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Vergaberecht in der Unternehmenspraxis - Erfolgreich um öffentliche Aufträge bewerben

Beatrice Fabry, Frank Meininger, Karsten Kayser

 

Verlag Gabler Verlag, 2007

ISBN 9783834992444 , 202 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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42,99 EUR


 

2. Grundlagen des Vergaberechts (S. 17-18)

2.1 Rechtsgrundlagen

2.1.1 Grundlagen des europäischen Vergaberechts


Die Liberalisierung des öffentlichen Auftragswesens gehört zu den zentralen Zielen der Europäischen Union bei der Herstellung eines europäischen Binnenmarkts. Die Harmonisierung des öffentlichen Auftragswesens erfolgt durch Richtlinien der Europäischen Union über die Vergabe öffentlicher Aufträge sowie deren rechtliche Überprüfung im Falle von Verstößen. Bereits 1971 wurde hierzu die Richtlinie 71/305/EWG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge erlassen. Es folgten die Richtlinie 77/62/EWG über die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge, die Richtlinie 90/351/EWG über die Vergabe von Aufträgen durch Sektorenauftraggeber sowie die Richtlinie 92/50/EWG über die Vergabe von Dienstleistungen. Hinzu kommen die Rechtsmittelrichtlinien 89/665/EWG (für "klassische" öffentliche Auftraggeber) sowie 92/13/EWG (für Sektorenauftraggeber).

2004 erfolgte die bislang letzte Neuregelung der Vergaberichtlinien mit dem Ziel einer Vereinfachung und Modernisierung des Vergaberechts, wobei insbesondere die Einführung des wettbewerblichen Dialogs für komplexe Vergaben sowie Möglichkeiten zur besseren Nutzung der elektronischen Medien neu geschaffen wurden. Die Vorschriften für die Vergabe von Bauleistungen, Lieferleistungen und Dienstleistungen wurden in der Richtlinie 2004/18/EG erstmals in einer einzigen Richtlinie zusammengefasst. Darüber hinaus wurde die Richtlinie 2004/17/EG für die Vergabe von Sektorenaufträgen erlassen.

Kennzeichen der europäischen Vergaberichtlinien ist, dass sie nur dann Anwendung finden, wenn das geschätzte Volumen des zu vergebenden Auftrags einen von der Europäischen Union bestimmten "Schwellenwert" überschreitet. Grund hierfür ist die Annahme, dass nur Aufträge, die ein bestimmtes Volumen überschreiten, ein grenzüberschreitendes Interesse erwecken können und somit Relevanz für den europäischen Binnenmarkt besitzen. Die Rechtsmittelrichtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG enthalten Vorgaben zur Errichtung eines vergaberechtlichen Rechtsschutzsystems. Die Europäische Union beabsichtigt, im Anschluss an die Neugestaltung der materiellen Vergaberichtlinien im Jahr 2004 nunmehr auch den Erlass einer neuen Rechtsmittelrichtlinie. Die Europäische Kommission hat am 4. Mai 2006 den Entwurf zur Änderung der beiden Rechtsmittelrichtlinien vorgelegt. Das in Deutschland eingeführte Verfahren zur Wahrung der Rechtsschutzmöglichkeiten – die Bieterinformation nach § 13 VgV – wird durch diesen Entwurf bestätigt.

Wesentliche Änderungen am bestehenden vergaberechtlichen Rechtsschutz in Deutschland sind daher durch eine neue Rechtsmittelrichtlinie nicht zu erwarten. 2.1.2 Grundlagen und Zweiteilung des deutschen Vergaberechts Die traditionelle Verankerung des deutschen Vergaberechts im Haushaltsrecht führte bereits 1926 zur ersten Verdingungsordnung für Bauleistungen – heute bezeichnet als Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – (VOB) sowie im Jahre 1936 zu der Verdingungsordnung für Leistungen – ausgenommen Bauleistungen – (VOL). Heute regeln insbesondere § 30 HGrG und § 55 BHO sowie die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften die haushaltsrechtliche Verpflichtung der öffentlichen Hand zur Durchführung von Vergabeverfahren für die Beschaffung öffentlicher Leistungen.

Diese haushaltsrechtlichen Vorschriften beschränken sich grundsätzlich darauf, einheitliche Grundsätze für die Vergabe öffentlicher Aufträge zu verlangen. Regelmäßig wird hierzu auf die Verdingungsordnungen VOB/A und VOL/A verwiesen. Bei den Verdingungsordnungen handelt es sich um privatrechtliche, von den Verdingungsausschüssen erarbeitete Vereinbarungen. Erst durch die Bezugnahme in Bundes- oder Landesgesetzen erlangen VOB/A und VOL/A die Qualität von Rechtsnormen, die von öffentlichen Auftraggebern zu beachten sind und Unternehmen teilweise subjektive Rechte zuerkennen. Die Umsetzung der europäischen Vergaberichtlinien in nationales Recht – auch als "Kartellvergaberecht" bezeichnet – führt zu einer Zweiteilung des deutschen Vergaberechts. Neben den rein nationalen Vorschriften für die Vergabe von Leistungen unterhalb der Schwellenwerte bestehen Vergabevorschriften, die ausschließlich bei Durchführung europaweiter Vergabeverfahren oberhalb der Schwellenwerte zu beachten sind.