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Planlos ins Chaos - Krimikomödie

Birgit Gruber

 

Verlag Zeilenfluss, 2020

ISBN 9783967140651 , 245 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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4,99 EUR


 

1


 

 

 

Die kleinen Schnurrhaare zitterten aufgeregt, aber sie rührte sich nicht von der Stelle. Wie eine Statue saß die kleine Katze auf meiner Sofalehne und starrte mir geradewegs in die Augen. Es schien, als würden wir spielen: Wer zuerst blinzelte oder wegschaute, hatte verloren. Ein massiver Fortschritt, wenn man bedachte, dass das Kätzchen vor drei Tagen bei mir eingezogen war und sich seitdem unter meinem Bett versteckt hatte. Nun jedoch fixierten mich seine grünen Augen und zogen mich regelrecht in den Bann. Das grau-weiße Fell schimmerte in den Sonnenstrahlen, die durchs Fenster hereinfielen. So, wie die Katze dasaß, mit den langen Haaren und dem anmutenden Gesichtchen, strahlte sie regelrecht etwas Erhabenes aus. Dabei musste es sie eine ungeheure Kraft kosten, sich mir derart zu stellen, so scheu, wie sie sich seit unserem ersten Aufeinandertreffen verhalten hatte. Sie besaß meine Hochachtung dafür.

Ich lehnte mich etwas vor, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, und streckte meinen Arm ganz langsam aus, um sie zu streicheln. Sie war nur etwas größer als meine Handfläche. Zarte zwölf Wochen alt, und genaugenommen war ›sie‹ ein Kater und gehörte zur Rasse ›Norwegische Waldkatze‹. So jedenfalls hatte man es mir im Tierheim mitgeteilt, als sie mir übergeben worden war. Dabei war ich eigentlich nur beruflich dort gewesen, um ein paar Fotos zu knipsen.

 

Ich bin Kati Blum, arbeite freiberuflich bei der örtlichen Tageszeitung und werde immer dann losgeschickt, wenn Firmenjubiläen oder Festlichkeiten eine kurze Erwähnung in der Zeitung finden sollen, möglichst mit Foto.

 

Genau aus diesem Grund hatte ich vor drei Tagen dem Tierheim einen Besuch abgestattet. Eine edle Spenderin hatte sich gefunden und dem Verein eine großzügige Summe in Höhe von zweitausend Euro zukommen lassen. Das wollte natürlich publik gemacht werden – vielleicht mit dem Hintergedanken, weitere tierliebe Menschen auf die Idee zu bringen, es ihr gleichzutun. Also schoss ich ein hübsches Foto von einem überdimensionalen Scheck zusammen mit ein paar Hunden und Katzen, darunter das kleine Fellknäul, das mir nun gegenübersaß. Katzen- und Hundebabys kamen schließlich immer gut an.

Dann beging ich den Fehler, einer Mitarbeiterin gegenüber zu erwähnen, dass ich mit Katzen großgeworden war, und nein, ich hätte derzeit kein Haustier. Vielleicht irgendwann einmal. Langer Rede kurzer Sinn: Eins führte zum anderen. Anfangs hatte ich mich noch gegen eine spontane Lebensgemeinschaft mit dem kleinen Kater gesträubt, denn seitdem nach nur dreijähriger Ehe mein Mann plötzlich an einem bislang unerkannten Herzfehler verstorben war und mich zur jungen Witwe gemacht hatte, lebte ich auch gut ohne einem männlichen Mitbewohner an meiner Seite. Aber die Tierheimmitarbeiterin hatte nicht mehr lockergelassen und die Mitleidskarte des süßen, armen kleinen Findelkinds ausgespielt, zumal es sich um eine Rassekatze handelte. Ein echter Glücksfall! Wir wären einfach füreinander bestimmt … und so weiter und so fort. Er war aber auch süß.

Da saßen wir also, der Kleine und ich. Zum ersten Mal, seit ich ihn in meinem Baumhaus abgesetzt hatte, durfte ich ihn nun tatsächlich berühren und spürte das seidig-glatte Fell unter meinen Fingern, während ich ihn sanft streichelte. Langsam schloss er seine Augen und begann zu schnurren. Zuerst leise, dann immer lauter.

»Wow! Für so einen kleinen Kerl hast du ein ganz schön lautes Organ«, stellte ich überrascht fest. »Was hältst du von Max? Ich meine, irgendwie muss ich dich ja nennen. Jetzt, nachdem wir doch noch Freundschaft geschlossen haben.«

Er öffnete einen Spaltbreit die Augen, bevor er sie wieder zufallen ließ und die Streicheleinheiten weiterhin sichtlich genoss. Ich wertete seine Reaktion als Zustimmung. Somit war es beschlossene Sache.

Ich warf einen Blick auf die Uhr. Max‘ Schnurren im Zusammenspiel mit den hereinfallenden wärmenden Sonnenstrahlen hatte eine beruhigende und einschläfernde Wirkung auf mich. Das konnte aber auch daran liegen, dass ich bereits seit fünf Uhr auf den Beinen war. Da meine Einkünfte aus dem Zeitungsjob nicht für den Lebensunterhalt ausreichten, war ich seit einiger Zeit auch im Frühstücksservice im Hotel Zur Sonne tätig.

Ich merkte, wie meine Glieder schwer wurden, und die Aussicht auf ein kleines Mittagsschläfchen war mehr als verlockend.

Gerade als ich mich wohlig aufs Sofa kuschelte, schwang mit Wucht die Wohnungstür auf und ein Tornado namens Anke wehte herein. Erschrocken fuhr ich hoch und Max konnte sich gerade noch mit seinen kleinen Krallen festhalten, bevor er von der Lehne fiel.

»Tot! Tot! Und warum muss ich sowas aus der Zeitung –«, bellte sie, bevor sie innehielt und mit spitzem Finger auf Max zeigte. »Was ist DAS?!«

Ich sah von ihr zu Max, der nun doch auf dem Boden gelandet war, sich elegant abrollte und verschwand. Schnell beeilte ich mich aufzustehen und die Tür, die immer noch offenstand, hinter Anke zu schließen, bevor mein kleiner Mitbewohner das Weite suchen konnte. Bei Ankes Anblick hätte ich es ihm nicht verübeln können.

»Eine Katze.«

»Das sehe ich! Du weißt aber schon, dass laut Mietvertrag keine Haustiere erlaubt sind?«

Anke, ihres Zeichens meine Schwiegermutter und Vermieterin, war wie immer herzallerliebst. Wir kannten uns nun seit gut fünf Jahren, und ebenso lange wohnte ich hier, in der kleinen Wohnung über der Garage, die ich liebevoll ›mein Baumhaus‹ nannte. Baumhaus deshalb, weil sie gleich neben der Einfahrt zum Blum’schen Anwesen lag und direkt gegenüber eine große alte Eiche stand, die mit ihren Ästen und Blättern hin und wieder meine Fenster kitzelte. Das Blum’sche Hoheitsgebiet umfasste mehrere tausend Quadratmeter, lag fast mitten in Bayreuth und war vermutlich seit Anbeginn der Zeitrechnung in Familienbesitz. So führte sich meine Schwiegermutter auch auf. Die Blums waren alteingesessene Bürger, besaßen seit Urzeiten das Juweliergeschäft der Stadt, schwammen in Geld und gehörten zur Bayreuther High Society. Ankes Lebensaufgabe war es zu regieren, aber ›aufplustern‹ würde es meiner Meinung nach wohl besser treffen. Als ich ihren geliebten Sohn Thorsten spontan im Urlaub kennengelernt und gleich geheiratet hatte, war sie not amused gewesen. Aber über die Jahre hinweg hatten wir einen Weg gefunden miteinander auszukommen. Nach Thorstens überraschendem Tod durfte ich gnädigerweise hier wohnen bleiben, jedoch nicht ohne eine kleine monatliche Mietzahlung. Und da ich mich inzwischen in meinem Baumhaus heimisch fühlte, tat ich das auch.

»Mietvertrag?«, fragte ich. Mir war nicht bekannt, dass ein solches Papier überhaupt existierte. Ich bereute aber sofort, überhaupt darauf eingegangen zu sein.

»Hatschi!« Ankes Niesen war ohrenbetäubend. »Was?« Glücklicherweise schien sie meine Nachfrage nicht gehört zu haben. »Du weißt, dass ich Katzen nicht ausstehen kann. Jetzt bin ich anscheinend sogar gegen die Viecher allergisch!« Sie schniefte wenig damenhaft und trat den Rückzug an.

Ich unterdrückte ein Grinsen. Ein weiterer Grund, Max auf jeden Fall zu behalten, wenn das bedeutete, dass Anke nicht mehr hier auftauchen würde. Zumal sie so gut wie nie anklopfte und immer wieder einfach hereinschneite, wie es ihr gefiel. So wie heute. Zugegeben, das kam nur selten vor, aber wenn ihr etwas auf dem Herzen lag, war meiner Schwiegermutter Privatsphäre – zumindest, was mich betraf – gänzlich unbekannt. Zum Glück lag zwischen meinem Baumhaus und der Blum’schen Villa eine lange Auffahrt und damit ein gewisser Sicherheitsabstand zwischen uns.

 

***

 

Maria, die gute Seele des Blum’schen Haushalts, saß mit einem Kaffee in der Hand auf der Terrasse und beobachtete versonnen Erik, der gerade dabei war, Laub zu rechen. Es war ein richtig warmer Herbsttag. Der goldene Oktober, wie man so schön sagte.

»Hast du Anke gesehen?«, fragte ich und setzte mich zu ihr.

»Schade, dass die heißen Sommertage vorbei sind.« Sie seufzte, ihren Blick weiterhin auf Erik geheftet.

Ich lächelte meine mütterliche Freundin verschmitzt an. »Du meinst, weil nun wieder Klamotten angesagt sind?«

»Könnte man so sagen«, gab sie zu.

Heute trug Erik Jeans und T-Shirt, während er in den vergangenen Monaten meist mit nacktem Oberkörper schweißtreibende Arbeiten verrichtet hatte. Auch ich kam nicht umhin, ein wenig enttäuscht zu sein, beneidete Maria aber gleichzeitig dafür, dass sie sich das kleine Angestelltenhäuschen seit dem Sommer mit diesem blonden, jungen und absolut heißen Adonis teilte.

In gespielter Entrüstung schüttelte ich den Kopf. »Maria! Er könnte dein Sohn sein.«

»Was? Ich mag alt sein, aber ich bin nicht blind!« Sie lächelte und sah mir endlich in die Augen. »Schauen darf man doch.«

Ich lachte. »Stimmt!«

Nachdem im letzten Winter Marias Mann Richard verstorben war, hatte Anke nach einigem Hin und Her Erik ins Haus geholt, der die Hausmeistertätigkeiten übernahm. Zuerst war Maria wenig begeistert gewesen, ihr kleines Häuschen direkt neben der Villa mit einem anderen Mann teilen zu müssen, zumal er halb so alt war wie sie selbst. Aber das hatte sich relativ schnell geändert.

»Magst du auch einen Kaffee?«

»Eigentlich suche ich Anke.«

»Ha!« Noch ehe Maria antworten konnte, tauchte meine Schwiegermutter im Türrahmen auf und zeigte mit spitzem Finger auf mich. Dann griff sie nach etwas, und im nächsten Moment warf sie die Tageszeitung vor mich auf den Tisch. Mit verschränkten Armen sah sie mich...