dummies
 

Suchen und Finden

Titel

Autor/Verlag

Inhaltsverzeichnis

Nur ebooks mit Firmenlizenz anzeigen:

 

Perspektiven auf Arbeit und Geschlecht - Transformationen, Reflexionen, Interventionen

Michael Frey, Andreas Heilmann, Karin Lohr et al. (Hrsg.)

 

Verlag Rainer Hampp Verlag, 2010

ISBN 9783866185821 , 321 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

27,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

Derzeit können über den Shop maximal 500 Exemplare bestellt werden. Benötigen Sie mehr Exemplare, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf.


 

Von Anerkennung und ihren „Tücken“ – Leistung und Liebe in Doppelkarrierepaaren (S. 165-167)

Christine Wimbauer


1 Einleitung und Fragestellung

Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich aus einer subjektzentrierten und im Anschluss an Axel Honneth aus einer anerkennungstheoretischen Perspektive mit dem Verhältnis von (Erwerbs-)Arbeit und Familie / persönlichen Nahbeziehungen samt deren geschlechtsspezifischen Implikationen. Axel Honneth (1994, 2003) fasst die gesamte Gesellschaft als ‚institutionalisierte Anerkennungsordnung‘ und unterscheidet mit ‚Liebe‘, ‚Recht‘ und ‚sozialer Wertschätzung‘ bzw. ‚Leistung‘ innerhalb des Systems der gesellschaftlichen Arbeitsteilung drei Anerkennungsformen. Nach seinem identitätstheoretischen Stufenmodell führen erst alle drei Formen reziproker Anerkennung zusammen zur Ausbildung einer gelungenen Identität.

Das System der Erwerbsarbeit und die Familie / soziale Nahbeziehungen sind hiernach zwei zentrale gesellschaftliche Sphären, in denen intersubjektive Anerkennung aktualisiert wird. Ausgehend von der Referenzfolie des männlichen Familienernährermodells, das in der BRD seine weiteste Verbreitung von den 1950er bis zu den 1970er Jahren fand, lassen sich gegenwärtig jedoch in beiden Bereichen (teils umstrittene) Veränderungen beobachten: Hinsichtlich Erwerbstätigkeit die zunehmende Erwerbsbeteiligung von Frauen, eine behauptete ‚Subjektivierung‘ von Arbeit (Baethge 1991; Kleemann et al. 2002) und eine Entgrenzung von ‚Arbeit‘ und ‚Leben‘ (Gottschall/Voß 2003; Kratzer 2003; Voß/ Pongratz 1998); mit Blick auf das familiale Zusammenleben ein (zumindest normativ) sich abzeichnender Wandel hin zu egalitären Beziehungen zweier gleichberechtigter Partner (Giddens 1992; Leupold 1983).

Angesichts dieser Veränderungen der Erscheinungsformen von Familie und Erwerbsarbeit gehen neuere Überlegungen von einer Entgrenzung und Egalisierung gesellschaftlicher Anerkennungsformen und -sphären aus (etwa Holtgrewe et al. 2000; Holtgrewe 2002; Voswinkel 2001), während andere eine Kolonialisierung der Lebenswelt (Habermas 1981), eine Ökonomisierung der Gefühle (Illouz 2007) oder gar eine Umkehr der Logiken von Arbeit und Familie (Hochschild 2002) konstatieren. Hintergrund für eine solche mögliche Umkehr der Logiken sind u.a. Phänomene einer ‚doppelten Subjektivierung‘ (Kleemann/Matuschek/Voß 2002) von Arbeit, nach der die Beschäftigten zunehmend ihre eigenen Eigenschaften und Fähigkeiten in ihre Erwerbsarbeit einbringen wollen und umgekehrt Arbeitsorganisationen vermehrt auf subjektive Potentiale der Beschäftigten zugreifen.

Damit, so eine zentrale These, wird die idealtypische Anerkennungsform ‚Liebe‘ zunehmend auch in der Erwerbssphäre relevant. Diese Beobachtungen betreffen potentiell besonders heterosexuelle Doppelkarriere- Paare, in denen beide Partner eine eigenständige Berufslaufbahn verfolgen, eine hohe Berufsorientierung aufweisen und sich gemäß einem egalitären Idealbild als Gleiche gegenüberstehen (vgl. Solga/Wimbauer 2005). Gerade in diesen Paaren wird offen, wofür sich die Partner wechselseitig anerkennen, in welchem Verhältnis Liebe und Leistung in der Erwerbsarbeit stehen und welche geschlechtsspezifischen Ungleichheiten sich finden lassen.

Nachfolgend werden in Abschnitt 2 kurz anerkennungstheoretische Grundlagen skizziert, in Abschnitt 3 gesellschaftliche Veränderungen in den Bereichen Paarbeziehungen und Erwerbsarbeit thematisiert und schließlich die Frage des Beitrages dargelegt: Wie lässt sich das Verhältnis von Anerkennung qua Liebe und Erwerbsarbeit/Leistung angesichts dieser Veränderungen empirisch beschreiben und anerkennungstheoretisch erfassen? Hierzu werden im vierten Teil empirische Ergebnisse einer Untersuchung von Doppelkarriere-Paaren vorgestellt.

Zum einen wird deutlich, dass selbst in diesen egalitären Paaren geschlechtsspezifisch ungleiche Anerkennungschancen bestehen. Zum anderen werden drei ‚Tücken‘ der Anerkennung herausgearbeitet: Die generelle Risikostruktur von Anerkennung, (geschlechterdifferente) strukturelle und intersubjektive Barrieren oder Hürden für Anerkennung und schließlich eine ‚immanente Falle‘ der Anerkennung qua subjektivierter Arbeit. Im letzten Abschnitt wird ein theoretisches Fazit gezogen.