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Wolf Moon: Der Kuss des Werwolfs

Isabell Alberti

 

Verlag Plaisir d'Amour Verlag, 2011

ISBN 9783864950063 , 224 Seiten

Format PDF, ePUB, OL

Kopierschutz frei

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6,99 EUR


 

Prolog


Es war eine Nacht gewesen, in der man keinen Hund vor die Tür jagte, wie die Menschen sagten. Wind hatte an den Fensterläden gerüttelt, Schneeregen hatte sich auf die Erde ergossen. Dennoch hatte sich eine Gruppe Männer ausgerechnet diese Nacht ausgesucht, um gegen Shavick Castle zu ziehen. Das Licht ihrer Fackeln war von weitem zu sehen. Dalton, Rhodrys durch Bluteid an ihn gebundener Butler, hatte zwischen seinem Herrn und Eugene am Fenster gestanden, auf die Fackeln gestarrt und gezittert.

»Dalton, Shavick Castle ist in seiner über sechshundertjährigen Geschichte nie erobert worden. Den Versuch haben viele gemacht, alle sind gescheitert«, sagte Rhodry. Er schenkte seinem Butler kein Lächeln, aber seine Stimme klang freundlich. Soweit ein Werwolf Freundschaft für einen Menschen aus seiner Dienstfamilie empfinden konnte, empfand Rhodry sie für Dalton, und dass der alte Mann einem Nervenzusammenbruch nahe war, konnte jeder sehen.

»Wenn es Soldaten wären, würde ich mir keine Sorgen machen, Mylord«, bekannte Dalton mit zittriger Stimme, »das sind Jäger. So nah sind sie Euch noch nie gekommen, Sir, nicht in all der Zeit, die ich Euch diene, und auch nicht in Zeiten davor, soweit ich weiß. Es ist nun einmal so, dass ich besorgt bin und …« Besorgt schien angesichts des händeringenden Dalton weit untertrieben.

»Was von denen da draußen zu halten ist, sieht man schon daran, dass sie ausgerechnet in einer solchen Nacht kommen. Du brauchst keine Furcht haben, Dalton, eher sollten wir uns Sorgen um sie machen. Wir sollten sie hereinbitten, ihnen einen Platz am Feuer und Suppe anbieten, sonst holen sie sich den Tod, und am Ende heißt es wieder, auf Shavick Castle gehe Unheimliches um.«

Eugene lachte pflichtschuldig. Werwolfjäger, die derart offen vorgingen, waren nicht erfolgreich, wahrscheinlich würden sie nicht lange genug leben, um es zu merken. Aber gerade ihre tölpelhafte Art stimmte ihn nachdenklich. »Wir sollten vorsichtig sein.«

»Oh, ja, ja, Mylords. Auf keinen Fall hereinbitten.« Daltons Zittern wurde heftiger.

»Alle Fenster und Türen sind fest verriegelt. Und mit Rücksicht auf deinen Gemütszustand werde ich mich heute Nacht aller Gastfreundschaft enthalten. Zufrieden?«

»Amelia ist da draußen.«

Die Worte purzelten von Daltons Lippen, als hätten sie sich nur aus Versehen dorthin verirrt. Die Wirkung war dafür umso verheerender. Alles Amüsement wich aus Rhodrys Miene, er wurde womöglich noch bleicher als gewöhnlich, als er seinen Butler bei den Schultern packte. Sein Griff war so fest, dass Dalton aufstöhnte und sich nicht länger auf den Füßen halten konnte. Rhodry merkte, dass seine Kräfte zu viel waren für den alten Mann, und lockerte seine Umklammerung.

»Warum sagst du das erst jetzt?«

»Ich … ich habe es die ganze Zeit versucht. Sie … sie ist ins Dorf gegangen, um der kranken Mrs. Inly frisches Brot, eingelegtes Gemüse und einen Topf Hühnerbrühe zu bringen.«

»Bei diesem Wetter wird sie dort bleiben«, mischte sich Eugene ein.

Dalton zog aus seiner Fracktasche ein blütenweißes Taschentuch und betupfte sich die Stirn. »Sie hat gesagt, sie kommt auf jeden Fall zurück, damit ich nicht mit der Arbeit allein bin. Sie ist ein gutes Mädchen. Wenn sie etwas sagt, macht sie es auch.«

Er und Eugene sahen sich an und dachten beide das Gleiche: Was, wenn Amelia in die Hände der Jäger gefallen war? Sie würden erst alles aus ihr herauspressen, was sie über Shavick Castle wusste, und sie anschließend töten. Das durfte nicht geschehen, nicht um ihrer selbst willen, nicht um Daltons willen.

»Wir werden sie retten! Sofort!«

Rhodry wartete das Ende seiner Worte nicht ab. Mit einem einzigen Satz stand er in der großen Halle. Eugene folgte ihm. Sie machten sich nicht die Mühe, Umhänge und Handschuhe überzuziehen oder die Tür zu öffnen. Die Erregung der bevorstehenden Jagd, die Sorge um Amelia löste die Verwandlung aus. Zwei Wölfe setzten knurrend durch ein Fenster neben der Tür. Glas klirrte. Dalton schloss den Fensterladen und fegte die Scherben hinter ihnen zusammen.

Auf dem Pfad vom Dorf herauf schwankten Lichter heran: berittene Männer. Die Werwölfe rochen sie deutlich, Schweiß, Leder, der schwere Geruch der Pferde und die Angst der Männer. Sie verständigen sich mit einem Blick, umrundeten die Gruppe der Jäger lautlos, der eine rechts, der andere links. Drei weitere Mitglieder des Clans, ebenfalls in Wolfsgestalt, schlossen sich ihnen an. Amelias zierliche Gestalt entdeckten sie nicht unter den Menschen.

»Da stimmt was nicht«, wisperte Eugene knurrend. »Ich rieche …«

Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da waren sie über ihnen: fremde Werwölfe, mehr als drei Dutzend. Sie erkannten das Krakauer Rudel. Eine Falle. Eugene stieß ein Heulen aus, brüllte seine Wut und seinen Ärger hinaus. Ihm antwortete ein langgezogenes Knurren. Rhodry stürzte sich stumm in den Kampf. Eugene folgte. Das Schicksal der Jäger kümmerte ihn nicht weiter, es galt die nackte Existenz verteidigen.

Die Krakauer waren deutlich in der Überzahl und immer noch fluteten mehr den Weg hinauf.

»Bringt euch in Sicherheit!«, schrie Rhodry auf Gälisch in der Hoffnung, dass ihn die Feinde nicht verstanden.

Eugene fand sich in einer Umklammerung mit einem der Krakauer Werwölfe, ein großes Männchen mit zottigem Haar, die Zähne nur zentimeterweit von seiner Nase entfernt. Beide bemühten sich, dem anderen an die Kehle zu gehen. Eugene hatte die Zähne gebleckt und sich in die Schulter des Feindes verbissen, als er Rhodrys Ruf vernahm. Drei weitere Gegner tauchten vor ihm auf.

Er versuchte, die anderen Wölfe des Schottlandclans auszumachen und gleichzeitig seinen Gegner von sich abzuschütteln. Als er sich einen Moment Luft verschafft hatte, setzte er sich mit weiten Sprüngen ab. Aus den Augenwinkeln sah er die Wölfe des Schottlandclans das Gleiche tun, Rhodry entdeckte er nicht. Er wurde verfolgt, aber die Krakauer waren ihm in diesem Punkt unterlegen, sie kannten die Gegend nicht, und er schüttelte sie ab. Dann hörte er ihren verhassten Anführer etwas heulen.

Seine Verfolger ließen von ihm ab. Im Schutz eines Hügels kauerte er sich nieder. Er war nicht außer Atem, die Aufregung ließ ihn keuchen. Vorsichtig schob er sich nach oben und schaute über die Kuppe. Die Krakauer wimmelten alle auf einem Fleck wie eine Horde Ameisen. Einige hatten wieder ihre menschliche Gestalt angenommen, oder sie hatten sich nie verwandelt. In dem ganzen Durcheinander war es schwer, einzelne Wölfe auszumachen. Eugene schaute sich vorsichtig um und witterte. Niemand war in seiner Nähe, der Regen fiel unvermindert heftig.

Die Krakauer hoben etwas hoch. Voller Schrecken erkannte Eugene seinen Freund. Sein erster Impuls war aufzuspringen und sich auf den Feind zu stürzen, um den geliebten Menschen zu befreien. Er zitterte und nur mit großer Willensanstrengung gelang es ihm, weiter im Gras zu kauern. Rhodry hatte ihn nicht zu seinem Stellvertreter gemacht, damit er sich wie ein kopfloser Jungwolf benahm.

Der knurrte und schnappte nach seinen Peinigern. Zu viert hielten sie ihn. Ein Fünfter warf ihm eine Schlinge über den Kopf, eine zweite über die Schnauze. Er zog beide zu. Rhodrys Bewegungen erlahmten. Sie hatten ihn überwältigt, die Bastarde. Ein langgezogenes Heulen der Qual konnte Eugene mit Mühe zurückhalten. Rhodry kämpfte noch, obwohl er nicht mehr tun konnte, als mit den Ohren zu zucken und mit dem Schwanz zu schlagen.

Jemand schlug mit einer Peitsche auf ihn ein. Die Schnur leuchtete kurz silbern auf, gleich darauf entfuhr dem Gefangenen ein gequältes Knurren. Eugene roch verbranntes Fleisch und Fell bis zu seinem Versteck. Die Bastarde mussten Silbernägel in die Peitschenschnur eingearbeitet haben. Silber war das Einzige, was einem Werwolf zusetzte, ihn tötete. Bereits die leichteste Berührung verbrannte ihn.

Was hatten sie vor? Wenn sie Rhodry töten wollten, warum holten sie nicht die Jäger, damit die den Rest erledigten? Die Fackeln auf dem Weg waren zum Stillstand gekommen, entfernten sich sogar von Shavick Castle. Was zur Hölle hatte das zu bedeuten?

Eugene schob sich über die Kuppe, kroch wie eine Schlange den Hügel hinunter und duckte sich schließlich hinter einem Stein. Er musste sehen, was sie taten.

Die Krakauer trugen Rhodry zur Ruine eines Brochs, einer vorzeitlichen Festungsanlage. Eugene schlich hinterher, er kam ihnen dabei näher. Sie mussten ihn riechen, aber sie kümmerten sich nicht um ihn. An den verkrümmten Körpern dreier Werwölfe des Schottlandclans kam er vorbei. Im Tode hatten sie sich in Menschen zurück verwandelt. Er gönnte ihnen keinen Blick.

Einer Spinne gleich...