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Zwanghafte Persönlichkeitsstörung und Zwangserkrankungen - Therapie und Selbsthilfe

Nicolas Hoffmann, Birgit Hofmann

 

Verlag Springer-Verlag, 2010

ISBN 9783642025143 , 156 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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24,27 EUR


 

"2 Die Zwangskranken (S. 56-57)

Sie gehen umher, entwürdigt durch die Müh, sinnlosen Dingen ohne Mut zu dienen, und ihre Kleider werden welk an ihnen, und ihre schönen Hände altern früh.
Rainer Maria Rilke

Bei der Beschreibung der zwanghaften Persönlichkeit haben wir Menschen kennengelernt, denen eine gewisse Lebensphilosophie gemeinsam ist. Diese Philosophie ist keineswegs von vornherein als unsinnig oder ungesund zu bezeichnen. Nur in ihren Auswüchsen kann die Grenze zum Krankhaften überschritten werden. Wir sprechen dann von einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung. Bei den Zwangserkrankungen haben wir es dagegen mit seelischen Störungen zu tun, die mehr oder weniger gravierend sein können, die jedoch keinesfalls als bloß übersteigerte Varianten einer an sich brauchbaren Art zu leben zu sehen sind. Wir haben es vielmehr mit Menschen zu tun, deren Verhältnis zu sich selbst und zur Welt deutlich gestört ist.

Eben deshalb bezeichnen wir sie dem heutigen Verständnis entsprechend als psychisch krank. Andererseits sind ihre seelische Verfassung und ihre Art zu leben nicht so beeinträchtigt, dass sie überhaupt nicht mehr in der Lage wären, sich angemessen zu verhalten. Sie sind oft fähig, ihren Beruf auszuüben oder befriedigende Beziehungen zu anderen einzugehen. Ihre Erkrankung ist daher nicht dem Bereich der Psychosen zuzuordnen. All diesen Zuständen ist das Erlebnis des Zwangs gemeinsam. Was ist darunter zu verstehen?

Vom Zwang beherrscht.

Selbst Menschen mit einer zwanghaften Persönlichkeit, denen wir in vielen Fällen doch aus unserer Sicht recht extreme Einstellungen und Verhaltensweisen attestieren, leben so im Einklang mit ihnen, dass sie sie als voll und ganz zur eigenen Person gehörig erleben.

Umso mehr sind wir in unserem täglichen Leben meist im Einklang mit uns selbst. Auf dem Hintergrund unserer persönlichen Geschichte und unter dem Einfluss der Situation, in der wir stecken, leben wir unser Leben. Die Gedanken, die uns durch den Kopf gehen, die Gefühle, die wir verspüren, und erst recht das, was wir tun, erleben wir als unsere bzw. unseres, und wir stehen dazu. Wir können unter äußerem Druck auch einmal etwas tun, was wir nicht wollen, oder wir mögen im Nachhinein feststellen, dass wir uns an der einen oder anderen Stelle geirrt haben. Doch in der Regel ist unser Leben »ganzheitlich«: Wir sind so, wie wir sind. Ganz anders ist das Erleben von Zwangskranken. Hier einige typische Äußerungen:

»Ich habe manchmal ein ganz merkwürdiges und beängstigendes Gefühl, wenn ich von einem Stuhl aufgestanden bin, so als könne ein Stück von mir darauf zurückgeblieben sein.«
»Der Gedanke, ich könnte mich im Gerichtssaal, mitten in meinem Plädoyer, plötzlich ausziehen, verfolgt mich Tag und Nacht. Ich weiß, dass es Quatsch ist, aber ich werde diese entsetzliche Vorstellung nicht los.«
»Ich sehe jeden Abend, dass der Gasherd aus ist, aber ich kann nicht aufhören, an den Schaltern herumzudrehen, immer und immer wieder.« »Jedes Mal, wenn ich Luft ausatme, quält mich der Gedanke, ich könnte damit Menschen um mich herum vergiften.« »Immer wenn ich auf die Straße gehe, habe ich das Gefühl, dass Hundekot mich richtig anspringt. Ich muss mich dann stundenlang waschen.«"