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Das Orwell-Haus

Bernd Niquet

 

Verlag Allitera Verlag, 2002

ISBN 9783935877671 , 123 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz DRM

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9,40 EUR

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(S. 87-88)

15  Der Zug an die Küste ging recht bald nach Weihnachten und bereits um 7:29 Uhr in der Frühe. Die Fahrt würde gut zwei Stunden dauern, und anschließend ergäbe sich für Jürgen Rhumsfeld eine Wartezeit von exakt siebzehn Minuten bis zur Abfahrt desjenigen Zuges, der ihn schließlich am späten Vormittag an sein geplantes Ziel bringen würde. Das Wetter war zumeist bewölkt und regnerisch, doch eine Viertelstunde bevor der Zug das Meer erreicht hatte, riss die Wolkenfront plötzlich auf und tauchte alles in ein glänzendes Sonnenlicht.

Und hätte Jürgen Rhumsfeld sich etwas wünschen können, dann hätte er sich gewünscht, dass diese neue Stufe seiner Mission eine ganz ähnliche Dramaturgie aufweisen würde. Im Zug hatte Rhumsfeld lange Zeit gelesen, doch je näher er seinem Ziel kam, umso schwerer fi el es ihm, sich weiterhin auf seine Lektüre zu konzentrieren.

War es tatsächlich richtig, was er hier machte? Erste Zweifel überkamen ihn. Sollte er vielleicht zur Zerstreuung einmal nach vorne zum Speisewagen gehen und ein Bier trinken? Nein, es hatte schon alles seine Richtigkeit, ganz wie der Lateiner sagte: Rerum cognoscere causas. Und selbst wenn diese neue Stufe seiner Mission nicht zünden und sein Ausfl ug sich als ein völliger Reinfall erweisen sollte, dann hätte ihn die ganze Geschichte maximal ein oder zwei Urlaubstage gekostet. Und das sollte man schon bereit sein zu investieren, wenn man sich derartige Ziele gesetzt hatte, wie das bei ihm, Jürgen Rhumsfeld, der Fall war.

Endlich war der Zug angekommen. Wie stark es hier doch bereits nach Meer roch, dachte Jürgen Rhumsfeld, als er aus dem Zug gestiegen war und das Bahnhofsgebäude verlassen hatte. Dabei handelte es sich hier doch nur um die im Vergleich zur Nordsee viel zahmere Ostsee. Doch bei keinem seiner früheren Besuche an der Nordsee, so vermeinte er sich zu erinnern, hatte er bereits am Bahnhof einen derart intensiven Meeresgeruch wahrgenommen. Vielleicht allerdings hatte sich auch nur sein Wahrnehmungsvermögen in der letzten Zeit deutlich geschärft. Jürgen Rhumsfeld war überhaupt ein Riechmensch. Schon als Kind hatte er eine sehr gute Nase gehabt, doch im Laufe der Jahre hatte sich diese Fähigkeit, wie es schien, nur noch stärker herausgebildet. Dabei verband Jürgen Rhumsfeld mit diesem Charakteristikum eher negative als positive Eindrücke. Natürlich konnte er besser als die meisten Menschen gute von schlechten Weinen unterscheiden, doch andererseits war er damit auch dem Geruchsterror vieler Leute wesentlich wehrloser ausgeliefert.

Rhumsfeld hatte nämlich durchaus den Eindruck, dass die meisten Menschen im Zuge des steigenden Konsums von Industrieprodukten den Geruchssinn beinahe vollkommen verloren haben mussten. Bestes Beispiel war für ihn sein Wohnungsnachbar Andreas Tratter, der stets so stark nach Parfüm und Rasierwasser roch, dass Rhumsfeld es noch Stunden später im Treppenhaus riechen konnte.