dummies
 

Suchen und Finden

Titel

Autor/Verlag

Inhaltsverzeichnis

Nur ebooks mit Firmenlizenz anzeigen:

 

Wega 6: Hinter den Truhen - Miniserie

Wega 6: Hinter den Truhen - Miniserie

Dietmar Schmidt

 

Verlag Perry Rhodan digital, 2021

ISBN 9783845353685 , 64 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

1,99 EUR


 

Prolog

Wega VIII – Ferrol

 

In Thorta wütete der Pöbel.

Gespannt blickte Marium Polescar auf die Holoübertragung in seiner Luke. Nach dem Debakel, das er mit seiner Ansprache bei den Ferronen erlitten hatte, hatte er sich in die MAREWIN zurückgezogen und sich in diesem Alkoven niedergelassen, an Bord des Raumschiffs das übliche Quartier eines Maccani. Identische Luken zogen sich in langen Doppelreihen den Korridor entlang. Die Nachbaralkoven waren allerdings ausnahmslos unbesetzt, damit sich Polescar in Ruhe erholen konnte.

Die Luke bot ihm eine bequeme Bettstatt, versorgte ihn während seines langwierigen Heilungsprozesses mit allen Medikamenten, die er benötigte, und unterzog in Phasen der Inaktivität die kybernetischen Prothesen, mit denen die Maccani ihn ausgestattet hatten, einer Wartung. Er hätte die Schmerzen, die seinen organischen Restkörper gerade peinigten, betäuben können, aber die Analgetika machten ihn müde. Deshalb verzichtete er darauf, solange er konnte.

Die Vorgänge in Thorta erforderten seine volle Aufmerksamkeit.

Die MAREWIN stand an der gleichen Stelle, wo sich noch vor Kurzem der Regierungssitz des Thort erhoben hatte. Das Kugelraumschiff hatte seine Landeteller in die Ruinen des Roten Palastes gebohrt und überragte die planetare Hauptstadt, die sich ringsum ausbreitete.

Polescar konnte verstehen, dass die Ferronen, seine Artgenossen, die Präsenz des Schlachtschiffs als Provokation empfanden, als Symbol des Eroberungsfeldzugs, in dessen Folge die Maccani den Thort mitsamt der Besatzung seines Flaggschiffs getötet hatten. Die MAREWIN war ein provokantes Symbol für all das, was geschehen konnte, wenn man sich den Besatzern widersetzte. Der Hauptteil der Maccaniflotte verharrte im interplanetarischen Raum des Wegasystems, um eine Invasion durch die Liga Freier Galaktiker zurückzuschlagen, mit der eher früher als später zu rechnen war.

Abseits der Sperrzone um die MAREWIN hatten sich Ferronen zusammengerottet. Sie reckten krude Transparente in die Luft, auf denen der übliche Unsinn zu lesen stand: »Freiheit für Ferrol«, »Thortmörder raus!«, »Nein zur Besatzung« und dergleichen. Sogar ein holografisches Plakat mit wechselnden Schriftzügen war dabei, aber es flackerte ständig und fiel immer wieder aus, was dem Ganzen eine fast mitleiderregende Niedlichkeit verlieh.

Schönes Wetter haben sie sich ausgesucht, dachte Polescar. Vögel tanzten am blauroten Himmel des angenehm kühlen Tages, an dem das Thermometer kaum über die 35-Grad-Celsius-Marke stieg. Wäre seine Situation eine andere gewesen, Polescar wäre vielleicht sogar mitgezogen. Für ein freies Wegasystem hätte er sich immer engagiert.

Allerdings habe ich früher nicht erkannt, dass unsere Freiheit bedeutet, auch von den Terranern frei zu sein, dachte er. Man muss den Leuten begreiflich machen, dass sie am Ende besser dastehen, wenn sie mit den Maccani zusammenarbeiten.

Der Demonstrationszug setzte sich in Bewegung und näherte sich der Demarkationslinie. Ein Areal mit einem Kilometer Radius rings um die MAREWIN war zur Sperrzone erklärt worden, und offenkundig hatten es die Demonstranten darauf abgesehen, genau diese Sperrzone zu verletzen. Dass sie die Verordnungen der »Unterdrücker« brachen und übertraten, verschaffte ihnen wohl ein Gefühl berauschender Selbstermächtigung.

Polescar verzog amüsiert den Mund; wer nur einen Augenblick darüber nachdachte, musste erkennen, wie leer so eine Geste war, wie schal ihr Nachgeschmack.

Im letzten Moment stellten sich ihnen Maccani in den Weg: leicht gepanzerte Bodenlandetruppen mit Prallfeldschilden in der einen und Schockschlagstöcken in der anderen Hand. Über ihnen schwebten Überwachungssonden. Polescar sah sie nicht, aber er wusste von ihnen. Denn die nur fingernagelgroßen Flugroboter lieferten ihm die Bewegtbilder, die er gerade betrachtete: ein Kaleidoskop zahlreicher Motive, die das größere Holo mit dem Hauptgeschehen umgaben.

Die Demonstranten stellten sich vor den Maccani auf. Nur ein knapper Meter trennte die Menge noch von den Posten. Eine im Holo eingeblendete Anzeige verriet, dass die Maccani genau vor der Demarkationslinie standen.

Eine Weile herrschte Stillstand. Die Demonstranten skandierten Parolen und wiederholten ständig die Forderung, ihnen den Weg freizugeben. Die Maccani verharrten in ihrer geschlossenen Reihe ungerührt vor den Ferronen und wichen keinen Zentimeter zurück, hielten ihre Schlagstöcke und Prallschilde einsatzbereit, ihre Gesichter waren unkenntlich hinter spiegelnden Helmvisieren verborgen.

So hätte es noch länger weitergehen können, bis irgendwann der Furor der Demonstranten verebbt wäre, aber es kam anders. Aus der Menge flog faules Obst auf die Maccani, zerbarst an ihren Schilden und Helmen, lief an den Energiefeldern und Schutzmonturen herunter, ohne die geringste Spur zu hinterlassen. Mit einem Mal preschte im Zentrum der Menge ein Pulk vor. Von den Flanken hagelte es Steine, Flaschen und andere improvisierte Wurfgeschosse. Die Ferronen im Zentrum jedoch schwangen Metallplastikstangen, die sie eindeutig nicht spontan von den Straßen aufgelesen, sondern mit Vorsatz an den Ort des Geschehens gebracht hatten.

Es dauerte keine Minute, und die Ordnung der beiden einander gegenüberstehenden Reihen schien nie existiert zu haben. Maccani kreisten gezielt Angreifer ein, prügelten auf sie ein, transportierten die niedergerungenen Gegner nach hinten ab.

Polescar konnte sich eine gewisse Häme nicht verkneifen. Also kommt ihr doch noch in die Sperrzone, wenngleich nicht so, wie ihr euch das vorgestellt habt.

Andere Angreifer zogen sich in die Menge zurück. Maccani verfolgten sie, wurden ihrerseits von bislang friedlichen Demonstranten umringt und angegriffen; einige wurden von ihren Kameraden isoliert und zu Boden geschlagen.

Die Hologramme zeigten schlaglichtartig Einzelschicksale.

Ein Maccani, der von Demonstranten umzingelt worden war, sah nach links und rechts, und statt um sich zu prügeln, schleuderte er seinen Schlagstock weit von sich weg nach hinten. Polescar nickte anerkennend. Der Soldat war nun wehrlos, aber wenigstens bekäme er nur Stiefel und Fäuste zu schmecken, nicht seine eigene Waffe.

Ein Ferrone schützte mit den Armen seinen Kopf, denn von allen Seiten prasselten Schlagstöcke auf ihn nieder.

Ein Maccani ohne Schild und Schlagstock rollte sich zu einem Ball zusammen, während von allen Seiten auf ihn eingetreten wurde.

Paralysatorschüsse zischten. Transportgleiter mit weiteren Maccani schwebten herbei und setzten Verstärkung ab.

An der Rückseite des Demonstrantenpulks ergriffen die ersten Ferronen die Flucht. Ihre Bewegung wirkte wie ein Katalysator des Zerfalls. Von hinten löste sich die Demonstration auf. Transparente fielen zu Boden und wurden achtlos zertrampelt.

Polescar bemerkte eine Gruppe Ferronen, die sich rasch und geordnet zurückzog. Für sein geübtes Auge war eindeutig, dass die Personen sich absetzten, wie man es in der militärischen Grundausbildung lernte. Er wies die Kamerasonde, die ihm das Überwachungsholo übermittelte, an, der Gruppe zu folgen.

Im Gegensatz zu den anderen Demonstranten flohen diese Leute nicht in eine Straße, sondern zogen sich in ein Haus zurück, das nicht weit von der Sperrzone entfernt in einer Häuserreihe stand, ein niedriges Gebäude mit einem Verkaufslokal im Erdgeschoss und Wohnungen darüber. Sie schlossen die Ladentür hinter sich, und hätte Polescar sie nicht beobachtet, wäre es vielleicht niemandem aufgefallen.

Sein Misstrauen war geweckt, er verständigte die Einsatzleitung. Kurz darauf näherte sich ein Trupp von frisch herbeitransportierten Maccani dem Haus.

Die Eingangstür war rasch aufgebrochen. Als die ersten Maccani hineinstürmten, loderte eine Helligkeit auf, die kurzzeitig sogar Wega überstrahlte. Das Hologramm dunkelte sich selbsttätig ab, und Polescar sah, wie die beiden vorderen Maccani verbrannten: Ungeschützt waren sie von hochintensiven Thermostrahlen getroffen worden.

Die restlichen Soldaten aktivierten Individualschirme und drangen massiert in das Gebäude ein. Erneut flammten Strahlerschüsse auf, aber die Soldaten erlitten keine weiteren Verluste. Mehrere Mannschaftstransporter rasten heran und landeten vor dem Eingang; ein Fahrzeug setzte im offenen Hof hinter der Häuserreihe auf. Maccani strömten heraus. Sie hatten ihre Schutzschirme aktiviert und hielten Kombistrahler in der Hand. Sie lösten ihre Kameraden ab und rückten mit Kampfgruppen in das Ladenlokal vor.

Es dauerte nicht lange, und eine Reihe von Ferronen wurde aus dem Haus geführt. Die meisten konnten mit eigener Kraft gehen, einer wurde von Maccani gestützt. Er war der Einzige, der die Hände nicht hinter dem Kopf halten musste.

Die Maccani stellten die 14 Gefangenen in einer Reihe auf. Das blauweiße Licht der Wega strahlte grell auf sie nieder, doch das machte Ferronen nichts aus. Einige hielten den kupferhaarigen Kopf gesenkt, aber die meisten standen kerzengerade, hielten die kleinen, tief liegenden Augen in den blauen Gesichtern hasserfüllt auf die Maccani gerichtet.

Ein Maccani trat vor und ergriff das Wort. Sein Kampfanzug unterschied sich durch nichts von den anderen, zeigte keine Rangabzeichen, aber die übrigen Maccani behandelten ihn wie ihren Vorgesetzten. Vermutlich wurde die Hierarchie zwischen ihnen automatisch per Funk kommuniziert, ohne dass ein Außenstehender es mitbekam. Eine sinnvolle Regelung, denn von außen als Offiziere erkennbare Anführer waren ein beliebtes Ziel von Heckenschützen.

»Ihr werdet der Rebellion gegen das Neue beschuldigt«,...