gibt es etwas Deprimierenderes als den Frühling? Die Vögel singen, prominente Liebespaare lassen sich halbnackt fotografieren, die Badesaison droht, und es muss ein neuer Bikini her.
Es soll ja Männer geben, die Frauen lieben - die Gestalter von Anprobekabinen in den Bademodenabteilungen von Kaufhäusern gehören definitiv nicht zu ihnen. Das müssen die schlimmsten Frauenhasser unter der Sonne sein, denn warum sonst leuchten sie gnadenlos diese Kabuffs aus, in denen wir unser winterweißes Fleisch aus den zu eng gewordenen Jeans schälen, um fröhlich-bunte Bikinis anzuprobieren, die uns eigentlich Langnese-gute-Laune machen sollten.
Gute Laune? Von wegen! Mit vor Entsetzen starrem Blick in den Spiegel beschließen wir, nicht zu glauben, was wir sehen. Dieses Dellengebirge sollen unsere Oberschenkel sein, dieser Michelin-Reifen unsere Taille? Unmöglich. Das kann nicht sein. Das grelle Licht von oben suggeriert einen völlig falschen Eindruck. Dann fällt uns ein: Die Sonne am Strand kommt auch von oben.
Soll das etwa heißen, die anderen Badegäste sehen, was wir gerade sehen?
Aaaargh! Flucht aus der Kabine, Rettung ins nächste Café, ein Stück Torte mit Sahne und einen süßen Kakao für die aufgewühlten Nerven. Gibt es nicht so was wie ein Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit? Das Recht auf menschliche Behandlung, auch in Bademoden-Umkleidekabinen? Was wir dort erleiden müssen, grenzt an eine Verletzung der Menschenrechte.
Wollen diese Idioten von Kaufhaus-Managern keine Bikinis verkaufen, oder warum gibt es keine Kabinen mit sanfter Beleuchtung und leichten Zerrspiegeln? Es wäre doch so einfach, uns hinters Licht zu führen! Wir Frauen wollen belogen werden, was unsere körperlichen Mängel angeht. Ich würde Hunderte von Bikinis kaufen, wenn ich mich in der Illusion wiegen könnte, gut darin auszusehen. Stattdessen trage ich seit fünf Jahren dieselben ollen Teile, was echt peinlich ist, weil ich im Urlaub immer auf dieselbe Insel fahre. Dort kennt man meine Bikinis schon. Aber bevor ich mir die Schmach eines weiteren Bikinikaufs zumute, werde ich Nudistin.
Vermutlich bleibt mir ohnehin in absehbarer Zeit nichts anderes übrig, denn da gibt's noch ein anderes Problem: Keine Ahnung, ob's an einem plötzlichen Evolutionssprung liegt oder an den Hormonen im Kalbfleisch, jedenfalls haben die Frauen heute alle einen riesigen Busen. An mir ist diese Evolution leider vorbeigesprungen, ich trage A-Cup, soll heißen: ein halbes Tässchen voll Oberweite, und das ist in der Bademodenwelt nicht mehr vorgesehen. Selbst wenn ich also mal einen passenden Bikinislip gefunden habe, kann ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass es kein Oberteil dazu gibt. In den Kabinenvorhang gewickelt halte ich Ausschau nach der Verkäuferin, die mir vorschlägt, es doch mal in der Kinderabteilung zu probieren.
Zum Glück gibt es in diesem großen Versandhaus, das man vorwärts und rückwärts lesen kann, Bikinis mit A-, B- und C-Cups, und die Slips dazu kann man getrennt bestellen. (Kennen Sie eine Frau, die oben und unten die gleiche Größe hat? Ich nicht.) Das nenne ich eine Revolution auf dem Gebiet des Bikiniangebots! Anprobiert wird bei Kerzenschein, und was nicht passt, schickt man zurück.
Danach wirft man noch mal einen Blick auf die Fotos der halbnackten Prominenten, und siehe da: Entdeckt man da nicht eine winzige Delle am Po von Claudia Strunz, Franzi van Almsick oder Britney Spears? Hach, das Leben ist schön, die Cellulite verschont auf Dauer auch unsere berühmten Geschlechtsgenossinnen nicht, und jetzt genießen wir endlich den Frühling!

Hilfe, Hausbesetzer!

Ich liebe meine Kinder. Ich würde jedem an die Gurgel gehen, der ihnen etwas antun möchte. Immer habe ich mir Kinder gewünscht, und ich bin unendlich glücklich, dass ich sie habe. Trotzdem gibt es hin und wieder Momente, in denen ich wünsche, ich wäre zehntausend Kilometer weit weg von ihnen, auf einer einsamen Insel.
Zum Beispiel die Sache mit der Jacke. Jeden Samstag hat mein Sohn ußballtraining. Jeden Samstag geht er mit Jacke hin und kommt ohne Jacke wieder. Mein Sohn ist vierzehn, nicht fünf. Er ist der drittbeste Schüler in seiner Klasse. Er hat seine eigene Homepage entworfen, er kann mir den Urknall erklären und kennt nicht nur sämtliche Bundesligavereine, sondern auch alle amtierenden deutschen Minister und ihre Ressorts. Er ist kein dummes Kind. WARUM vergisst er trotzdem jeden Samstag seine Jacke in der Turnhalle (die das Wochenende über natürlich verschlossen ist, was bedeutet, dass er - auch im tiefsten Winter - bis Montag ohne Jacke rumläuft)?
Oder: Tesafilm. Ich habe ihm in seinem Leben ungefähr hundert Tesafilm-Abroller geschenkt, die er samt und sonders verloren hat. Trotz meines ausdrücklichen, tausendfach ausgesprochenen, mit allen Drohungen dieser Welt versehenen Verbotes klaut er regelmäßig meinen Abroller (der häufig für immer verschwunden bleibt), was mich so aufregt, dass ich vor Wut durch die Decke gehen könnte. Ist ihm übrigens völlig egal. Lieber eine Mutter auf dem Dach, als keinen Tesa-Abroller zur Hand.
Oder: die Klamotten-Berge. Weil meine Tochter zu faul ist, einmal getragene oder nur kurz anprobierte Kleider wieder in den Schrank zu räumen, schmeißt sie alles in die Wäsche. Drei bis vier Maschinen pro Tag kommen da schnell zusammen. Ich kann bitten, schimpfen, mich auf den Boden werfen, weinen, schreien, wüten - keine Wirkung. Null. Am nächsten Tag ist der Wäschekorb wieder voll.
Die nassen Handtücher am Boden, die offene Zahnpastatube im Waschbecken, die frei flottierenden Schuhe, die überall herumliegenden Haargummis - bei jedem Gang durchs Haus mache ich die immer gleichen Aufräumarbeiten, die bereits nach Stunden nicht mehr zu bemerken sind. Dann geht alles wieder von vorn los.
Manchmal möchte ich leise vor mich hin weinen. Die Sinnlosigkeit meines Tuns macht mich melancholisch. Woher nehmen zwei kleine, egoistische Menschenmoster das Recht, mich zu all den stumpfsinnigen, sich endlos wiederholenden Tätigkeiten zu zwingen, und dafür obendrein kein bisschen dankbar zu sein?
Kinder kolonialisieren unser Leben. Sie besetzen unser Herz und unser Haus, sie halten uns mit unsichtbaren Fesseln gefangen und beanspruchen unsere Zeit und unsere Kraft wie nichts und niemand sonst.
Außerdem hören sie unsere CDs, leihen sich unsere T-Shirts, benutzen unsere Wimperntusche, unsere Schere, unseren Computer, unseren Internet-Anschluss, unsere Digital-Kamera.