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Perry Rhodan 3066: Drangwäsche - Perry Rhodan-Zyklus 'Mythos'

Michael Marcus Thurner

 

Verlag Perry Rhodan digital, 2020

ISBN 9783845360669 , 64 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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1,99 EUR


 

4.

Neuer Auftrag, neues Glück

 

Onker Dous Leben hatte den Gipfel der Monotonie erreicht. Monotonie war gut, denn sie bedeutete, dass es an Bord der RAS TSCHUBAI ruhig war. Und Ruhe hieß für ihn weitgehend friktionsfreie Arbeitsschichten.

Selbstverständlich gab es immer wieder Probleme im Freizeitbereich. Ogygia, das Rekreationsdeck mit dem gewaltig großen Freizeitpark im Zentrum, stand oftmals im Brennpunkt. Wenn Rauschmittel oder Langeweile im Spiel waren – oder wenn wieder mal ein paar Terraner meinten, sich unbedingt mit einem Epsaler anlegen zu müssen.

»Versucht es bloß nicht!«, warnte Dou das Trio. »Ich müsste euch wegen Widerstands gegen die Interne Sicherheit beim Bordrat melden – und ich müsste euch vielleicht wehtun.«

»Red nicht so geschwollen daher!«, sagte Mimigo Hantubele, das Großmaul der Truppe. »Gegen drei von uns hast du keine Chance. Also geh uns aus dem Weg, Kleiner.«

Hantubele war ein notorischer Unruhestifter. Ein begabter Labortechniker zwar, aber mit einem viel zu hohen Aggressionspotenzial. Irgendwie war der Rudyner vor der Abreise der RAS TSCHUBAI bei der Aufnahme neuer Besatzungsmitglieder durchgerutscht. Kein System war perfekt. Selbst die Semitronik ANANSI beging Fehler. Weil man in den Charakter von Individuen nicht hineinschauen konnte.

»Ihr hattet genug Vurguzz für heute. Zieht euch in die Kabinen zurück und schlaft euren Rausch aus!«

»Willst uns wohl Vorschriften machen, du abgebrochener Sitzriese?«, höhnte Hantubele, während seine Kumpanen dazu johlten. »Mir reicht's endgültig mit der Bevormundung durch die Interne! Wenn ich einen draufmachen möchte, mache ich einen drauf!«

»Tu. Es. Nicht«, wiederholte Onker Dou und stellte sich möglichst breitbeinig hin. Die Konfrontation war nicht mehr aufzuhalten.

»Ich spuck dir auf die Glatze, du Quadratziegel!«, rief Hantubele, ging einen Schritt vor, schnappte nach Dou – und fuhr ins Leere. Der Zweimeterriese stolperte vorwärts und fing seinen Schwung am Stamm einer Buche ab, die in diesem Viertel Ogygias verstärkt vorkamen.

Hantubeles Begleiter erwachten aus ihrer Starre und stürzten sich ebenfalls auf Dou. Beide würden spätestens am kommenden Tag bereuen, was sie angestellt hatten. Mit dicken Köpfen würden sie zu Kreuze kriechen und sich für ihr Verhalten entschuldigen. In diesem Moment aber waren sie nicht mehr zu bremsen.

Onker Dou unterdrückte einen Seufzer. Die Monotonie war doch nicht so gut, wie er es gerne gehabt hätte. Sie bot den Besatzungsmitgliedern zu wenige Gelegenheiten, sich aneinanderzureiben.

Illustration: Dirk Schulz

Hantubele kehrte zurück. Mit einem Zornesschrei stürzte er sich auf Onker Dou.

Onker Dou schüttelte ihn ruckartig ab, streifte die Ärmel seiner sauberen Uniform hoch und erledigte seinen Job.

 

*

 

Klavs Herm Luetyens empfing Onker Dou in der Schiffszentrale. »Ich habe gehört, es gab ein wenig Ärger in Ogygia?«

»Nicht der Rede wert«, antwortete Dou knapp.

»Du hast die Situation bereinigt?«

»Ja.«

»Und ich darf wieder mal mit einer Beschwerde des Bordrates wegen des Einsatzes von unverhältnismäßiger Gewalt rechnen?«

»Ja.«

Luetyens seufzte tief. »Diese Klagen nehmen überhand, Onker.«

»Ich habe getan, was getan werden musste. Du weißt, dass wir einige Unruhestifter an Bord haben. Ich bin strikt gegen Gewalt. Aber wir müssen Grenzen ziehen.«

»Wer war es denn dieses Mal?«

»Mimigo Hantubele.«

»Ich verstehe. Und ich finde ihn in der Medoabteilung?«

»Er wird ambulant behandelt. Ich habe darauf geachtet, dass er morgen seinen Dienst antreten kann. Ich plädiere übrigens dafür, ihn bis zum Ende der Reise aus dem Verkehr zu ziehen und anschließend von Bord zu expedieren.«

»Das werden wir auch tun, aber ... Nun, lassen wir das. Wir müssen über ein anderes Thema sprechen. Über eine besondere Aufgabe, für die ich dich gerne gewinnen möchte.«

»Und zwar?«

»Es geht um einen anderen ... Unruhestifter an Bord. Einen, den du in den nächsten Tagen überwachen sollst.«

»Was ist daran besonders?«

»Er ist schwer zu handhaben.«

»Das ist Hantubele ebenfalls.«

»Aber Hantubele ist kein Haluter.«

»Oh.« Onker Dou sah seinen Vorgesetzten an. »Du meinst nicht zufällig den einzigen Haluter, den wir an Bord haben ...?«

»Richtig. Wir reden von Icho Tolot, der in den nächsten Tagen in eine Drangwäsche geraten wird. Ich möchte, dass du dich um ihn kümmerst und darauf achtest, dass keine Katastrophe geschieht.«

Haluter: na toll. Haluter in Drangwäsche: tollkühn.

 

*

 

Auf einen Haluter aufzupassen, der kurz vor der Drangwäsche stand, kam noch vor der Herausforderung, einen epsalischen Springfloh zum Haustier zu erziehen.

Icho Tolot betrat den kleinen Besprechungsraum der Zentrale. Onker Dou gesellte sich zu ihm und nickte, ohne ein Wort zu sagen. Sie waren die einzigen Anwesenden, nur ANANSI hörte zu und protokollierte die Unterhaltung.

Der Haluter beugte sich weit zu ihm herab. »Du bist also ab nun mein Leibwächter?«

»Ich bin Beobachter und Begleiter während deiner Drangwäsche«, korrigierte ihn Dou.

»Dann freue ich mich auf eine gute Zusammenarbeit.«

»Ja.«

Die halutische Höflichkeit wirkte befremdlich auf ihn. Sie klang aufgesetzt und machte ihn misstrauisch.

Dou hatte schon des Öfteren mit Icho Tolot zu tun gehabt und wusste, dass der Haluter seine Worte durchaus ernst meinte. Das Planhirn sorgte für unübertroffene Korrektheit, auch in der bewussten Wahl der Worte.

»Hattest du schon einmal mit einem Haluter zu tun, der kurz vor dem Vurhatu stand?«

»Nein. Ziehst du eigentlich in Betracht, in den Suspensionsalkoven zu steigen und die Zeit bis zur Ankunft in der Milchstraße im Dämmerschlaf zu verbringen? Die RAS TSCHUBAI wäre dadurch ein weitaus sichererer Ort.«

»Matho Thoveno und ich haben über diese Option gesprochen«, meinte Tolot. »Ich stünde in dieser Zeit nicht mehr als Ratgeber und Expeditionsleiter zur Verfügung.«

»Cascard Holonder ist ein kompetenter Kommandant.«

»Richtig. Aber ich besitze, bei aller Bescheidenheit, weit mehr Erfahrung als er. Darüber hinaus ist nichts über die Wirkung des Suspensionsalkovens auf die halutische Psyche bekannt, wenn ich in meiner Drangwäsche eingeschränkt werde. Mag sein, dass mir der Aufenthalt in seinem Inneren schadet. Oder dass sich das Aggressionspotenzial aufschaukelt und ich nach der Ankunft in der Milchstraße erst recht Probleme mache.«

»Wie ist dein Vorschlag? Sollen wir dich in einem Beiboot aussetzen, damit du dich irgendwo zwischen den Sternen austoben kannst?«

Tolot stand starr da wie ein Monument. Er bewegte sich nicht, atmete nicht. So, als hätte er seine Körperstruktur umgewandelt und wäre gleich darauf verstorben.

»Verzeih, Onker Dou«, sagte der Haluter nach einer Weile. »Die Lust nach Drangwäsche macht sich deutlicher als sonst bemerkbar. Ich muss dagegen ankämpfen.«

Dou war kein ängstlicher Epsaler. Doch Tolots Worte ließen sein Herz schneller schlagen. Sollte der Haluter die Kontrolle verlieren, würde er ihn in Stücke reißen.

»Wir könnten dich in eine Simulationswelt auf Deck 14 versetzen«, nahm er den Gesprächsfaden wieder auf. »Die Größe der Trainingshallen ist variabel. Es wäre ausreichend Platz, um dir die Illusion zu verschaffen, dass du dich auf einer exotischen Welt bist und dich austobst.«

»Das würde einerseits wahrscheinlich funktionieren. Aber es würde die Drangwäsche deutlich in die Länge ziehen. ANANSI und Holonder sind nicht damit einverstanden, wenn ich zwei Wochen lang durch Deck 14 toben würde.«

»Also sollten wir die Reise unterbrechen und dich irgendwo im Nirgendwo aussetzen.«

»Ich habe einen Vorschlag«, meldete sich ANANSI zu Wort. ANANSI, die allgegenwärtige Semitronik des Schiffs.

»Und zwar?«, fragte Tolot.

»Das Hüllensalkrit des Schiffs muss via Hyperschwingungs-Induktoren aufgeladen werden. Die Salkrit-Kristalle erreichen das Ende ihrer Halbwertzeit. Ich habe zwar noch einen Puffer von einigen Millionen Lichtjahren, aber wir könnten diese Zwischenetappe bereits einlegen.«

Diese Reiseunterbrechung war vor einigen Wochen intern diskutiert worden. Sie mussten die RAS TSCHUBAI in die unmittelbare Nähe einer geeigneten Sonne bringen und via Zapfung den höchstmöglichen Energiefluss für die einmalige Aufladung des Salkrits schaffen.

Vierzehn Kilogramm der immens wertvollen Hyperkristalle mussten dotiert werden – und dafür wurden zwei Wochen terranischer Zeit veranschlagt.

»Hast du bereits ein Ziel im Auge?«, fragte Tolot die Bordsemitronik.

»NGC 1169 bietet sich an. Diese Galaxis hat einen Durchmesser von etwa hundertdreißigtausend Lichtjahren und ist damit deutlich größer als die Milchstraße. Es sollte sich im Halo eine geeignete Sonne für die Zapfung finden lassen.«

Ein Holo entstand zwischen Dou und Tolot. Es zeigte die nähere Umgebung entlang ihrer Flugroute. Der Reisevektor wies in Richtung Milchstraße, die noch viel zu weit weg war, um mehr als ein winziger weißer Fleck in der Darstellung zu sein, einer von vielen Tausend.

Das Holo saugte Dou in sich auf. Er glitt tiefer in die Darstellung, die Größenverhältnisse änderten sich. Eine Balkenspiralgalaxis geriet in den Fokus. Ihr Kern leuchtete rot, er wurde von älteren Sternen dominiert. Die Spiralarme hingegen zeigten nebelartige Bänder und Schlieren, die sich nach einem...