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Verführung in Florenz

India Grey

 

Verlag CORA Verlag, 2008

ISBN 9783863499549 , 192 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz DRM

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1,99 EUR

  • Handbuch der Internen Revision - Ein praxisorientierter Leitfaden am Beispiel eines Industrieversicherers
    Personalmanagement für Agenturen und Makler in der Versicherungswirtschaft
    Moderne IT-Systeme als Wettbewerbsfaktor für Versicherungsunternehmen
    Grundbegriffe der Unfallmedizin - Lehrgang für Sachbearbeiter in der Privaten Unfallversicherung
    Der Versicherungsvertreter - Status - Rechte - Pflichten im aktuellen Recht
    Das Neue VVG kompakt - Ein Handbuch für die Rechtspraxis
    100 Fragen zur betrieblichen Versorgung des GGF/GF und seiner Angehörigen - Mit sozialversicherungsrechtlicher Beurteilung
    Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen (AUB 2008) - Motive und Erläuterungen
  • Interne Modelle nach Solvency II - Schritt für Schritt zum internen Modell in der Schadenversicherung
    Produktmanagement in Versicherungsunternehmen
    Verständliche Gestaltung Allgemeiner Versicherungsbedingungen am Beispiel der AKB
    Ärzte zwischen Heilauftrag und Kostendruck - Haftungsfragen bei Unterlassung ärztlicher Behandlungen aufgrund Wirtschaftlichkeitserwägungen
    Klassische und moderne Formen der Rückversicherung
    Kommentar zur Bauleistungsversicherung (ABN/ABU 2008)

     

     

     

 

 

1. KAPITEL

„Das schaffe ich nie“, hauchte Eve kaum hörbar.

Angst schnürte ihr wie eine eisige Hand die Kehle zu, kalte Schauer liefen ihr über den Rücken. Vielleicht hätte sie die Flucht ergriffen, doch vor Panik konnte sie sich nicht bewegen. Allerdings wäre sie in den beinahe kniehohen Stiefeln mit Stiletto-Absätzen ohnedies nicht weit gekommen.

Auf der anderen Seite des Vorhangs konnte sie Stimmen hören. Im Ballsaal des großartigsten Palazzos von Florenz hatten sich die fünfhundert Reichsten und Schönsten der Welt versammelt, um dem Mann zu huldigen, der bereits seit einem halben Jahrhundert die Creme der Gesellschaft einkleidete. Nur die wichtigsten Kunden von Antonio Di Lazaro waren zu dieser Werkschau anlässlich der Fünfzigjahrfeier eingeladen. Jene Berühmtheiten, die nicht im funkelnden Ballsaal auf den Beginn der Show warteten, hielten sich hinter dem Vorhang auf, um einige unvergessliche Modelle des legendären Lazaro – Labels vorzuführen.

Supermodel Sienna Swift, derzeit liebstes Kind der internationalen Modeszene, blickte kurz von der Zeitschrift auf, in der sie blätterte, und schenkte Eve jenes strahlende Lächeln, für das sie berühmt war. „Aber natürlich schaffst du das“, versicherte sie. „Der erste Schritt ist der schwierigste, danach wirst du dich so sicher bewegen wie ein Fisch im Wasser.“

„Aber ich bin doch kein Model, sondern … Journalistin“, behauptete Eve. Beinahe wäre sie über die Lüge gestolpert. „Ursprünglich hätte meine Freundin Lou den Artikel schreiben sollen, und sie hätte das fantastisch erledigt. Aber ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so etwas gemacht. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was man als Model tun muss.“

„Ach, Kleines“, meinte Sienna und blätterte weiter, „du hast die richtigen Beine für den Job und außerdem oben herum mehr als wir anderen. Was musst du da schon groß können? Es geht hier nicht um Atomphysik.“ Nach einem kritischen Blick auf das Foto einer ihrer schärfsten Konkurrentinnen fügte sie hinzu: „Schließlich dreht sich doch alles um Sex, wenn du mich fragst.“

„Um Sex?“, seufzte Eve entmutigt. „Wieso denn Sex? Wo ich herkomme, stellt man Sex nicht vor fünfhundert Gästen und den Fotografen der weltweit wichtigsten Zeitschriften zur Schau.“ Dass sie sowieso ganz und gar unerfahren war und nicht die geringste Ahnung von Sex hatte, das behielt sie lieber für sich.

Seufzend legte Sienna das Magazin aus der Hand. „Na schön, uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Bringen wir es also rasch hinter uns. Du musst dir nur jemanden aussuchen, auf den du dich konzentrierst. Du gehst über den Laufsteg, richtest dabei den Blick auf einen Typen und vergisst alles andere. Pass mal auf!“

Das Model trat einige Schritte zurück, schob das Becken vor und legte die Hände an die Hüften. Dann sah sie sich nach einem geeigneten Kandidaten um und entschied sich für den Sänger der derzeit angesagtesten italienischen Boygroup, der soeben von der Bühne kam.

„Du gehst auf ihn zu und lässt ihn dabei keinen Moment aus den Augen“, sagte Sienna mit sinnlicher Stimme und machte einen Schmollmund. „Keinen einzigen Moment! Es ist Begehren auf den ersten Blick. Du siehst ihn an, als wäre er der erotischste Mann, den es gibt, und als würdest du am liebsten direkt auf ihn zusteuern und dich vor seinen Augen ausziehen. Das ist alles“, versicherte sie, lächelte Eve augenzwinkernd zu und vertiefte sich wieder in ihre Zeitschrift – zur sichtlichen Enttäuschung des Sängers, der errötet war.

Eve zupfte unbehaglich an dem durchsichtigen Plastik-Minikleid und versuchte, es über den Po herunterzuziehen. Es wäre ihr viel leichter gefallen, Siennas Rat zu befolgen, hätte sie ihre Brille aufsetzen dürfen. Ohne Brille konnte sie nämlich nichts erkennen, was weiter als einen halben Meter von ihr entfernt war.

Geholfen hätte es ihr auch, wenn sie nicht ausgerechnet mit einer sündhaft teuren Plastikeinkaufstasche bekleidet gewesen wäre. Offenbar hatte sie bei der Verteilung der Kleider das Unglückslos gezogen, sodass man ihr eine der bizarren Lazaro – Kreationen aus seiner Avantgarde-Phase in den Sechzigern zugewiesen hatte. Strategisch verteilte fluoreszierende Blumen verhinderten zwar, dass das Kleid gegen die Gesetze von Anstand und Sitte verstieß, aber Eve fühlte sich trotzdem schrecklich entblößt.

Rings um sie herum nippten die schönsten Frauen der Welt an kleinen Mineralwasserflaschen und warfen mit Namen um sich, die eine echte Journalistin in Ekstase versetzt hätten. Zwischen diesen Models fühlte Eve sich alleingelassen, orientierungslos und ungefähr so rassig wie ein Lkw auf einer Ausstellung toller Sportwagen.

Sie gehörte einfach nicht hierher.

Verstört schloss sie die Augen und dachte sehnsüchtig an zu Hause und ihren unordentlichen Schreibtisch am Fenster von Professor Swansons Büro. Um diese Jahreszeit wurde der Ausblick auf das Collegegelände fast völlig von der Glyzinie vor dem Fenster verdeckt. Durch das duftende blaue Blütenmeer fiel nur gedämpftes Licht auf die Teebecher, die Arbeiten der Studenten und die handschriftlichen Notizen. All das erzeugte in dem staubigen Zimmer voller Bücherregale eine Atmosphäre, als befände man sich unter Wasser.

Dort war sie in ihrem Element. Sie war verrückt gewesen, auch nur einen Moment lang zu glauben, sie könne in die Welt ihrer Freundin Lou eintauchen – schüchterne, kurzsichtige Akademikerinnen taugten nun einmal nicht als Modejournalistinnen. Schon gar nicht, wenn es darum ging, Artikel über die exklusivsten Veranstaltungen des Jahres zu verfassen, deren Wirkung sogar die der Supermodels in den Schatten stellten. Nein, das schaffte sie niemals.

„Ich ziehe mich jetzt um“, murmelte Eve und versuchte, sich einen Weg durch das Gedränge an den Stufen zum Laufsteg zu bahnen.

Der Plan war gescheitert, bevor die Umsetzung überhaupt richtig begonnen hatte, und es war besser, sie gestand es sich jetzt ein. Lou war ein gewaltiges Risiko eingegangen, sich in letzter Minute krankzumelden und dadurch Eve den Artikel zuzuschanzen. Hätte eine von ihnen auch nur einen Moment lang nachgedacht, wäre ihnen klar geworden, wie irrsinnig die ganze Idee war. Eve musste zwar ihre Freundin Lou im Stich lassen, doch das war bei Weitem nicht das Schlimmste.

Das Schlimmste war, dass sie dadurch auch ihre Zwillingsschwester Ellie im Stich ließ. Raphael Di Lazaro würde ihr durch die Finger schlüpfen.

Ohne von der Seite mit dem Horoskop aufzublicken, packte Sienna sie am Arm und zog sie wieder zurück. „Keine Zeit mehr“, erklärte sie fröhlich. „Wir sind gleich dran. Schau mal, hier steht, dass Skorpione in finanziellen Angelegenheiten vorsichtig sein sollten. Heißt das, dass ich diese Tasche von Prada vielleicht doch nicht kaufen soll? Was meinst du?“

Eve konnte kaum antworten, so sehr klapperten ihre Zähne. „Kauf sie ruhig. Steht da auch, dass Wassermänner sich am Donnerstag lieber nicht nackt in der Öffentlichkeit zeigen, sondern stattdessen daheimbleiben und Schokolade essen sollten?“

Sienna lachte. „Mal sehen. Wassermann. ‚Merkur bestimmt am Donnerstag Ihre Wege und sorgt dafür, dass Ihr Liebesleben mit Pauken und Trompeten wieder zum Leben erweckt wird. Das Schicksal wartet schon an einem Ort, an dem Sie nie damit gerechnet hätten.‘ Ist doch großartig! Du solltest nach der Show unbedingt hierbleiben.“

Eve schüttelte den Kopf. Selbst wenn sie an Astrologie oder Schicksal geglaubt hätte – den Gedanken an Wiedergeburt lehnte sie strikt ab. Da ihr Liebesleben nicht schlief, konnte es auch nicht einfach geweckt werden. Es war tot und begraben, und daran war nichts zu ändern.

Sollte sie tatsächlich nach der Show noch bleiben, hätte das nichts mit Liebe oder Schicksal zu tun, sondern ausschließlich mit Rache.

Sie lächelte Sienna nervös zu. „Bei meinem Glück taucht der Mann meines Lebens ausgerechnet dann auf, wenn ich wie eine Porno-Barbie angezogen bin.“

Durch die riesigen Fenster des Palazzo Salarino sah man bereits den Abend dämmern, aber der große Ballsaal glitzerte im Licht der berühmten jahrhundertealten Kristalllüster. Auf zahllosen Reihen vergoldeter Stühle hatte die Prominenz der Modewelt Platz genommen, und die ganze Pracht wurde von den zahlreichen venezianischen Spiegeln reflektiert.

Eve zitterten die Beine, als sie hinter dem Vorhang hervortrat.

Sekundenlang wurde sie von unzähligen Blitzlichtern geblendet und konnte gar nichts sehen, und es kostete sie ihre gesamte Selbstbeherrschung, nicht die Hände schützend vors Gesicht zu schlagen. Der Laufsteg vor ihr wirkte, als wäre er mindestens einen Kilometer lang, und um sie herum erblickte sie ein Meer von Gesichtern.

Siennas Rat fiel ihr wieder ein. Konzentrier dich auf eine Person!

Verzweifelt sah sie sich in dem weitläufigen Saal um und war ausnahmsweise dankbar dafür, kurzsichtig zu sein. Dadurch erkannte sie wenigstens die berühmten Gesichter nicht und wurde nicht noch mehr eingeschüchtert.

Sie zögerte und spürte, wie ihr das Lächeln auf dem Gesicht gefror. Sollte sie überhaupt lächeln? Sie wusste es nicht mehr. Auf einmal kam ihr das Publikum wie eine gesichtslose Masse vor. Es war unmöglich, aus diesem flüsternden Gewoge eine einzelne Person auszuwählen. Voll Panik zwang Eve sich, immer weiterzugehen, obwohl sie nichts lieber getan hätte, als auf dem schwindelerregend hohen Absatz kehrtzumachen und wegzulaufen.

Da hinten, außerhalb des gleißenden...