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Max Webers unwiderlegbare Fehlkonstruktionen - Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus

Heinz Steinert

 

Verlag Campus Verlag, 2010

ISBN 9783593409764 , 332 Seiten

Format PDF, OL

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Hundert Jahre empirische Forschung: Widerlegungen und Fortführungen (S. 235-236)

»Große Erzählungen« muss man in erster Linie historisieren und reflexiv interpretieren. Aber das schließt nicht aus, dass die zugehörigen Untersuchungen handwerklich solid gearbeitet sein sollten und dass man verlangen kann, sich auf die behaupteten Fakten, die erwähnt werden, verlassen zu können. Das gilt auch für die »Weber-These« – die schließlich mit dem Anspruch vorgetragen wurde, eine historische Wirklichkeit nachzuzeichnen, und die auch heute noch so gelesen wird.

Es wurde und wird daher immer wieder versucht, empirische Materialien beizubringen, die sie stützen oder widerlegen – das meiste davon mit dem Ergebnis, dass sie eher nicht stimmt. Zusätzliche Empirie wäre schon deshalb nötig, weil die von Weber selbst vorgelegte dürftig bis irreführend ist. Nur ist solche Umsetzung einer »These « in Beobachtbares nicht so einfach. Das negative, aber genauso das positive Ergebnis einer Untersuchung kann immer daran liegen, dass die »Operationalisierung « unangemessen ist.

So wurde und wird zum Beispiel, in Umsetzung der populären Form der »These« und zumindest ermutigt vom ersten Kapitel der »Protestantischen Ethik«, gern untersucht, ob tatsächlich Protestanten anders arbeiten und leben als Katholiken oder etwa Leute, die einen Shinto-Schrein besuchen. Letztere waren besonders interessant in den 1980ern, als in Japan die kapitalistische Wirtschaft zu blühen schien und Manager wie Industriesoziologen nach Japan pilgerten, um dort die Vorteile der lean production, also eine erste Blüte der neoliberalen Produktionsweise zu studieren.

Seit die Blase in Japan schon in den 1990ern platzte, überzeugen und interessieren uns die »konfuzianischen Werte« deutlich weniger, die für fleißige, dem Betrieb ergebene, genügsame Arbeitskräfte verantwortlich sein sollten und auf die das »fernöstliche Wirtschaftswunder« gern zurückgeführt wurde. Es lässt sich leicht zeigen, dass solche Untersuchungen mit den Annahmen, die sich im Text der »Protestantischen Ethik« tatsächlich finden, nichts zu tun haben. Dort wird nämlich, wie erinnerlich, die These, der »Geist des Kapitalismus« sei als unbeabsichtigte Nebenfolge aus dem »asketischen Protestantismus « entstanden, streng auf das 17., vielleicht noch 18. Jahrhundert eingegrenzt, danach sei der moderne Kapitalismus selbsttragend geworden und brauche keine religiöse Unterstützung mehr.

Diese Art von heutiger Empirie sagt also nichts über die Triftigkeit dessen, was Max Weber seinerzeit geschrieben hat, sondern nur etwas über eine grobe Verallgemeinerung, die aus Webers späterer Annahme eines spezifisch »okzidentalen Rationalismus « eine generelle »Überlegenheit der westlichen Werte« herausgelesen hat. Große Unruhe daher, wenn in Regionen mit nicht so »westlichen Werten« wie Japan, Korea und neuerdings sogar in einem kommunistischen China erfolgreich kapitalistisch gewirtschaftet wird.