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Produktionsaufbau in Russland: Konzepte und Strategien für eine effiziente Beschaffung - Am Beispiel der Automobilzuliefererindustrie
Artur Ulrich
Verlag Diplomica Verlag GmbH, 2010
ISBN 9783836648196 , 128 Seiten
Format PDF
Kopierschutz frei
Textprobe: Kapitel 2.1.3, Mögliche Motive des Russland-Engagements der deutschen Automobilzulieferer: Als Erstes soll an dieser Stelle erwähnt werden, dass rein kostengetriebene Auslandsengagements, wie Analysen zeigen, sich häufiger als nicht erfolgreich erweisen, als solche, die sich an Marktentwicklungen orientieren. In diesem Zusammenhang ist festzustellen: wenn eine Produktionsstätte in Russland aufgebaut wird, so geschieht dies in erster Linie wegen der Kundenorientierung. Das Hauptmotiv des Russland-Engagements ist somit die räumliche Nähe zu den Kunden, um beispielsweise Just-in-time- bzw. Just-in-sequence-Anforderungen der OEMs erfüllen zu können. Sehr hohes Wachstum der Automobilbranche in Russland, die unzureichende Qualität von Kfz-Komponenten der einheimischen Produzenten sowie die Vorgabe der russischen Regierung, die eine 30-prozentige lokale Wertschöpfung bei Investitionsprojekten der Automobilhersteller festschreibt, spielen dabei eine enorm wichtige Rolle. Erst nach der Marktorientierung kommt die Kostenorientierung in Betracht. Dabei sind die Lohnkosten eher von untergeordneter Bedeutung, da sie oft einen verhältnismäßig geringen Anteil der gesamten Produktionskosten ausmachen. Bei vollautomatisierten Prozessen und sehr teuren Produktionsanlagen sind Maschinenstundensätze, Material- oder Energiekosten häufig viel gewichtiger. Außerdem ist Russland kein Niedriglohnland mehr. In der Regel ist eine Produktion in Russland nur sinnvoll, um den russischen Markt lokal abzudecken. So ergibt auch die in Mai 2009 von dem Wirtschaftsmagazin WirtschaftsWoche und der Strategieberatung Simon-Kucher & Partners durchgeführte Studie, bei der mehr als 1.600 Russland-Investoren aus dem deutschen Mittelstand befragt wurden, dass nicht die möglichen Kostenersparnisse, sondern fast ausschließlich sehr große Marktpotentiale und die Nähe zu den Kunden die Beweggründe der deutschen Mittelständler waren, einen Markteintritt in Russland zu wagen (vgl. Abbildung 8). Die Möglichkeit des lokalen Sourcing in Russland verschafft daneben umfassende Kostenvorteile und trägt wiederum dazu bei, die lokale Wertschöpfungsquote erfüllen zu können. Die im Rahmen der Gesamtinvestition erzielbare Senkung der Transportkosten sowie Erhalt von steuerlichen Vorteilen, insbesondere bei der Besteuerung von unternehmerischen Gewinnen, sollten an dieser Stelle ebenfalls erwähnt werden.