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Florentine Blix (2). Geheimakte Flaschenpost - Alice Pantermüllers Kommissarin für außergewöhnliche Fälle ermittelt wieder: Spannung, Humor, Abenteuer für alle ab 10 Jahren. Mit Illustrationen von Daniela Kohl

Florentine Blix (2). Geheimakte Flaschenpost - Alice Pantermüllers Kommissarin für außergewöhnliche Fälle ermittelt wieder: Spannung, Humor, Abenteuer für alle ab 10 Jahren. Mit Illustrationen von Daniela Kohl

Alice Pantermüller

 

Verlag Arena Verlag, 2023

ISBN 9783401810409 , 280 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

9,99 EUR


 

Als ich an diesem 28. September aus der Schule nach Hause kam, war mein älterer Bruder Emilian schon da. Und das, obwohl er montags eigentlich immer acht Stunden hat und nicht vor Viertel nach drei aus der Schule kommt. Er stand mit Papa zusammen am Gartenzaun, vorne an der Straße. Papa hat den Zaun gestrichen. Zum Glück grasgrün, so wie ich vorgeschlagen hatte.

»Melek und ich machen nächste Woche bei so einem Segelkurs mit«, hat Emilian erzählt. »Der wird bei uns in der Schule angeboten und ein paar Plätze waren noch frei. Da haben wir uns gleich angemeldet.« Melek ist Emilians Freundin. Sie trägt immer sehr schicke und unpraktische Klamotten, daher habe ich mich sofort gefragt, was sie wohl anzieht, wenn sie segeln geht.

»Allererste Sahne«, hat Papa gesagt und einen grasgrünen Daumen hochgereckt, obwohl Sahne ja gar nichts mit Segeln zu tun hat. Und dann hat er erzählt, wie er vor zwanzig Jahren mit Mama und ein paar anderen Freunden auf dem alten Traditionssegler Amphitrite vor der griechischen Küste rumgeschippert ist. »Und wenn wir Geld gebraucht haben, haben wir für die Touristen Musik gemacht. Ansonsten haben wir nur von Luft und Liebe gelebt.«

So ein Blödsinn. Aber Mama und Papa sind Hippies und die reden manchmal so. Das muss man einfach wissen, wenn man sie verstehen will.

Außer Hippie ist Mama noch Ärztin und deshalb sagt sie manchmal auch solche Sachen wie: »Da eine Blutabnahme ein minimal invasiver Eingriff ist, brauchte ich die schriftliche Einverständniserklärung der Eltern.« Solche Sätze finde ich persönlich viel angenehmer als so einen Unsinn mit Luft und Liebe.

In diesem Moment hat ein Motor angefangen, sehr laut zu knattern. Da bin ich schnell an Papa und Emilian vorbei ins Haus gegangen. Um 13.25 Uhr habe ich meine Zimmertür leise hinter mir geschlossen.

Um 13.31 Uhr dann habe ich das Haus wieder verlassen. Leider war auch der Lärm sofort wieder da: das laute Rattern des Motors und das Krachen splitternder Bäume. Da hätte ich am liebsten wieder umgedreht und mich mit Kopfhörern vor meinen Computer gesetzt. Aber ich wusste ja, wo der Lärm herkam, und zwar aus dem Garten von Bos Häuschen. »Du musst sofort nach der Schule rüberkommen«, hatte er mir in der ersten großen Pause ziemlich laut erklärt und seine grünen Augen hatten gefunkelt wie die Ostsee bei Sonnenschein. Daran hatte ich gemerkt, dass er begeistert war. »Wetten, du erkennst das Grundstück überhaupt nicht mehr wieder?«

Das war meine größte Angst. Denn ich mochte das dichte Gestrüpp und die hohen Farne und Brombeerranken sehr gern. Und sie waren auch wichtig, weil dadurch nämlich kein Mensch (außer Maja und mir) das Haus hatte finden können.

Aber jetzt gehörte das Haus ja Bo und er wollte schon bald mit seiner Mutter Anja dort einziehen. Und die beiden möchten gern einen richtigen Garten haben, mit Gras und Blumen und einem freien Blick übers Wasser und nach Dänemark auf der anderen Seite.

Bo und Anja kommen nämlich aus Dänemark, genauer gesagt: aus Egernsund an der Flensburger Förde. Und deshalb finden sie es wahrscheinlich schön, bis nach Hause gucken zu können. Zumindest, wenn die Sicht gut genug ist. Von Bos Haus bis nach Egernsund sind es nämlich zwölf Komma acht Kilometer (Luftlinie).

Auf meinem geheimen Weg an fremden Gärten und Hecken vorbei habe ich mich bis zum Häuschen geschlichen. Das war natürlich reine Gewohnheit und inzwischen überflüssig, denn das Haus war ja jetzt nicht mehr geheim. Und ich musste eigentlich auch nicht schleichen, weil der Lärm, der aus Bos Garten kam, sowieso lauter war als ich. Ich hätte sogar schreien können, wenn ich gewollt hätte. Ich wollte aber nicht.

Bereits um 13.33 Uhr stand ich auch schon im Park, von wo aus immer ein schmaler Trampelpfad, versteckt zwischen Büschen und niedrigen Birken, zu meinem Häuschen geführt hatte. Und jetzt hätte ich doch am liebsten ein bisschen geschrien. Weil ich nämlich wirklich nichts mehr wiedererkannt habe: Es sah aus, als wäre ein Orkan über das Grundstück gefegt!

Ich konnte das Häuschen schon vom Park aus sehen, weil alle Büsche und Bäume davor herausgerissen und platt gefahren worden waren!

Deshalb war es auch gar nicht so leicht, sich durch das ganze Gestrüpp auf die andere Seite des Hauses zu kämpfen. Meinen Trampelpfad gab es jedenfalls nicht mehr.

Und es war viel zu laut.

Ich habe versucht, die roten Blitze zu ignorieren, die durch meinen Kopf gezuckt sind. Aber das ist gar nicht so einfach, wenn der beste Ort meines Lebens plötzlich aussieht wie ein Schlachtfeld.

Bo und Anja standen hinter dem Haus, als ich um die Ecke kam, ungefähr zehn Meter von mir entfernt. Genauer gesagt: Eigentlich standen sie vor dem Haus, weil an der Seite ja die Haustür ist. Die beiden schauten einem riesigen Traktor zu, der krachend Büsche und Bäume aus dem Boden riss. Und noch jemand stand neben ihnen: nämlich Maja, meine beste Freundin. Sie hat mich sofort gesehen und mir zugewunken.

»Was machst du hier?«, habe ich ihr durch den Lärm zugeschrien. Aber sie hat mich wohl trotzdem gehört. Jedenfalls kam sie jetzt wie ein Flummi auf mich zugehüpft, durch das Gestrüpp am Boden. »Krass, oder?«, hat sie begeistert zurückgeschrien. »Guck dir mal an, wie das hier alles aussieht! Total anders als vorher … mordsmäßig spannend, oder?« Majas Augen haben vor Begeisterung gefunkelt.

»Aber was machst du hier?«, hab ich wiederholt, weil sie meine Frage ja noch gar nicht beantwortet hatte.

Maja war inzwischen bei mir angekommen. Ein bisschen überrascht hat sie ihre hellblonden Haare hinter die Ohren gestrichen. Zumindest hatte ich den Eindruck, dass sie ein bisschen überrascht war. »Was ich hier mache? Ich gucke mir das Ganze an, weil das voll der Hammer ist!« Dabei ist sie aus Versehen mit ihrem linken Fuß an einer Brombeerranke hängen geblieben und wäre fast umgekippt. Glucksend hat sie gelacht.

Doch ich hatte noch immer so ein rötliches Blubbern im Bauch. »Aber eigentlich kommst du immer erst zu mir und dann gehen wir gemeinsam irgendwohin«, habe ich sie erinnert. Denn schließlich ist sie meine beste Freundin und Bo ist mein Freund – aber das heißt ja noch lange nicht, dass Maja Bo einfach so ohne mich besucht! Obwohl sie natürlich inzwischen auch miteinander befreundet sind.

Da hat Maja mich am Arm angefasst. Das dürfen nur wenige Menschen auf der Welt, aber Maja gehört mit dazu und deshalb fand ich es nicht schlimm. »Du warst ja noch in der Schule, Florentine … und ich musste schon mal gucken. Es ging einfach nicht anders. Mir war so sterbenslangweilig, deshalb konnte ich leider nicht auf dich warten. Tut mir leid.«

Das konnte ich verstehen. Deshalb hab ich genickt und »Okay« gesagt. Und dann sind wir zusammen rüber zu Bo und Anja gegangen.

Bo hat sich ebenfalls gefreut, mich zu sehen. Er hat mich sogar in den Arm genommen. Das dürfen auch nur wenige Menschen auf der Welt, aber natürlich ist Bo einer davon. Schließlich ist er mein Freund. »Jetzt kriegen wir einen richtigen Garten, Florentine!«, hat er dann gerufen. »Cool, oder?«

Ich habe nichts dazu gesagt. Herausgerissene Büsche und Bäume, die kreuz und quer auf dem Boden liegen, sind nämlich noch lange kein richtiger Garten. Und außerdem musste ich mich ja erst mal daran gewöhnen, dass das Grundstück plötzlich ganz anders aussah als vorher. Mit einem Mal gab es hier viel mehr Platz. Man konnte durch das Gestrüpp, das noch übrig war, sogar schon das Wasser glitzern sehen, ein bisschen unterhalb des Hangs.

Der Traktor befand sich ungefähr zwanzig Meter von uns entfernt, etwa drei Höhenmeter tiefer als wir. Und weil er gerade an einem besonders fest gewachsenen Busch herumzerrte, war er jetzt noch lauter. Außerdem war er groß und rot – und dabei mag ich ja nur Grün. Alles, was rot ist, fühlt sich für mich immer sehr schlecht an. Ich hab meine Hände fest auf die Ohren gepresst, während ich ihn beobachtet habe.

Vorne war eine Art Gabel, mit der er den Busch jetzt herauszog.

Da hab ich mich wieder zu Bo umgedreht. »Was ist das?«, hab ich geschrien und auf die Gabel gezeigt. Ich kenne mich nämlich mit landwirtschaftlichen Maschinen nicht aus.

»Ein Trecker!«, hat er zurückgeschrien und gestrahlt, und da hab ich nicht weiter nachgefragt und mir lieber wieder die Ohren zugehalten. Weil ich wohl davon ausgehen konnte, dass Bo auch keine Ahnung von solchen Dingen hat.

Dann hat Anja mir zugewunken, und ich habe zurückgewunken. Obwohl wir nicht mehr als drei Meter auseinanderstanden. Aber es war ja so laut.

Elf Minuten später sind wir dann ins Haus gegangen. Anja hat...