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EXECUTIVE POWER - Das Kommando - Thriller

EXECUTIVE POWER - Das Kommando - Thriller

Vince Flynn

 

Verlag Festa Verlag, 2020

ISBN 9783865528469 , 100 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

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4,99 EUR


 

1

Anna Rielly dämmerte zwischen Schlaf- und Wachzustand hin und her. Die warme Sonne umfing sie wie ein Schleier aus Träumen. Ihre gebräunte Haut glänzte in einer Mischung aus Schweiß und Sonnencreme. Eine sanfte Nachmittagsbrise wehte vom Meer heran. Hinter ihr lag eine perfekte Woche. Nichts als Essen, Sonne, Sex und Schlafen. Die idealen Flitterwochen. Eine abgelegene Hütte innerhalb des kleinen Resorts einer touristisch kaum erschlossenen Insel mitten in der Karibik mit Pool und Privatstrand. Komplette Privatsphäre, kein Fernseher, kein Telefon, keine Pager – nur sie beide.

Sie öffnete die Augen einen Spaltbreit und betrachtete ihren Ehering. Ein verschmitztes Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht wie bei einem verliebten Schulmädchen. Ein perfekter Diamant, eingefasst in ein elegantes Platinband von Tiffany. Nicht zu groß, nicht zu klein, genau richtig. Vor allem hatte ihn der perfekte Mann für sie ausgesucht. Der Mann ihrer Träume.

Sie war jetzt offiziell Mrs. Anna Rapp. Er war ein bisschen erstaunt gewesen, dass sie sich ohne die geringsten Diskussionen darauf einließ, seinen Namen anzunehmen. Als Feministin mit entschieden liberalen Tendenzen entpuppte sie sich trotzdem als unverbesserliche, altmodische Romantikerin. Und da sie keinen anderen Mann mehr respektierte als Mitch, empfand sie es als Ehre, seinen Namen zu tragen, und wollte die ganze Welt an ihrer Verbindung teilhaben lassen. Zudem war sie eine ausgemachte Pragmatikerin und fand nichts schlimmer als die Vorstellung, dass ihre Enkelkinder eines Tages mit vier Nachnamen durch die Gegend liefen. Im beruflichen Bereich wollte sie jedoch an ihrem Mädchennamen festhalten. Als NBC-Korrespondentin für das Weiße Haus hatte sie sich ein gewisses Standing erarbeitet. Sie hielt ihre Entscheidung für einen guten Kompromiss und Mitch meldete keinerlei Bedenken an.

Erstaunlicherweise war die gesamte Hochzeit völlig reibungslos über die Bühne gegangen. Eigentlich hatte jede ihrer Freundinnen bei den Planungen im Vorfeld mindestens einen Riesenkrach mit ihrem Verlobten, ihrer Mutter oder der Schwiegermutter erlebt. Anna hatte sich, solange sie denken konnte, an die romantische Vorstellung geklammert, eines Tages Hals über Kopf verliebt zu sein und eine große Hochzeit in der St. Ann’s in Chicago zu feiern. Dort waren bereits ihre Eltern getraut worden, sie hatte dort ihre Taufe und Konfirmation erlebt und genau wie ihre Brüder die angeschlossene Grundschule besucht. In den Monaten nach der Verlobung erkannte sie schnell, dass sich Mitch für diese Idee nicht begeistern ließ. Er lehnte sie zwar nicht rundheraus ab und meinte, wenn sie eine prunkvolle Hochzeit in Chicago wolle, werde sie eine bekommen, doch sie spürte seine Nervosität. Er wollte nur nichts sagen.

Mitch Rapp schätzte es nicht, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Er war daran gewöhnt, hinter den Kulissen zu agieren. Der ungewöhnliche Grund dafür lautete, dass ihr Mann seit seinem 22. Lebensjahr als Undercover-Agent für die CIA im Einsatz war. Sie musste sich mit der harten Realität abfinden, dass er in gewissen Kreisen als Auftragskiller galt.

In den Monaten vor der Trauung, im Zuge der Bestätigungsanhörungen von Mitchs Chefin bei der Central Intelligence Agency, hatte ein Mitglied des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus seine Geschichte an die Presse durchgestochen, um Irene Kennedy bei der Ernennung zur nächsten CIA-Direktorin Steine in den Weg zu legen. Der Präsident war sowohl ihr als auch Rapp zu Hilfe geeilt und hatte die Wahrheit gegenüber den Medien in leicht beschönigender Form verpackt. Er schilderte in einem Interview, dass Rapp ein Team von Sondereinsatzkräften im Irak angeführt habe, um Saddam Husseins Einstieg in den nuklearen Rüstungszirkus zu vereiteln. Kurzerhand bezeichnete er Rapp als bedeutendste Einzelperson im amerikanischen Kampf gegen den Terror. Die Stimmung drehte sich und plötzlich standen die Politiker Schlange, um dem Undercover-Mann zu gratulieren.

Rapp war ins Rampenlicht gezerrt worden und kam nicht besonders gut damit klar. Jahrelang hatte er wegen seiner Fähigkeit überlebt, sich unbemerkt von Stadt zu Stadt und Land zu Land durchzuschlagen. Nun erkannte man ihn plötzlich überall, wo er hinkam, und er wurde von Fotografen und Reportern umlagert. Anfangs appellierte er an ihre Vernunft. Einige wenige hörten ihm zu, die meisten nicht. Um potenzielle Komplikationen direkt zu unterbinden, sorgte er dafür, dass sich einige der besonders dreisten Medienvertreter blutige Nasen holten. Daraufhin erkannte der Rest, dass es besser war, Abstand zu halten.

Es gab noch einen anderen Umstand, der Rapp große Sorgen bereitete. Er lief mit einem Fadenkreuz auf der Stirn herum. Fast jeder Terrorist von Jakarta bis London wusste jetzt, wer er war. Man hatte in Asien und im Pazifikraum Kopfgelder auf ihn ausgesetzt und Dutzende fanatische Kleriker in der arabischen Welt sprachen Fatwas gegen ihn aus, islamische Rechtsgutachten mit Todesfolge. Tausende, wenn nicht gar Millionen verblendeter Islamisten hätten bereitwillig ihr eigenes Leben geopfert, um ihn zu ermorden.

Rapp sorgte sich unentwegt um Annas Sicherheit und fragte sie in einem schwachen Moment sogar, ob sie wirklich den Rest ihres Lebens damit verbringen wollte, ständig nach Feinden im Rücken Ausschau halten zu müssen. Sie war ihm daraufhin ins Wort gefallen und verbot ihm, das Thema je wieder anzusprechen. Er hielt sich stoisch an diesen Wunsch, was nichts daran änderte, dass er sich Gedanken machte. Zudem traf er gewisse Vorkehrungen, bestellte ihr ein BMW-Sondermodell mit kugelsicheren Scheiben, mit Kevlar verstärkter Karosserie und platzsicheren Reifen. Sie standen außerdem im Begriff, ein Haus auf einem Acht-Hektar-Grundstück vor den Toren Washingtons im ländlichen Virginia zu beziehen. Anna hatte ihn mehr als einmal gefragt, woher das ganze Geld kam, mit dem er diesen Luxus bezahlte. Rapp blockte ihre Neugier jedes Mal mit scherzhaften Bemerkungen ab oder wechselte das Thema. Sie wusste, dass er viele Geheimnisse mit sich herumtrug, und entschied irgendwann, es sei vermutlich besser, nicht alles zu wissen.

Als sie sich zusammensetzten, um die Hochzeitsfeierlichkeiten zu planen, hielt ihr Rapp einen ganzen Waschzettel voll Sicherheitsbedenken unter die Nase, mit denen sie sich auseinandersetzen mussten. Je mehr Zeit verstrich, desto klarer wurde Anna, dass sie den Tag unmöglich genießen konnten, wenn sie das Ganze im geplanten großen Rahmen durchzogen. Also fällte sie den Entschluss, es bei einer privaten Zeremonie im engsten Familienkreis mit ein paar besten Freunden zu belassen. Mitch reagierte sichtlich erfreut.

Die Feier fand schließlich dort statt, wo sie sich kennengelernt hatten. Im Weißen Haus. Annas Eltern, ihre Brüder und Schwägerinnen und sieben Nichten und Neffen kamen. Mitchs einziger überlebender Verwandter, sein Bruder Steven, war Trauzeuge, Annas langjährige Freundin Liz O’Rourke die Brautführerin. Dr. Irene Kennedy und einige von Rapps CIA-Kollegen wohnten der Zeremonie bei, außerdem eine ausgewählte Gruppe von Annas Medienkollegen. Pater Malone von der St. Ann’s wurde eingeflogen, um die Trauung vorzunehmen, und der Präsident und die First Lady erwiesen sich als perfekte Gastgeber. Präsident Hayes forderte zudem etliche Gefallen ein, um zu verhindern, dass die Hochzeit in der Presse oder im Fernsehen erwähnt wurde. Alle stimmten darin überein, dass es klüger wäre, die Identität von Mrs. Mitch Rapp von den Titelseiten fernzuhalten.

Die Gäste übernachteten alle im Hay Adams Hotel, einen kurzen Spaziergang durch den Lafayette Park vom Weißen Haus entfernt. Sie feierten bis in die Nacht hinein, dann wurden Braut und Bräutigam vom Secret Service zum Reagan National Airport gebracht und bestiegen einen Privatjet, der sie zu ihrer Insel flog. Mit freundlicher Unterstützung der CIA reisten sie unter falscher Identität als Troy und Betsy Harris.

Anna setzte sich auf und lugte über die Brüstung der Veranda zum Strand. Ihr Ehemann kam nach dem Schwimmen gerade aus dem Wasser. Seine Naturbräune ließ ihn nach einer Woche in der Sonne wie einen Einheimischen wirken. Ein Bild von einem Mann, und das dachte sie nicht nur, weil sie mit ihm verheiratet war. Seit seinem 20. Lebensjahr war er als Weltklasse-Triathlet bei Wettkämpfen rund um den Globus angetreten und hatte zweimal den berühmten Iron Man auf Hawaii gewonnen. Mit Mitte 30 befand er sich unverändert in körperlich bestechender Form.

Ansonsten gab es einige Besonderheiten, an die sich Anna erst hatte gewöhnen müssen. Drei sichtbare Narben von Schussverletzungen, eine am Bein, zwei am Bauch. Eine vierte im Schulterbereich wurde von dickem Narbengewebe verdeckt. Die Ärzte hatten ihn regelrecht aufschlitzen müssen, um die Kugel herauszuoperieren, und Teile der Schulterpfanne künstlich ersetzt. Eine längliche Stichverletzung hinterließ an der rechten Körperseite deutliche Spuren, auf eine weitere Narbe war er besonders stolz. Sie erinnerte ihn dauerhaft an den Mann, dessen Tod er geschworen hatte, seit er zu dieser verrückten Reise in den Kosmos der Terrorabwehr aufgebrochen war. Sie zog sich über die linke Gesichtshälfte vom Ohr bis zur Kieferpartie. Dank der plastischen Chirurgen blieb nur eine dünne Linie davon übrig. Viel wichtiger fand Rapp, dass der Mann, der ihm diese Verletzung beigebracht hatte, mittlerweile tot war.

Er trat auf die Veranda. Wasser lief aus seinen Shorts an den Beinen entlang. Lächelnd betrachtete er seine Angetraute. »Wie geht’s dir, mein Schatz?«

»Prima.« Sie streckte eine Hand nach ihm aus. »War kurz ein bisschen weggedöst.«

Rapp beugte sich hinunter und küsste sie. Ohne ein...