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Philosophie, ihr Problem und ihre Probleme - Eine Einführung in den kritischen Idealismus

Paul Natorp

 

Verlag Edition Ruprecht, 2008

ISBN 9783767530553 , 150 Seiten

Format PDF, OL

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24,00 EUR


 

Fünftes Kapitel: Psychologie (S. 126-127)

Unsere Aufgabe scheint erfüllt: Ein durchgehender Einheitsbezug hat sich herausgestellt, in dem alle Richtungen des Erkennens sich zusammenschließen. Durch ihn wird Wissenschaft, deren ganze Arbeit die klare und reine Herausstellung dieses Einheitsbezugs ist, selber zur geschlossenen Einheit, einer Einheit, welche die reichste Gliederung nicht bloß zulässt, sondern einschließt, /128/ denn es ist Einheit nicht durch starre Identität, sondern durch allseitige Korrelation, diese fordert und begründet zugleich die Entwicklung ins Besondere, enger und enger Bestimmte. Zwar braucht die Wissenschaft Abstraktionen, gerade um des Konkreten Herr zu werden. Aber diese wollen nicht Trennungen bedeuten, sondern bloße Abgrenzungen für ein Denken, das gerade darauf ausgeht, das letzte, ungetrennt Konkrete Schritt um Schritt der Erkenntnis zu erobern und damit dem Bewusstsein zu erhalten und zu sichern.

Freilich kommt sie mit dieser Aufgabe nie zu Ende. Sie gibt als solche nur Gesetze, also Allgemeines zu erkennen, und wenigstens nicht das letzte Einzelne, Abstraktes, und nicht das letzte Konkrete, in ihren so sicheren Feststellungen kommt der Fluss des Werdens gleichsam zur Erstarrung. In dieser dreifachen Beziehung scheint die letzte Wahrheit des Wirklichen unerfasst zu bleiben, verflacht und schließlich verschoben zu werden. Der Grund, weshalb die Wissenschaft so vorgeht, ist klar: Sie gewinnt auf diesem Wege ein Wissen, welches, genau so weit als es reicht, gesichert ist.

Nur scheint, was wir mit solcher Sicherheit erkennen, nicht das zu sein, was wir zuletzt erkennen wollten: das Wirkliche in seiner vollen Lebenswahrheit, sondern nur ein mehr oder weniger erstarrtes, also totes Bild desselben. In anderer Wendung: Es ist Objektivierung, die einzige uns mögliche, diese besteht, nach Kants unwidersprechlicher Feststellung, in nichts als der Erkenntnis der Regel, des Gesetzes. Ein Objekt der Wissenschaft ist nichts anderes als eine solche Regel der Einheit, in der ein Mannigfaltiges uns, den Denkenden, sich vereinigt, um von uns verstanden zu werden.

Die Regel ist als solche fest, und diese Festigkeit der Regel ist es eigentlich, die das in ihr Gesicherte als „Gegenstand“, als Objekt der schwankenden, schwebenden Vorstellung gegenüberstellt und so aus dem flutenden Strome der Subjektivität gleichsam heraushebt. In diesem Sinne ist die Verständlichung des Wirklichen immer Feststellung des in Wahrheit doch Fließenden. Es ist nur die Kehrseite derselben Sachlage, die wir früher zum Ausdruck brachten, indem wir sagten: Verstehen heiße nicht Stillstellen, ein wirkliches Verstehen sei nur, wo ein Weiterkommen ist. Man kommt doch /129/ nur weiter von Station zu Station, also von Stillstand zu Stillstand.