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Jetzt reicht´s mir! - Wie Sie Kritik austeilen und einstecken können

Barbara Berckhan

 

Verlag Kösel, 2009

ISBN 9783641033248 , 192 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

14,99 EUR


 

Mund zu, Augen zu und aushalten
Ja, das ist etwas, das Sie womöglich stört. Etwas, das Sie nervt. Ich meine jetzt nicht die große Weltpolitik, das Abschmelzen der Polkappen oder das derzeitige Zinsniveau. Ich meine mehr die Störungen in Ihrer unmittelbaren Umgebung. Zum Beispiel die ohrenbetäubende Musik, die aus dem Zimmer Ihrer fünfzehnjährigen Tochter kommt. Das Meeting in der Firma, auf dem nur langatmige Selbstdarstellungen produziert werden. Die Nachbarin, die sich über den Kinderwagen im Hausflur aufregt. Die falschen Beschuldigungen gegen Sie, die ein Kollege in Umlauf gebracht hat.
Diese Art von Störungen meine ich. Das sind die Dinge, die uns direkt passieren, die uns nerven und auf die wir auch direkt reagieren können. Wie viele von diesen Kröten schlucken Sie so durchschnittlich im Monat? Grob geschätzt? Wie oft nehmen Sie eine Störung einfach hin, statt sich dagegen zu wehren?
Das Runterschlucken von solchen Störungen hat einige Risiken und Nebenwirkungen. Die größte Nebenwirkung besteht darin, dass sich nichts ändert, solange Sie die Sache nicht ansprechen. Ihr Schweigen wirkt auf Ihre Mitmenschen so, als würden Sie zu den Störungen Ja sagen. Wer nicht widerspricht, ist einverstanden. Und bitte sagen Sie jetzt nicht, die anderen müssten doch wissen oder merken oder ahnen, dass Sie sich gestört fühlen. Nein, Ihre Mitmenschen wissen nicht, was bei Ihnen los ist, solange Sie nicht darüber reden. Die Leute können Ihre Gedanken nicht lesen.
Gut, vielleicht machen Sie hin und wieder ein paar Andeutungen. Sie verdrehen die Augen und stöhnen genervt auf. Sie grummeln vor sich hin oder knallen mit der Tür. Aber das alles sind nur Andeutungen. Es sind keine Aussprachen.
Verwandeln Sie Ihre vage, indirekte Kritik in eine direkte Bitte. Bitten Sie Ihr Gegenüber mit freundlichen Worten darum, Ihnen entgegenzukommen oder Ihnen einen Gefallen zu tun.
Die vagen Andeutungen kann man prima ignorieren. Und wahrscheinlich tun Ihre Mitmenschen das auch. Wer nicht deutlich sagt, was ihn stört, wird nicht gehört und auch nicht verstanden.
Solange Sie Ihren Unmut einfach runterschlucken und eine Störung nicht ansprechen, gehen Sie ein persönliches Risiko ein. Sie riskieren Ihre Gesundheit. Der runtergeschluckte Unmut zerfrisst Sie. Jede nicht ausgesprochene Beschwerde bleibt in Ihnen stecken und beschwert Sie von innen her. Sie ist wie ein kleiner Stein im Schuh. Eine Mini-Anspannung, mit der Sie herumlaufen. Jede Kröte, die Sie schlucken, ist gespeicherter Stress. Schlucken Sie viele Kröten in Ihrem Alltag? Dann laufen Sie mit viel gespeichertem Stress herum.
Warnung
Es besteht die Gefahr, dass Sie körperlich und seelisch krank werden, wenn Sie ständig Ihren Frust und Ihren Unmut runterschlucken.
Sie können sehr viel leichter und innerlich ruhiger leben, wenn Sie die Störungen dort klären, wo sie entstanden sind. Den Unmut nicht einlagern, sondern nach Lösungen suchen, die die Situationen verbessern. Selbst wenn Sie es nicht schaffen, alle Frustrationen in Ihrem Alltag zu beseitigen, das Ansprechen dieser Störungen entlastet Sie. Sie drücken das aus, was Sie nervt, statt innerlich alles aufzustauen. Ausdrücken statt aufstauen – dadurch verhindern Sie chronischen Stress. Allein das Ausdrücken von dem, was Sie stört, ist bereits ein Erfolg für Sie.
Drei gute Gründe für eine Rückmeldung
1. Sie zeigen Ihren Mitmenschen, was mit Ihnen los ist. Die anderen können auf Sie nur Rücksicht nehmen, wenn Sie deutlich sagen, was Sie stört.
2. Sie sind ein gutes Vorbild und zeigen den anderen, dass es vollkommen in Ordnung ist, über etwas Störendes zu sprechen. Damit signalisieren Sie, wie wichtig Ihnen Ehrlichkeit ist.
3. Ihre Kritikfähigkeit sorgt dafür, dass Sie reibungsloser mit anderen Menschen leben und arbeiten können. Sie verhindern damit viele sinnlose Streitereien, die immer dann entstehen, wenn eine brauchbare Kritik-Kultur fehlt.
Ohne Ihre Rückmeldungen vertrocknen Ihre Beziehungen. Nicht nur Ihre Gesundheit leidet unter den geschluckten Kröten. Auch Ihre Beziehungen zu Ihren Mitmenschen verschlechtern sich, solange Sie alles in sich reinfressen. Wenn ich das Wort Beziehung benutze, dann meine ich nicht nur die Liebesbeziehung zu Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin. Es geht um alle Ihre Beziehungen. Die zu Ihren Kindern, zu Ihren Eltern, zu Ihren Kollegen und Kunden, zu Ihren Nachbarn und Freunden. In jeder dieser Beziehungen ist es wichtig, dass Sie vollständig anwesend sind. Und zur Vollständigkeit gehört auch, dass Sie Ihrem Gegenüber zeigen, was Sie mögen und was Sie nicht mögen. Ihr Gegenüber braucht diese Informationen von Ihnen, um mit Ihnen klarzukommen. Umgekehrt gilt das natürlich auch. Damit Sie mit Ihrem Gegenüber klarkommen, ist es wichtig, dass Sie wissen, was der andere mag und was ihn stört. Wenn Menschen darüber nicht mehr reden, stirbt die Beziehung.
So bringen Sie wieder Leben in eine vertrocknete Beziehung: Reden Sie mit Ihrem Gegenüber über alles, was unter den Teppich gekehrt wurde. Jeder darf sagen, was ihn stört und was er sich stattdessen wünscht.
Bevor eine Beziehung stirbt, gibt es eine Phase, in der sie langsam vertrocknet. Das sieht man von außen oft nicht. Noch scheint alles in Ordnung zu sein. Alle Beteiligten sind nett und höflich. Aber innerlich hat bereits jeder aus seinem Herzen eine kleine Mördergrube gemacht. Die unausgesprochenen Störungen gären dort leise vor sich hin. Wird das Störende jetzt immer noch nicht auf den Tisch gepackt und geklärt, verdorrt die Beziehung immer weiter. Entweder stirbt sie leise, weil keiner mehr mit dem anderen richtig redet, oder sie endet mit einem lauten Knall, bei dem das Aufgestaute explodiert.
In gut funktionierenden Beziehungen, ob nun privat oder beruflich, geben sich die Beteiligten gegenseitig Rückmeldungen. Das, was stört, kommt auf den Tisch, ebenso wie das, was gut läuft. Keiner muss Kröten schlucken. Die Beziehung ist auf dem Laufenden, weil jeder der Beteiligten mit dem anwesend ist, was ihn ausmacht. Mit seinem Ja und seinem Nein. Mit dem, was er mag und was er nicht mag. Keiner macht aus seinem Herzen eine Mördergrube.

Meckern, motzen, maulen – die impotente Kr itik


Zuerst die gute Nachricht: Wenn Sie sich dabei ertappen, dass Sie herumnörgeln oder meckern, ist das ein gutes Zeichen. Sie nehmen eine Störung wahr. Irgendetwas nervt oder ärgert Sie. So weit, so gut. Indem Sie meckern und nörgeln, zeigen Sie, dass Sie unzufrieden sind.
Jetzt die nicht ganz so gute Nachricht: Leider haben Sie eine machtlose Ausdrucksform gewählt. Lassen Sie uns diese machtlose Form der Kritik einmal genauer betrachten.
Sie als Leserin bzw. Leser dieses Buches werden vermutlich das Nörgeln und Meckern eher ablehnen. Die meisten Menschen, die Bücher wie dieses hier lesen, sind bereits sehr gut über Kommunikation informiert. Viele sind selbst Experten und mit allen psychologischen Wassern gewaschen. Auch die Leser/innen meiner Bücher gehören zu den Leuten, die auf gute Kommunikation sehr viel Wert legen. Also stehen die Chancen gut, dass Sie bereits wissen, dass das bloße Meckern nichts bringt.
Wichtige Frage
Könnten Sie ab jetzt darauf verzichten, jemals wieder zu meckern, zu jammern oder sich zu beklagen?
Lassen Sie uns einen Moment lang ganz ehrlich sein. In uns allen steckt ein kleiner Nörgler, der unser geistiges Oberstübchen von Zeit zu Zeit mit seinen Schimpftiraden überflutet. Wir alle kennen den Impuls, uns über Gott und die Welt zu beklagen und genau das tun wir – vielleicht nur in Gedanken. Unter uns: Mal so richtig vom Leder zu ziehen und lauthals herummeckern – hat das nicht etwas Befreiendes? Sich einfach jemanden schnappen, dem man die Ohren vollquaken kann oder im vertrauten Kreis von Gleichgesinnten ein gemeinsames Motz-Konzert anstimmen. Geschimpft wird natürlich nur über die Dinge, die weder Sie noch Ihre Mecker-Partner zu verantworten haben.
Den ganzen Frust runternörgeln und herrlich bittere Sätze anfangen mit den Worten: »Ist es nicht schrecklich, dass schon wieder...?« »Das ist unmöglich! Wie können die nur...« »Ich fass es nicht! Da hat der Meier aus dem dritten Stock doch glatt...«
Nörgeln, um Dampf abzulassen. Sich den ganzen Frust aus der Seele herausschimpfen. Und dabei das ganze Positiv-Denken einfach mal in den Wind schießen.
Ja, für einen Augenblick fühlt man sich stark. Und es gibt einem so richtig Kraft, wenn der Motz-Partner derselben Meinung ist. Viele Bekanntschaften und Freundschaften leben genau davon: Es wird gemeinsam genörgelt und man gibt sich gegenseitig recht. Ja, man ist sich einig im gemeinsamen Widerstand gegen das Dumme, Dreckige und Dekadente. Wenn Sie das nächste Mal beim Nörgeln und Meckern genau aufpassen, können Sie es merken: Da ist dieses Gefühl von Überlegenheit.
Während wir über andere Menschen abfällig urteilen, fühlen wir uns edel und abgeklärt. Wir durchschauen das Schändliche, nennen es beim Namen und wollen damit zeigen, dass wir selbst besser sind.
Wichtige Frage
Wenn Sie sich das nächste Mal beim Nörgeln, Schimpfen oder Meckern ertappen, stellen Sie sich folgende Frage: Wäre ich bereit zu handeln, statt nur zu schimpfen? Könnte ich die Sache anpacken und mich tatsächlich für eine Verbesserung einsetzen?
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