dummies
 

Suchen und Finden

Titel

Autor/Verlag

Inhaltsverzeichnis

Nur ebooks mit Firmenlizenz anzeigen:

 

Eine Herausforderung zum Küssen - Krimikomödie

Birgit Gruber

 

Verlag Zeilenfluss, 2020

ISBN 9783967140668 , 289 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

4,99 EUR


 

1


 

 

 

Der Wecker klingelte gnadenlos. Widerwillig öffnete ich einen Spalt breit meine Augen, während ich mit der Hand nach dem lärmenden Ungetüm angelte und endlich die Taste fand, um die unsanfte Beschallung zu beenden. Schlaftrunken hievte ich ein Bein aus dem Bett. Das zweite war im Begriff, zu folgen. Mitten in der Bewegung hielt ich jedoch inne. Verdammt! Heute war doch mein freier Tag. Warum nur hatte ich vergessen, den blöden Wecker auszuschalten? Ich ließ mich wieder zurück in die kuscheligen Federn sinken, bevor ich zehn Minuten später dann doch aus dem Bett sprang. Genau in der Sekunde, als mir im Dämmerzustand der Hinweis durch den Kopf waberte, dass ich meinen freien Tag mit meiner Kollegin Linda getauscht hatte.

Es war gerade einmal kurz nach fünf Uhr. Eine unchristliche Zeit, wie ich fand. Aber seit gut drei Monaten begann mein Tag so früh. Genauer gesagt, seit ich im Hotel »Zur Sonne« als Servicekraft für das Frühstück zuständig war. Damit verdiente ich zwar kein Vermögen, aber der Job ließ sich relativ gut mit meiner Tätigkeit als freie Mitarbeiterin der örtlichen Zeitung vereinbaren, von der allein ich meinen Lebensunterhalt nicht bestreiten konnte.

Ich bin übrigens Kati Blum. Anfang dreißig und Witwe. Mein Mann Thorsten starb vor einem guten dreiviertel Jahr. Seitdem wohne ich allein in der kleinen Wohnung, die wir liebevoll unser »Baumhaus« nannten, weil sich eine große, alte Eiche, die sich auf dem Anwesen der alteingesessenen Bayreuther Juweliersfamilie Blum befand, direkt nebenan regelrecht an unsere Fenster schmiegte.

Ja, Sie haben richtig gehört. Anwesen! Die Familie Blum hat nicht nur irgendein Grundstück samt Haus in Bayreuth. Nein, sie lebt seit Urzeiten auf einem Anwesen, das etwa dreitausend Quadratmeter umfasst und kann eine Villa ihr Eigen nennen, die wahrscheinlich eine ganze Grundschule hätte beherbergen können. Natürlich war sie prachtvoll ausgestattet. Darauf achtete Anke Blum, meine Schwiegermutter, die Herrscherin über das Blum’sche Königreich.

Ich glaube, in früheren Zeiten wäre Anke mindestens eine Herzogin oder so etwas in der Art gewesen. Das Herumkommandieren beherrschte sie jedenfalls mit links. Man könnte sagen, es lag ihr im Blut.

Thorsten, mein verstorbener Mann, war ihr einziges Kind, und weder sie noch Klaus, mein Schwiegervater, waren von der überstürzten Heirat ihres Sohnes mit einer völlig Fremden begeistert gewesen. Sie müssen wissen, wir hatten uns im Urlaub kennengelernt und schon nach ein paar Tagen das Jawort gegeben. Nun, die Ehe war gut gewesen, wenn auch nur von kurzer Dauer. Lediglich auf vier gemeinsame Jahre konnte ich zurückblicken, bevor Thorsten ein bis dahin unerkannter Herzfehler auf tragische Weise aus dem Leben riss.

So blieb ich allein zurück. Als Kuckuckskind, das dem Ehepaar Blum mal eben so über Nacht ins Nest gelegt worden war. Da ich aber zu meiner Hunderte von Kilometern entfernten Heimat keinerlei Kontakte mehr hatte und meine Eltern inzwischen nach Australien ausgewandert waren, blieb ich in Bayreuth. Das Baumhaus, es war mein Zuhause geworden, und ich liebte es, ebenso wie meine mütterliche Freundin, die ebenfalls auf dem Blum’schen Anwesen wohnte und hier den Haushalt schmiss.

 

Gähnend watschelte ich zu meiner kleinen Küchenzeile, um den Kaffeeautomaten anzuschalten. Wie immer gab er zum Gruß erst einmal ächzende Geräusche von sich. Ich wünschte auch ihm einen guten Morgen und verschwand unter der Dusche. Besonders gut geschlafen hatte ich letzte Nacht nicht. Irgendetwas musste wohl wieder passiert sein, denn die lauten Sirenen der Feuerwehr rissen mich zwischendurch kurzzeitig aus meinem wohlverdienten Schlaf.

Da mein geliebtes Baumhaus gleich an der Einfahrt zum Blum’schen Anwesen lag, und somit fast direkt neben der Straße, bekam ich des Öfteren Sirenen zu hören. Polizei, Feuerwehr, Krankenwagen. Die ganze Palette fuhr hier vorbei, wenn auf der Autobahn etwas passiert war. Und natürlich auch sonst, je nach Zielort. Inzwischen kannte ich jede Sirene genau und wusste sofort, um welches Fahrzeug es sich handelte. Letzte Nacht war eindeutig die Feuerwehr im Einsatz gewesen. Nun ja. Ich hoffte einfach einmal, dass nichts wirklich Schlimmes geschehen war.

Wenig später schwang ich mich auf mein Fahrrad und traf pünktlich zum Schichtbeginn um sechs Uhr im Hotel ein. Jetzt hieß es bis elf Uhr Frühstück herbeizuräumen, Schüsseln und Platten nachzufüllen, Gäste zu bewirten und alles wieder abzuräumen. Das war mein Job. An sechs Tagen die Woche. Da ich mich aber als Bedienung gar nicht so dumm anstellte und obendrein den Duft von Kaffee und frischen Croissants liebte, war ich nicht unglücklich damit.

»Guten Morgen«, trällerte ich Alex, dem Koch, zu, während ich mich aus meiner Strickjacke befreite. Es war Ende Mai, und in diesen Tagen herrschten frühsommerliche Temperaturen. Jedenfalls den Tag über. Morgens war es der Jahreszeit entsprechend noch frisch.

»Morgen Kati. Was machst du denn heute hier?«, nuschelte Alex und schlug Eier in eine große Metallschüssel.

Ich schmiss meinen Kram in den Spind und betrat die Küche.

»hab mit Linda getauscht. Sie hat einen Arzttermin oder sowas«, erklärte ich und sah ihm zu, wie er in Rekordzeit ein Dutzend Eier bearbeitete. Ich liebte seine Rühreier! Abgesehen davon war Alex außerdem nett. Er war jung. Die Ausbildung zum Koch hatte er erst im letzten Jahr erfolgreich beendet, und das cholerische Verhalten vieler erfahrener Köche hatte sich bei ihm noch nicht festgesetzt. Klar, Chefköche mussten alles im Griff haben, Mitarbeiter wie Speisen. Und sie mussten auf die Minute genau arbeiten, egal wie viel los war. Vielleicht gehörte da ein etwas aufbrausendes Auftreten einfach mit zum Berufsbild. Alex hingegen war immer entspannt, so lange ich ihn kannte, und hatte meist ein spitzbübisches Grinsen im Gesicht, fast so, als wollte er den Lebensmitteln, mit denen er arbeitete, sagen: Jetzt passt mal gut auf, was ich aus euch zaubern werde.

»Ist Sahra schon da?«, erkundigte ich mich nach meiner Kollegin, mit der ich heute zusammen die Schlacht am Frühstücksbuffet meistern würde.

Alex wies mit dem Kinn in Richtung Speisesaal. »Drin.«

»Du bist ja heute ganz schön einsilbig«, stellte ich fest und band mir meine lange burgunderrote Schürze um die Taille.

»Ach. Nicht gut geschlafen.«

»Das liegt dann wohl in der Luft. Meine Nacht war auch nicht das Gelbe vom Ei.«

Alex hielt inne. Einen Augenblick sahen wir uns an, dann in die Schüssel. Beide lachten wir los.

»Nein. Eine Gartenlaube in meiner Nähe hat kurz nach Mitternacht Feuer gefangen«, erklärte Alex gleich darauf.

»Ach, echt?«

»Das war ein Gestank, sag ich dir. Ist genau in mein Fenster gezogen, der Qualm. Und spätestens als die Feuerwehr anrückte, stand ich im Bett. Mann, sind die Sirenen laut.«

»Wem sagst du das«, seufzte ich. Somit war auch dieses Rätsel des Morgens gelöst. Also kein Unfall auf der Autobahn. Ein Gartenhäuschen hatte gebrannt.

»Morgen Kati«, rief da Sahra und schwang die Tür gekonnt mit ihrem Hinterteil auf. In den Händen trug sie zwei große aufeinandergestapelte Bäckerkörbe mit frischen Brötchen. Gleich hinter ihr erschien Oskar mit einer ebenso großen Kiste, randvoll gefüllt mit Orangen.

»Uff.« Er stellte die schwere Box auf die lange Anrichte.

»Ah, gut. Du kannst gleich damit anfangen, die Orangen zu pressen«, ordnete Alex an, ohne seine Tätigkeit zu unterbrechen.

»Na, dann wollen wir mal. Oder?«, fragte Sahra und zwinkerte mir zu.

Ich griff bereits ins Regal, um die Brotkörbchen herauszuholen.

Es war ein schöner Morgen. Die Sonne verlor keine Zeit und schien, kaum dass sie aufgegangen war. Den Gästen, die im Wintergarten direkt neben der Glasscheibe ihr Frühstück einnahmen, wurde bald warm. Später Eintreffende wählten gleich einen Platz auf der Terrasse. Eigentlich war es mehr ein Innenhof als eine Terrasse. Der Wintergarten war in U-Form an das alte Sandsteingebäude angebaut worden, sodass man von der Straße aus über den Innenhof zum Eingang des Restaurants gelangte. Er war mit seinem Kopfsteinpflaster und den Granitsteinen schön anzusehen. Seitlich und auch in der Mitte standen große Kübel mit verschieden hohen Grünpflanzen, dazu etliche Holztische und -stühle mit schwarzen Metallfüßen.

Der Himmel war blau und mit einzelnen weißen Wölkchen geschmückt. Vögel pfiffen. Die Welt und auch die Gäste schienen mit sich im Einklang zu sein. Die Kirchturmuhr schlug zehn Mal. Wie schnell die Zeit doch verging.

Ich trug ein Tablett mit dreckigem Geschirr zur Küche. In der Nähe des Buffets lief mir Sahra entgegen, die allmählich mit dem Abräumen begann.

»Sag mal, hast du Frau Hofmann heute schon gesehen?«, fragte ich sie und blieb stehen.

Sahra hob den Kopf. »Hofmann?«

»Du weißt schon, die adrette ältere Dame mit den rotlackierten Fingernägeln. Schätzungsweise Ende fünfzig. Sportlich-elegant gekleidet, trägt meist Turnschuhe. Ist recht nett und immer freundlich.«

»Ach die. Nee. hab ich nicht gesehen.«

»Komisch. Als ich mich vorgestern mit ihr kurz unterhalten habe, hat sie mir erklärt, dass für sie das Frühstück die wichtigste Mahlzeit des Tages ist. Aber nur vor neun Uhr! Das hat sie extra noch betont und gemeint, dass es schließlich Frühstück heißt, und nach neun Uhr wäre es für den Körper nicht mehr gesund. Das würde sonst ihren Stoffwechsel durcheinanderbringen.«

Sahra zuckte mit den...