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Mal was Richtiges - Das Männer-Kochbuch - 33 x ein Mann, ein Herd
Ulf Meyer zu Kueingdorf
Verlag Mosaik bei Goldmann, 2010
ISBN 9783641051808 , 137 Seiten
Format PDF, OL
Kopierschutz Wasserzeichen
"COMEBACK – Wiener SCHNITZEL (S. 47-48)
Wiener Schnitzel. Wiener Schnitzel. Sein Ruf ist dahin. Wir sehen geschwärzte Fritteusen vor uns, in die lieblos ein paniertes Etwas hineingeworfen wird. Keine Exklusivität mehr! Keine Eleganz! Ein geschmackloser Fleischlappen, ein Allerweltsname, den man überall antrifft, der sich überall anbietet und anbiedert. Mit dem man nichts mehr zu tun haben will.
Wie ein abgetakelter Schlagersänger, ein gewesener Star, der nur noch in Baumärkten, Kaufhäusern und auf drittklassigen Betriebsfeiern sein Publikum findet, so begegnet uns das Wiener Schnitzel in Raststätten oder Touristenfallen. Was für ein himmelschreiendes Unrecht! Geschändet, verflucht, verlacht! Holen wir es zurück von der Kinderspeisekarte, wo es im Pinocchiokostüm für unsere kleinen Gäste wie ein trauriger Clown nur halb gegessen auf dem Teller zerschnitten übrig bleibt. Befreien wir es von Jäger- und Zitronensaucen, von diesen deutschen Operetten, die nur noch in abgelegenen Kurorten unter dem Titel »Seniorenteller « zur Aufführung kommen. Das Schnitzel soll ein glanzvolles Comeback erleben, heraus aus der zweiten Garde, aus der Neben- oder Zweitbesetzung.
Denn es hat alle Qualitäten dazu: zartes Kalb- oder auch Schweinefleisch, umhüllt von einer knusprigen Panade aus frisch geriebener Weißbrotkrume, die den Saft des Fleisches bewahrt, lediglich beträufelt mit Zitronensaft, begleitet von frischem grünem Salat und herrlichen neuen Salzkartoffeln. Vielleicht noch unterstützt von Wildpreiselbeeren. In dieser klassischen Rolle kann das Schnitzel wieder glänzen, die große Bühne betreten und durch seine große Verwandlung überzeugen. Nur an wenigen ausgesuchten Orten kann man diese großartige Aufführung erleben.
Da ist das Schnitzel so übergroß, dass wir hoffen, dass unsere Frauen und die Kinder etwas übrig lassen, weil wir einfach nicht genug bekommen können: »Da capo, da capo, da capo«, schreien wir.
JÜRGEN TARRACH/KLAUS ORTNER aus »richtig fressen.
Rezepte zum Sattwerden«"