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Weblogs versus Journalismus: Zwischen Konkurrenz und Komplementarität
Stefanie Stradmann
Verlag Diplomica Verlag GmbH, 2010
ISBN 9783836647632 , 102 Seiten
Format PDF, OL
Kopierschutz frei
Textprobe: Kapitel 3.4, Interpretation: Im Durchschnitt lässt sich ein höherer Informationsgehalt seitens der Tageszeitungen und damit seitens des traditionellen Journalismus feststellen. Im Vergleich bieten die journalistischen Texte pro Artikel fast das Vierfache an verschiedenen Aspekten der Nachricht (Weblogs im Durchschnitt 12 Aspekte, TZ im Durchschnitt 44 Aspekte). Dennoch konnten Weblogs ergänzend neue Aspekte, anführen die Journalisten als 'Laien' zum Beispiel auf dem technischen Gebiet des Hackerangriffes ohne Bezugnahme weiterer Quellen oder Experten nicht hätten anbringen können. Bei der Anzahl der Akteure liegt der Durchschnitt in den Weblogs bei unter einem Viertel im Vergleich zu den Tageszeitungen. Genauso verhält es sich mit der Anzahl der verwendeten Zitate und dem durchschnittlichen Umfang eines Artikels. Des Weiteren erreichen Weblogs gerade einmal 7% des Verbreitungsgrades von Tageszeitungen. Der Grad der Publizität ist somit im Journalismus um ein Vielfaches größer. Folglich erreichen klassische Nachrichten weitaus mehr Menschen als Nachrichten die online in Weblogs publiziert werden. Nur in der Transparenz der Recherche und somit in der Kategorie Quellenangabe schneiden Weblogs um 38 Prozentpunkte besser ab als die untersuchten Tageszeitungen. Zudem findet in Weblogs in 50 % der Fälle keine strikte Trennung von Nachricht und Werbung statt. Insgesamt können Weblogs die Informationsbreite von journalistischen Artikeln nicht erreichen, besitzen aber durchaus Potential zur Nachrichtenvermittlung. Einzelne Weblogs, unter anderem auch die Journalisten Weblogs 'Spreeblick.de' sowie' netzpolitik.de', weisen einen journalistischen Standard auf und erreichen eine fast vergleichbare Qualität wie die journalistischen Artikel. Dies wiederum bekräftigt die Vermutung, dass J-Blogs das größte Konkurrenzpotential besitzen. Der Weblog 'netzwertig.de' erreicht mitunter sogar einen höheren Informationsgehalt wie beispielsweise 'die Welt', obwohl dieser kein klassischer J-Blog ist. Sind auch keine ausgebildeten Journalisten an den Publikationen von 'netzwertig.de' beteiligt, weißt der Weblogs dennoch klassische redaktionelle Strukturen auf, die evtl. für das hohe Maß an Qualität durch internen Qualitätskontrolle verantwortlich sein kann. Privatbetriebene Weblogs konnten hingegen kaum an die journalistsischen Standards heranreichen. Da bei dieser Inhaltsanalyse die verlinkten Texte und dessen Informationsgehalt außen vor gelassen wurden, müsste in einer weiteren Untersuchung geprüft werden, ob durch diese Verweise nicht sogar ein ähnlicher Informationsgehalt wie er in traditionellen journalistischen Texten zu finden ist, zustande kommen kann. Zusammenfassend lässt sich jedoch feststellen, dass Weblogs als Gesamtheit betrachtet journalistische Standards im traditionellen Sinne nur peripher erfüllen. Lediglich JBlogs oder Weblogs mit Redaktion ähnlichen Strukturen scheinen journalistische Ansprüche erfüllen zu können. Zwar bieten Weblogs durch die Form der Publikation eine viel höhere Aktualität dennoch fehlen vielen Veröffentlichungen die Recherchetiefe und vielleicht auch die Recherchemöglichkeiten, die Journalisten durch die Partizipation in einer Redaktion und durch diverse deutsche Mediengesetze geboten werden. Diese Ergebnisse werden von einer 2009 durch Neuberger durchgeführten Studie in der Internetangebote auf ihre journalistische Identität hin untersucht wurden, gefestigt. Gerade einmal 18,6 % von 97 untersuchten Weblogs wiesen die Einhaltung journalistischen Standards auf. Die geringe Zahl relevanter Weblogs bezüglich der journalistischen Leistung bestätigt für Neuberger, dass Blogger im Wesentlichen komplementäre und nur punktuell journalistische Leistung erbringen. Dennoch sollte die Bedeutung der Weblogs für die Öffentlichkeit nicht als geringe eingeschätzt werden, da sie, wie auch im Fall der vorangegangenen Inhaltsanalyse, Quelle für den Journalismus sein kann und zur öffentlichen Anschlusskommunikation fungiert.