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Lehrbuch der Medienpsychologie

Roland Mangold, Peter Vorderer, Gary Bente (Hrsg.)

 

Verlag Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2004

ISBN 9783840914898 , 837 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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61,99 EUR

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    Ich bin Zeugin des Ehrenmords an meiner Schwester
 

 

1. Zur Bedeutung von Pornografie in der Medienforschung (S. 566-567)

Pornografie ist so alt wie die Kunst des Geschichtenerzählens. Lange Zeit war die Wirklichkeitstreue ihrer Darstellung sehr gering, und elaborierte Formen wie Zeichnungen und Gemälde waren nur wenigen Privilegierten zugänglich. Das hat sich mit der Ankunft moderner, leistungsfähiger Technologien zur Herstellung und Verbreitung von Medieninhalten grundlegend gewandelt. Technische Fortschritte ermöglichen es heute jedermann, einschließlich Jugendlichen und Kindern, sich jegliche Form sexueller Betätigung in großer grafischer Detailfülle, in authentischen Farben und bewegten Bildern zugänglich zu machen und anzusehen. Jedes Mitglied der Gesellschaft ist – so scheint es – aufgeklärt über sexuelle Möglichkeiten, die meist jenseits der eigenen begrenzten Vorstellung liegen. Es wird allgemein angenommen, dass die anregende Kraft einer derartigen Förderung sexueller Fantasie und Motivation einen gewissen Einfluss auf die Sexualität insgesamt ausübt. Die Meinungen über diesen Einfluss gehen jedoch weit auseinander. Manche befürchten, die Gesellschaft würde „übersexualisiert" und sexuelle Anomalien würden sich zu Alltäglichkeiten und damit zu einem Problem für die Gesellschaft entwickeln. Andere betrachten die Diffusion von Pornografie in die Gesellschaft als befreiende Revolution, welche neue Wege zu einer immer weiter wachsenden sexuellen Gratifikation aufzeigt und anregt.

Ein Großteil der westlichen Welt, insbesondere europäische Kulturen, haben Pornografie als ein Element der so genannten sexuellen Revolution stillschweigend hingenommen oder sogar offen begrüßt. Andere Kulturen haben sich dagegen gesträubt, Pornografie allgemein zugänglich zu machen, insbesondere mit Blick auf Jugendliche und Kinder. In den Vereinigten Staaten haben Bedenken der Öffentlichkeit über den Einfluss von Pornografie auf die sexuelle Moral die Bundesregierung in Washington zur Bildung von Ausschüssen veranlasst, welche in Erfahrung bringen sollten, was durch wissenschaftliche Forschung über diesen vermuteten Einfluss bekannt ist. Die Ausschüsse setzten sich aus führenden Medienpsycholog/inn/en und anderen Sozialwissenschaftler/inne/n zusammen. Außerdem wurden Forschungsprojekte zu diesem Einfluss von den Ausschüssen in Auftrag gegeben. Die Wirkung von Pornografie wurde damit auf die nationale Agenda gesetzt, was ihrer wissenschaftlichen Untersuchung einen starken Antrieb verlieh. Aus diesem Grund haben die Wirkungen von Pornografie in den USA und auch in Kanada ebenso viel, wenn nicht sogar mehr Aufmerksamkeit von Wissenschaftler/ inne/n erfahren als die Wirkungen von Gewalt in den Medien. Pornografie und Mediengewalt wurden und sind heute noch die dominierenden Bereiche der Medienwirkungsforschung. Im starken Gegensatz dazu hat die Forschung in Deutschland und anderen europäischen Ländern Gewalt in den Medien in den Mittelpunkt gestellt und der Pornografie vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Diese Vernachlässigung lässt es nützlich erscheinen, zum einen die Nachweise von Wirkungen der häufigen Pornografienutzung zu betrachten, die in der nordamerikanischen Forschung erbracht wurden, und sich zum anderen mit den psychologischen Theorien zu beschäftigen, welche diese Wirkungen erklären.

2. Zur Definition von Pornografie

2.1 Pornografie versus Erotik

Etymologisch betrachtet heißt Pornografie „Schriften über Huren". Die meisten Lexika definieren Pornografie jedoch als – wie auch immer geartete – Darstellung sexueller Handlungen. Diese Beschreibung wird häufig um den angenommenen Zweck der Rezeption ergänzt, nämlich das Auslösen sexueller Erregung. Erotische Darstellungen werden oftmals ganz ähn lich definiert und von Pornografie nur durch die Zuschreibung von größerem literarischen und künstlerischen Wert unterschieden.

Moralische Erwägungen verkomplizieren die am Material orientierte Konzeption von Pornografie und Erotik. Einige Wissenschaftler (z.B. Linsley, 1989, S. 346) kennzeichnen Pornografie als „das Obszöne, … das Zügellose, das Unzüchtige, … das Lüsterne, das Wollüstige, das Unanständige, das Schmutzige und Dreckige". Erotik dagegen gilt als Darstellung unschädlicher, sinnlicher Sexualität.

Aus der Sicht der Frauenbewegung unterscheidet die Feministin Gloria Steinem (1980) in vergleichbarer Weise zwischen „guter" Erotik und „schlechter" Pornografie. Im Gegensatz zu anderen Kritiker/inne/n nennt sie die Darstellungsformen sexueller Handlungen, die als Pornografie gebrandmarkt oder als Erotik bezeichnet werden sollten. Konkret verurteilt Steinem (1980, S. 37) alle Darstellungen von Sex, in denen „Gewalt, Dominanz und Zwang" ausgeübt werden. Explizit verurteilt sie Medienangebote, in denen Frauen die gewalttätige Beherrschung und Erniedrigung durch Männer zu genießen scheinen. Erotische Darstellungen enthalten solche verwerflichen Handlungen nicht und zeigen stattdessen „für alle Beteiligten angenehmen Sex zwischen Menschen, die genug Macht besitzen, um aus freiem Willen daran teilzunehmen" (Steinem, 1980, S. 37).