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Faszination Kloster

Karl Josef Wallner

 

Verlag Gütersloher Verlagshaus, 2011

ISBN 9783641065522 , 192 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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13,99 EUR


 

"4. Von den Mönchen lernen (S. 127-128)

Arbeit, Leib und Seele

Auch wir Mönche sind von den industriellen und technischen Veränderungen betroffen. Das gilt vor allem für den Bereich der Arbeit. Mönche, die nicht arbeiten, gibt es nicht. Bei Gästen erleben wir zwei Varianten von Vorurteilen : Die einen verwechseln ein Zisterzienserkloster mit einer Art Ashram östlicher Prägung, wo es nur und ausschließlich um Meditation und geistige Erbauung geht. Östliche Religiosität ist geprägt von einer Dominanz des Geistigen, es geht dort vielfach tatsächlich darum, durch geistige Meditation den Schein dieses irdischen Lebens hinter sich zu lassen; es geht um das Abstreifen des Irdischen, das Vergeistigen, das Aussteigen. Wir Christen glauben an einen Gott, der nicht ausgestiegen, sondern in diese Welt herabgestiegen ist.

Jesus Christus hat, so dürfen wir aus der Bibel schließen, dreißig Jahre als Handwerker gearbeitet, wie er es von seinem Nährvater Josef gelernt hatte. Kulturgeschichtlich ist durch den christlichen Glauben daher eine positive Neubewertung von manueller Arbeit eingetreten. Bei Cicero findet sich noch das abfällige Urteil: »Mit einem Arbeiter spreche ich nicht!« Arbeiter, also Sklaven, waren Menschen zweiter Klasse und galten als »Sache«. Von großer Bedeutung für die Aufwertung der Arbeit ist die Benediktsregel. Im 48. Kapitel entwirft Benedikt einen Rhythmus von Arbeitszeit, Gebetszeit und Zeit für die Lesung. Da sich schon der Apostel Paulus rühmen konnte, sich durch sein Handwerk als Zeltmacher selbst erhalten zu können (1 Thessalonicher 2,9), schreibt Benedikt einen Satz, der eine immense Wirkung entfalten sollte: »Erst dann sind sie wirkliche Mönche, wenn sie wie unsere Väter und die Apostel von ihrer Hände Arbeit leben.« (Regula Benedicti 48,8). Christusnachfolge und Arbeit, Mönchtum und Handarbeit gehören also zusammen.

Dabei hält Benedikt die manuelle Handarbeit im 6. Jahrhundert für viel wichtiger, als dies noch die ägyptischen Mönchsväter wenige Jahrzehnte zuvor getan hatten: Diese konzentrierten sich so stark auf das Beten, dass sie nur zur psychologischen Ablenkung Körbe flochten. Die sie dann wieder händisch auflösten. Hier hat Arbeit keinen Sinn in sich, sondern ist nur Zweck der Meditation. Das war nicht christlich. Für Benedikt ist das Arbeiten auch vom Resultat her sinnvoll, man darf und soll sich über das Gelingen freuen.

Nur stolz werden soll man nicht, wenn man ein Handwerk besonders gut beherrscht. Wer sich zu viel auf sein Können einbildet, dem muss man seine Tätigkeit wieder wegnehmen (Regula Benedicti 57,2). Arbeit ist also zugleich Instrument der Seelenkultur als auch der Produktivität. Daher wurden übrigens unsere alten, von den Mönchen erbauten Klöster so groß und prächtig, weil man sich am Gelingen freute. Vorrangig kommt dem Tätigsein bei Benedikt ein spiritueller Sinn zu. Das größte Übel sieht er in der Faulheit, im »otium«. Das Nichtstun ist die schlimmste, die geradezu dämonische Gefahr für die Seele. Wörtlich heißt es: »Müßiggang ist der Seele Feind. Deshalb sollen die Brüder zu bestimmten Zeiten mit Handarbeit, zu bestimmten Stunden mit heiliger Lesung beschäftigt sein.« (Regula Benedicti 48,1).

Wenn man nichts zu tun hat, dann stellt sich schnell eine »Fadesse« der Seele ein. Nur aus dem Zusammenspiel von spiritueller Seelenkultur (»ora«) und körperlicher Arbeitskultur (»labora«) ergibt sich eine gesunde monastische Lebensform. Wer also in ein christliches Kloster kommt und meint, dass wir hier den ganzen Tag nur auf der Matte liegen und erbauliche Gedanken haben, der irrt! Ich habe einmal einen jungen Mann, der vor der Hochzeit noch die Firmung empfangen wollte, einfach ein Wochenende lang immer zu allem mitgenommen: Führung für Jugendliche, Taufgespräch, Abendmesse, Chorgebet …"