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Troublemaker

Avery Flynn

 

Verlag LYX, 2020

ISBN 9783736311725 , 296 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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1. Kapitel


Umgeben von den in Armani und Michael Kors gehüllten oberen Zehntausend von Harbor City konnte Hudson Carlyle die Augen nicht von ihr abwenden.

Obwohl sie Pfennigabsätze trug, reichte sie den anderen Gästen kaum bis zu den Schultern. Ihr langes dunkles Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden, doch ein paar Strähnen hatten sich aus dem leuchtend pinken Gummi gelöst und fielen ihr offen über den Rücken. Und dann das Kleid. Schwarz, formlos und wadenlang, überließ es alles der Fantasie. Sie hätte eine dieser Ameisenkolonien darunter verstecken können, für die diese Benefizveranstaltung des Naturkundemuseums der Stadt Geld sammelte. Es war absolut nichts an ihr, das ein Mann wie er normalerweise anziehend fand, und zwar so, dass er nicht einmal, sondern gleich mehrmals hinsehen musste. Aber genau das tat er. Warum? Er hatte keine Ahnung. Und doch war er von den unglaublich blauen Augen hinter ihrer großen schwarz eingefassten Brille und ihren Wangenknochen so fasziniert, dass er am liebsten sofort zu Leinwand und Pinsel gegriffen hätte.

Ein leises Hüsteln lenkte seine Aufmerksamkeit weg von der geheimnisvollen jungen Frau hin zu seiner Mutter, die seinen gefesselten Blick sofort bemerkt hatte. Mist. Hudson Carlyles Mutter hatte einen siebten Sinn für diese Dinge, und der Ausdruck in ihren stahlgrauen Augen ließ keinen Zweifel zu. So hatte sie seinen älteren Bruder Sawyer immer angesehen, als sie ihn verkuppeln wollte. Jetzt war also er dran. Dieser Blick sagte nichts anderes als: Ich habe das perfekte Opfer für dich gefunden.

Hudson rieb sich den Nacken und versuchte, das Prickeln auf seiner Haut zu ignorieren, um sich stattdessen wieder auf die Cocktailparty zu konzentrieren.

Zum Glück waren da jede Menge wohlhabende Gäste, die Helene Carlyle von ihrer Mission ablenken würden – was immer sie auch vorhatte. Nun ja, das und die Tatsache, dass die Party im Ameisentrakt des Museums stattfand. Das war genauso gruselig, wie es sich anhörte.

Die Wände waren mit zwei Glasscheiben verkleidet, zwischen denen Ameisen zur Schau gestellt waren. Wenn er nicht so ein Familienmensch wäre, hätte er nie im Leben einen Fuß in diesen Raum gesetzt. Lieber hätte er sich in seiner Hütte eingeschlossen, um die Gemälde zu vollenden, die er längst verkauft hatte. Beziehungsweise, die »Hughston« verkauft hatte, einer von Harbor Citys begehrtesten – und geheimnisumwobensten – Künstlern.

Seine Brust verengte sich bei dem Gedanken an all die kleinen Notlügen, die er seiner Familie über die Jahre aufgetischt hatte, um sein Doppelleben zu verschleiern. Sie hielten ihn für einen reichen Playboy, den nur interessierte, wie er das nächste Supermodel ins Bett bekam, und so sollte es auch bleiben.

Dennoch: Wenn seine Familie ihn brauchte, war er zur Stelle, selbst wenn er dazu in einen Raum voller Ungeziefer musste.

»Komm, wir mischen uns unter die Gäste«, verkündete seine Mutter in diesem Tonfall, der keine Widerrede duldete. Sie schob ihren Arm unter seinem Ellbogen hindurch und marschierte los.

Er schüttelte den Kopf. Na, dann von mir aus. Dank seiner Größe konnte er über die Köpfe hinweg beobachten, wie sich die Gästeschar vor ihnen teilte, als würde er die Queen über den roten Teppich geleiten. Manche nickten zum Gruß, andere versuchten, Helene Carlyles Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Seine Mutter bedankte sich mit einem huldvollen Kopfnicken, ließ sich aber nicht aufhalten. Stattdessen steuerte sie auf Hudsons älteren Bruder Sawyer zu, der mit seinem ehemaligen besten Freund Tyler Jacobson zusammenstand, ohne sich jedoch mit ihm zu unterhalten.

»Ich freue mich natürlich, dass du mich zu dieser Benefizgala begleitest«, fuhr Helene fort. »Aber es wäre mir viel lieber, wenn du eine eigene Begleiterin hättest.«

Hudson kräuselte die Lippen zu einem leisen Lächeln und hob spöttisch die Brauen – eine Angewohnheit, die seine Mutter auf die Palme treiben konnte, während sich die heißesten Partygirls der Stadt seufzend ihren Fantasien hingaben. »Pass auf mit dem Wort Begleitung«, warnte er sie. »Sonst kommen die Leute noch auf wilde Ideen, was ich mit meiner freien Zeit anfange.«

Sie zog die Augenbrauen hoch. »Angesichts der Tatsache, dass ich hier fast jeden kenne und alle definitiv wissen, wer ich bin, dürfen wir davon ausgehen, dass niemand meinen Sohn für einen Callboy hält.«

»Man wird doch wohl noch träumen dürfen.« Hudson zuckte lachend die Schultern und blickte seinem Bruder und Tyler entgegen. Die Feindseligkeit zwischen den beiden hatte über die zurückliegenden Monate nachgelassen, trotzdem hatte ihre jahrzehntelange Freundschaft nachhaltig gelitten.

»Auch eine Mutter wird doch wohl noch träumen dürfen«, erklärte Helene mit einem Mitleid heischenden Seufzen, das sie stundenlang geübt haben musste. Sie senkte kurz den Blick, um ihn dann mit unschuldigem Augenaufschlag von unten herauf anzusehen.

»Fang nicht wieder damit an.« Er verlangsamte seine Schritte, als er das vertraute Funkeln in ihren Augen sah. Sie tat so, als würde sie sich von den Masons ablenken lassen, die in trauter Zweisamkeit erschienen, obwohl sie kurz vor der Scheidung standen. Doch er ließ sich nicht täuschen. »Hör auf, mich so anzuschauen. Ich kenne diesen Blick. Genauso hast du meinen Bruder angesehen, bevor du die Operation Bringt Sawyer unter die Haube losgetreten hast. Ich bin immun dagegen.«

»Ich habe keine Ahnung, wovon du redest.« Sie drückte seinen Arm, und ein verschlagenes Lächeln spielte um ihren Mund – der fast genauso aussah wie der, der ihn jeden Morgen im Spiegel begrüßte, nur dass ihrer in diesem Moment eher einer Haifischschnauze mit gebleckten Zähnen glich. »Aber du siehst dabei verdammt gut aus.«

»Mutter, das mit dem Charme solltest du besser mir überlassen. An dir wirkt das angsteinflößend.«

Sie tätschelte seine Wange etwas fester als nötig und schüttelte den Kopf. »Trotz deines Charmes wirst du nicht immer bekommen, was du willst. Nicht auf lange Sicht.«

»Keine Sorge. Kurzfristig funktioniert er hervorragend.« Er zwinkerte ihr zu und setzte den Weg fort, um sie auf Sawyer zuzuführen. Er musste sie loswerden, ehe sie sich weiter an dem Thema festbeißen konnte, und sein Bruder war ihm noch einen Gefallen schuldig. »Und auf lange Sicht wird mir mein Bankkonto beste Dienste leisten.«

Helene Carlyle war nicht der Typ Frau, der sein Missfallen durch Schnauben kundtat. Stattdessen ließ sie ein leises Niesen hören.

»Die meisten Leute dürften darauf hereinfallen, Hudson Bartholomew Carlyle«, sagte sie, »aber ich nicht.« Damit richtete sie ihren Blick auf Sawyer und dessen ehemals besten Freund, die sich demonstrativ ignorierten, während Sawyers Frau Clover sich angeregt mit Tyler unterhielt.

Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie sich die junge Frau in dem Sackkleid einen Weg durch die Menge bahnte, und zwar mit dem gleichen Ziel, das auch er ansteuerte. Für einen kurzen Moment wirkte sie beinahe anmutig, doch als sie sich Sawyer und Tyler näherte, stolperte sie über ihre eigenen Füße.

Seine Muskeln spannten sich kurz an, und er wünschte sich, er wäre nahe genug, um sie aufzufangen. Aber Sawyer und Tyler reagierten geistesgegenwärtig und konnten einen Sturz verhindern. Sie sagte etwas zu Tyler und schob ihre schwarze Brille, die beinahe über die Spitze ihrer Stupsnase gerutscht wäre, zurück an ihren Platz. Obwohl sie nur ein paar Meter entfernt stand, konnte er nicht hören, was sie sagte, weil sie so leise sprach. Als Antwort erhielt sie ein schroffes »Kein Problem« und ein nicht minder unhöfliches »Schon okay« von den beiden Männern. Der Vorfall schien Sawyer und Tyler aus ihrer feindseligen Starre zu reißen, und für einen Moment sah es so aus, als würden sie jetzt doch ein Gespräch beginnen. Stattdessen nickten sie der jungen Frau beide einen Gruß zu und strebten dann in entgegengesetzte Richtungen davon, wobei Sawyer seine Frau Clover mit sich zog.

Diese Idioten. Es war vollkommen offensichtlich, dass die beiden ihre Fehde am liebsten beilegen würden, bloß wollte keiner den ersten Schritt tun. Wobei er zugeben musste, dass er Tyler die Schuld an dem Zerwürfnis gab. Schließlich konnte Sawyer nichts dafür, dass Tylers Verlobte splitternackt in seinem Bett gelegen hatte.

Obwohl Sawyer sie weggeschickt hatte, war Tyler nicht davon abzubringen, dass er die Verantwortung trug. Absurd, dieser Stolz.

Hudsons Unmut wuchs zusätzlich, als er die rätselhafte junge Frau betrachtete, die immer noch da stand und Tyler nachsah. Ein Ausdruck von Kummer überschattete ihre Augen und überzog ihre Nasenspitze mit einem leichten Hauch von Rosa. Als Maler hatte Hudson schon sein Leben lang Menschen beobachtet und ihre Geheimnisse zu ergründen versucht, um sie besser porträtieren zu können, und eines wusste er bereits über diese Frau – sie war ganz klar verliebt in Tyler. Die Arme. Sie war definitiv nicht sein Typ. Tyler mochte hochgewachsene Blondinen mit großen Brüsten und scharfem Mundwerk.

»Du musst das klären, Hudson«, bat ihn seine Mutter und lenkte ihn damit – zum zweiten Mal – von der Frau ab.

»Ich?« Er folgte ihrem Blick, der auf Sawyer gerichtet war. »Das ist doch nicht mein Problem.«

»Ich frage mich ernsthaft, warum ich dir nicht regelmäßig die Ohren langziehe.« Ihre Worte klangen streng, doch ihr Tonfall verriet, wie sehr sie ihren Jüngsten liebte. »Er ist dein...