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Das Ende des großen Fressens - · Wie die Nahrungsmittelindustrie Sie zu übermäßigem Essen verleitet - · Was Sie dagegen tun können

David Kessler

 

Verlag Mosaik bei Goldmann, 2011

ISBN 9783641055059 , 352 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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8,99 EUR


 

Was tun? Ein Ausflug in die Lerntheorie (S. 161-162)

31 / Das Gehirn ins Boot holen


Allen Widrigkeiten zum Trotz haben wir immer wieder die Gelegenheit, den Zyklus aus Reiz-Verlangen-Belohnung-Gewohnheit zu durchbrechen und gegen konditioniertes Essen vorzugehen. Die Gegenwehr beginnt mit dem Abstecken eines Orientierungsrahmens, der sich auf Ergebnisse der Lerntheorie und die Erkenntnisse diverser anderer wissenschaftlicher Bereiche stützt. Im Folgenden möchte ich Theorien vorstellen, auf denen die in diesem Buch vorgestellten Behandlungsstrategien beruhen.

Um uns vor Reizen zu schützen, die auf uns einwirken und zum Handeln antreiben, müssen wir zunächst erkennen, wie empfänglich wir für solche Reize sind. Beim konditionierten Überessen sind Hinweise auf bestimmte Lebensmittel der Reiz, und das Überessen ist die gewohnheitsmäßige Reaktion. Die Hinweise sind laut James Leckman, Professor für Kinderpsychiatrie und Kinderheilkunde am Kinderforschungszentrum der medizinischen Hochschule der Universität Yale, »Einladungen an das Gehirn«.[Ref 197]

»Die Fähigkeit, auf das Verlangen nach Nahrung zu reagieren, ist uns angeboren, doch wenn man diesem Antrieb zu häufig nachgibt, gerät das System aus den Fugen. Dann werden diese Reize für den Einzelnen übermächtig«, erläutert Leckman. »Um unser Gehirn zu steuern, müssen wir ihm misstrauen. Uns sollte klar sein, dass unsere grauen Zellen uns dazu auffordern, Dinge zu tun, die zu irgendeinem Zeitpunkt der Evolution einmal sehr nützlich waren, aber inzwischen verkehrt laufen.«

Welch dramatische Ausmaße eine fehlgeleitete Selbststeuerung annehmen kann, beschreibt Raymond Miltenberger am Beispiel des zwanghaften Haarerupfens, einer Reiz-Reaktions-Störung, unter der vornehmlich Mädchen und Frauen leiden.[Ref 198] Die Betroffene bekommt ein einzelnes Kopfhaar in die Finger und sagt sich: »Das eine kann ich ja ausrupfen, das macht nichts.« Damit hat sie den Kampf um die Selbstbeherrschung im Grunde schon verloren. Um gegen den Drang anzukämpfen, muss sie zunächst verstehen, dass ihre Reaktion automatisch abläuft–und dann begreifen, dass aus dem einen Haar unweigerlich 20 weitere werden.

Erst dann ist sie in der Lage, sinnvolle Interventionstechniken zu erlernen und anzuwenden. Eine wirksame Abwehrmaßnahme lenkt uns von der konditionierenden Macht eines Reizes ab, bevor dieser die übliche Reaktion auslösen kann. Wir erinnern uns daran, dass es möglich ist, Nein zu sagen. Das Eingreifen beginnt mit dem Wissen, dass uns ein–kurzer–Moment der Entscheidung bleibt, in dem wir erkennen, was gleich passieren wird, und stattdessen etwas anderes tun können.